„Rache spielt für mich keine Rolle“Denzel Washington spricht über „The Equalizer 2“

Ein Mann mit einer Mission: die Schwachen vor den Bösen retten. Denzel Washington in „The Equalizer 2“
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- Denzel Washington über seinen neuen Film „The Equalizer 2“, gerechtfertigte Gewalt und die Freude, andere zu inspirieren.
Denzel Washington, es ist das erste Mal, dass Sie in einer Fortsetzung mitspielen.
Das liegt vielleicht auch daran, dass ich in vielen meiner Filme gestorben bin – da ist eine Fortsetzung nur schwer möglich. Der ausschlaggebende Grund, warum ich „The Equalizer 2“ gemacht habe, war das sehr gute Drehbuch. Dann natürlich auch, dass wieder mein guter Freund Antoine Fuqua Regie führte. Wir verstehen uns mittlerweile blind. Ich kann ihm voll und ganz vertrauen und er mir.
Wie haben Sie sich denn gefühlt, wieder in den Schuhen des Ex-CIA-Agenten Robert McCall zu stehen?
Im ersten Film mussten wir McCall ja erst einmal einführen und zeigen, wie er so tickt. Jetzt konnten wir ihn weiterentwickeln und auch seinen Charakter vertieft darstellen. Für mich ist das Herzstück des Films die Szene, in der McCall einem Nachbarjungen hilft, sich nicht von einer Gang vereinnahmen zu lassen und nicht kriminell zu werden. Das ist fast wie eine Vater-Sohn-Beziehung. McCall will ihn beschützen und ihm den richtigen Weg zeigen. Und ich weiß, wie wichtig das für Heranwachsende ist – immerhin habe ich vier Kinder.
Zur Person
Denzel Washington (63) gehört zu den erfolgreichsten Darstellern in Hollywood. Außerdem ist er der einzige afroamerikanische Schauspieler, der mit zwei Oscars ausgezeichnet wurde. Und zwar als Bester Nebendarsteller in „Glory“ (1989) und als Bester Hauptdarsteller in „Training Day“ (2002). Darauf angesprochen, sagt er: „Ich würde mich sehr freuen, wenn man diesen Unterschied gar nicht mehr machen würde. Ich bin ein Schauspieler mit zwei Oscars. Basta. Okay, ich bin Afroamerikaner und ich bin sehr stolz darauf. Aber das ist auch schon alles. Denn dass ich schwarz bin, ist eben mein genetisches Erbe, mehr nicht.“
„The Equalizer 2“ läuft derzeit in den deutschen Kinos.
„The Equalizer 2“ ist auch ein Film über Rache. Wie gehen Sie – als bekennender Christ – mit dem Konzept von Rache in Ihrem wirklichen Leben um?
Ich mache in Filmen viel, was ich im richtigen Leben nie machen würde. Ich muss niemanden umbringen, um einen Killer spielen zu können. Was mich bei jedem Film interessiert, ist die Aussage, die hinter dem Ganzen steckt. Und da ist die Botschaft für mich klar: Es ist Empathie. Die Fähigkeit mitzuempfinden und wenn möglich meinem Nächsten zu helfen. Das Konzept des Films ist ja, dass einer die Schwachen vor den Bösen beschützt. Rache spielt da für mich im Film wie im wirklich Leben keine Rolle.
Sie spielen den Beschützer, der die Ungerechtigkeiten in der Welt auszugleichen versucht, sehr effektiv. Will sagen: McCalls Humanismus fordert sehr viel Tote.
Aber es sind ja die Bösen, die getötet werden. Ich habe mich zur Vorbereitung auf diese Rolle sehr intensiv mit posttraumatischen Belastungsstörungen beschäftigt. Und mit Traumata, die Menschen durch brutale Gewalteinwirkung erlitten haben. Außerdem habe ich mich mit Kriegsveteranen getroffen. Und ich kann Ihnen sagen, dass manche Menschen das Talent haben zu töten, zu zerstören. Und zu beschützen. Das ist ihr Job. Und wie sie das machen, wollen wir doch gar nicht so genau wissen. Zu sagen, wir brauchen solche Leute nicht – das ist naiv. Und dumm. Die Menschheit ist von Anbeginn der Zeit aggressiv und gewalttätig. Warum? Ich habe keine Ahnung. Da müssen Sie schon Kain und Abel fragen. Wir bringen uns gegenseitig um, und ich fürchte, das wird auch immer so sein. Jedenfalls bin ich sehr froh darüber, dass es Menschen gibt, die dafür sorgen, dass wir uns in unseren Städten sicher fühlen können.
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Sie sind dafür bekannt, dass Sie Menschen in ganz konkreten schwierigen Lebenssituationen helfen.
Ja, zwar mache ich das auf eine andere Art als McCall, aber ich helfe gerne, wo ich kann. Über manches wurde gesprochen, über das meiste nicht. Aber das ist schon okay. Ich brauche diese öffentliche Anerkennung nicht. Niemand sollte diese Art von Anerkennung brauchen. Der einzige Grund, warum man das macht, ist helfen.
In einer Rede, die Sie vor Absolventen der Dillard Universität hielten, sagten Sie: Streben Sie nicht danach, einen Beruf auszuüben, streben Sie danach, die Welt zu verändern.
Daran glaube ich wirklich. Die Frage ist doch: Wem habe ich heute geholfen? Zu wem war ich heute gut? Es kommt nicht darauf an, wie viel Geld man verdient, wen man kritisiert oder sogar fertig gemacht hat. Und helfen kann man täglich, auch im Kleinen. Ein Lächeln hier, ein gutes Wort da. Oder jemandem eine Freude machen, ihn zu etwas inspirieren. Was ich an meinen Mitmenschen am meisten schätze, ist Liebe, Geduld, Einsicht. Und ab und zu ist es auch gut, wenn Menschen für ihre Visionen und starken Meinungen einstehen.
Zur Vorbereitung auf das Interview fand ich folgendes Zitat von Ihnen: Amerika muss sich hinter Präsident Trump stellen.
Wer soll das gesagt haben? Ich? Wo haben Sie das gefunden? Im Internet? Ende der Antwort! Nur damit das klar ist: Ich habe das nie gesagt. Wir sind jetzt im Informationszeitalter. Und die Lehre, die ich daraus gezogen habe, ist, nie etwas Falsches zu dementieren, was über mich verbreitet wurde.
Glauben Sie, dass Filme einen Einfluss auf das Leben haben können?
Auf jeden Fall. Als ich Kind war, habe ich „Shaft“ im Kino gesehen und das war ein tolles Erlebnis. Nie zuvor hatte ich einen Schwarzen gesehen, der so mutig war und sich allen Gefahren furchtlos gestellt hat. Das hat mich schon sehr beeindruckt. Und ich wollte unbedingt einen Colt haben wie Shaft. Natürlich waren diese Filmen reiner Eskapismus. Aber es tat auf jeden Fall gut, mal für zwei Stunden die Realität zu vergessen.
Das Gespräch führte Ulrich Lössl