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Prince †Eine genialische Naturgewalt

Lesezeit 3 Minuten
Prince NEU 210416

Prince Rogers Nelson, bekannt als Prince, im Jahr 1985

  1. Der amerikanische Popmusiker Prince ist überraschend im Alter von 57 Jahren gestorben.
  2. Er starb am Donnerstag in seinem Anwesen in Minnesota.

Prince Rogers Nelson, der Sänger und Multiinstrumentalist den die Welt nur bei seinem königlichen Vornamen rief und der dann selbst diesen zugunsten eines Symbols ablegte, ist tot. Gestorben, wahrscheinlich an den Folgen einer verschleppten Grippe, im Alter von nur 57 Jahren.

Prince ist tot. Das könnte man jetzt noch zehnmal schreiben. Und es doch nicht begreifen. Am Mittwoch hatte der Sohn eines schwarzen Musikerpaares aus Minneapolis noch in Atlanta gleich zwei Konzerte hintereinander gespielt. Eine genialische, unberechenbare Naturgewalt.

Ein scheuer Mozart, der den lüsternen, polymorph perversen Funk-Macker gab, um mit dem weniger talentierten Rest der Welt ins Gespräch zu kommen. Der Rüschen und eine gerüttelte Portion Narzissmus ins Spiel der männlichen Verführung einführte. Und der, kaum dass er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewonnen hatte, die Popmusik noch einmal neu und besser erfand.

Bereits sein drittes Album, „Dirty Mind“ war ein Meisterwerk, eine explizite, unverfrorene Orgie von Funk, Hardrock und New Wave, der Bauplan für den Pop der 1980er Jahre. Als er damals im Vorprogramm der Rolling Stones auftrat, wurde er regelmäßig von Rockfans, die den Schuss noch nicht gehört hatten, mit Bierdosen und Essensresten beworfen. Vier Jahre und einen Michael-Jackson-Millionenerfolg später, beschloss Prince ein Superstar zu werden.

„Purple Rain“, eines der besten Alben aller Zeiten

Dass ihm das mit „Purple Rain“ gelang, konnte niemanden überraschen, der seine Karriere bis dahin verfolgt hatte. Aber wie er es anstellte, das war alles andere als vorhersehbar. „Purple Rain“, der Film, ist ein Produkt seiner Zeit, bunt, blusig, beinahe inkohärent. „Purple Rain“, der Soundtrack, ist eines der besten Alben aller Zeiten.

Nachdem Prince zuvor fast jedes Instrument auf seinen Alben selbst eingespielt hatte, so wie Stevie Wonder vor ihm, trat er hier zum ersten Mal als Bandleader auf. The Revolution hieß die Band und ihr Rock, Pop, R’n’B und Funk amalgamierender Groove inspirierte Prince zu revolutionären Höhenflügen. Zum Beispiel beim perfekten Titeltrack, einer geschluchzten Stadionhymne, die in ein markerschütterndes Gitarrensolo mündet. Das hatte Prince live bei einem seiner Konzerte mitgeschnitten, es war ihm einfach so, aus der Laune eines Abends heraus gelungen. Oder „When Doves Cry“, die erste Single, ein zickiger, bassloser Schlussmach-Song, der völlig kontraintuitiv mit einem von einem Drumcomputer punktierten Gitarrensolo und einem geloopten gutturalen „Yeah, yeah, yeah“ beginnt. Den hatte er dann doch wieder ganz allein aufgenommen.

Und wer außer ihm hätte aus diesem Jahrmarkt der Exzentrik den Sound des Jahrzehnts schmieden können? Und während sein einziger ernstzunehmender Konkurrent, Michael Jackson, nach seinem Megaerfolg mit „Thriller“ zunehmend verkrampfte, schlug Prince fröhlich weiter Haken. Huldigte auf „Around the World in a Day“ dem LSD-geschwängerten Psychedelic-Sound der Mittsechziger, flirtete auf „Parade“ mit alteuropäischer Dekadenz und veröffentlichte nebenbei mit dem minimalistischen „Kiss“ die unwiderstehlichste Single seiner Karriere.

Prince’ Geniephase endet mit dem Doppelalbum „Sign o’ the Times“ in einer Explosion von ungebändigter Kreativität. Aber es kündigten sich auch schon die späteren Probleme an: Prince hatte eigentlich ein Dreifach-Album geplant, die Plattenfirma untersagte so viel verschwenderische Großzügigkeit. Dass Prince sein nächstes, „Black Album“ genanntes Projekt wieder einstampfen ließ, nachdem schon eine halbe Million Exemplare gepresst worden waren, wollte man bei Warner Bros. nicht verstehen. Aber dem Mann aus Minneapolis erschienen nach einem religiösen Erweckungserlebnis seine allzu hüftbetonten Songs als Teufelszeug. Dabei waren sie nur teuflisch gut.

Tatsächlich folgten noch etliche, oft sehr gute Alben und vor allem etliche wunderbare, vielstündige Auftritte. Er war ein Verschwender, jemand der viel zu geben hatte und viel zu viel gab. Nur der Zeitgeist war über das kleine Genie hinweggezogen. Am Donnerstagmorgen wurde Prince Rogers Nelson in seinem Zuhause in Chanhassen im Bundesstaat Minnesota tot aufgefunden. Er konnte die Tauben weinen hören. Vielleicht spürt er jetzt die Tränen derjenigen, die er zurücklassen musste.