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Kommentar zu SomuncuFrauen „untervögelt“ zu nennen hat mit Kunst nichts zu tun

Lesezeit 3 Minuten
Kabarettist_Somuncu

Serdar Somuncu

  1. Serdar Somuncu war mal wieder „derbe“: Er hat Frauen „Fot*en“ genannt und gegen „ungef***te“ Kritikerinnen gewettert.
  2. All das nennt Somuncu dann Kunst, als ob ihm mit plumper Provokation etwas wahnsinnig Subversives gelungen wäre, als ob er der Gesellschaft den Spiegel vorgehalten hätte.
  3. Diesem Irrglauben sitzen auch vereinzelt „Lesermail“-Schreiber auf.

Was darf Satire? Fast schon turnusmäßig scheint sich Deutschland notgedrungen mit dieser Frage zu beschäftigen, sei es, weil ein TV-Moderator einen Staatschef Ziegenficker nennt, oder weil eine Autorin in einem Gedankenspiel Polizisten auf die Müllhalde versetzt. Mit Serdar Somuncus Äußerungen im Gespräch mit Florian Schröder scheint die Frage nun abermals im Raum zu stehen: Was darf Satire? Die meisten Menschen würden wohl sagen: Satire darf alles. Das Problem ist nur: Was Somuncu da im Podcast von sich gibt – eine beleidigende Tirade gegen Kolumnistinnen, Empörungskultur, „Cancel Culture“ und politische Korrektheit – hat mit Satire so viel zu tun wie diese Zeilen mit mittelhochdeutscher Lyrik.

Wenn an dieser Stelle Serdar Somuncu als, um es mit seinen eigenen Worten auszudrücken, „ungeficktes, hässliches“, rassistisches, sexistisches Arschloch beschrieben würde, dann würde die Passage auch nicht harmloser oder intellektuell anspruchsvoller durch den Nachsatz: „Übrigens, das war jetzt Kunst“.

Serdar Somuncu und Florian Schröder behaupten, die Auseinandersetzung sei eine Art Rollenspiel gewesen, ein performativer Akt. Davon ist bei zwei Künstlern in einem Podcast auszugehen. Aber eine Performance, in der Frauen als „Fot*zen“ betitelt werden, damit sich der Künstler bei negativer Rückmeldung selbst auf die Schulter klopfen und „Intoleranz“ anprangern kann, wäre wohl an jedem Laientheater schon im ersten Entwurf in der Tonne gelandet.

Was Somuncu betreibt ist in etwa, als würde man zu einem Streifenpolizisten laufen, ihm mit der Faust ins Gesicht schlagen bis er zurückschlägt, und anhand dieses Beispiels strukturelle Polizeigewalt anprangern. Ja, Satire provoziert, und das ist gut. Aber manchmal ist Provokation auch einfach nur das: Provokation.

Florian Schröder hat es in Stuttgart besser gemacht

Dass ausgerechnet Florian Schröder sich auf dieses Level herablässt, ist schade. Mit einem Auftritt auf einer Corona Demo hatte er erst vor wenigen Wochen bewiesen, dass er mit leisen Tönen durchaus feinsinnig Missstände aufzeigen kann. In Stuttgart hatte er „Querdenker“ mit der Widersprüchlichkeit ihres eigenen Weltbildes und den Grenzen ihrer Toleranz für Meinungsfreiheit konfrontiert.

Wer nun glaubt, was Somuncu und Schröder im Podcast machen, sei der Aktion in Stuttgart ähnlich, nur eben auf links gedreht, der liegt falsch. Natürlich darf Somuncu darauf bestehen, an veralteten, verletzenden Begrifflichkeiten festzuhalten, ob nun als Teil einer Rolle oder als Privatperson. Er darf sich auch – je nach Kontext sogar frei von Konsequenzen – rassistisch äußern und Frauen erniedrigen. Und er darf sogar dem Irrglauben aufsitzen, dass „Toleranz" bedeutet, all das müsse kommentarlos hingenommen werden.

Auch vereinzelte Leser dieses Mediums leben diese Freiheiten aus und schicken Mails an – mit Vorliebe – Redakteurinnen, um ihnen zu erzählen, auf welche Weisen sie dringend „mal wieder flachgelegt“ oder auch „vergewaltigt“ werden müssten. Um diese wertvollen und konstruktiven Beiträge kümmert sich dann in der Regel die Polizei. Aber die hat von Kunst eben auch keine Ahnung.