Sex and the „Sisi“RTL zeigt kaiserliches Leben voll nackter Haut und Brutalität
Wien – In der ersten Szene überhaupt liegt sie im Bett und befriedigt sich selbst und in späteren Episoden wird das Kaiserpaar minutenlang beim Paaren gezeigt: Schnell wird klar, diese RTL-„Sisi“ hat wenig mit der von Romy Schneider verkörperten Backfisch-„Sissi“ der 50er Jahre aus der Feder von Ernst Marischka zu tun, sondern ist Serienstoff auf der Höhe des Streamingzeitalters. Gut zwei Wochen nach der Veröffentlichung beim Streamingdienst RTL+ zeigt nun das Fernsehprogramm RTL die sechsteilige Miniserie in Doppelfolgen an drei Abenden hintereinander jeweils um 20.15 Uhr - beginnend ab dem 28. Dezember.
Vier Monate wurde im Sommer gedreht, etwa im litauischen Vilnius und im lettischen Riga, aber auch in Österreich und Deutschland, wo zum Beispiel die Würzburger Residenz und das Berchtesgadener Land als Kulisse dienten.
Brutale Kämpfe und eindeutige Sex-Szenen
Schon in den 50er-Jahre-Filmen war etwa das Zuhause von Sissi nicht das echte Schloss Possenhofen am Starnberger See. Als Gebäude der Familie des Herzogs Max von Bayern (damals Gustav Knuth, heute Marcus Grüsser), diente damals Schloss Fuschl im Salzkammergut - heute ein Luxushotel.Dominique Devenport (25) verkörpert jetzt die legendäre Elisabeth in Bayern, die zu Elisabeth von Österreich und später von Österreich-Ungarn wird und heut gemeinhin als Sissi - geschichtlich richtig: Sisi - bekannt ist.
Devenport, die neuerdings Teil des Ensembles am Volkstheater Rostock ist, wurde in Luzern in der Schweiz geboren. Der gebürtige Hamburger Jannik Schümann (29) mimt sehr adrett und angemessen zwiespältig Kaiser Franz Joseph. Es hilft der Serie sehr, keine allzu oft schon gesehenen Gesichter in den Hauptrollen zu präsentieren.
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Dialekt und österreichischen Singsang gibt es hier nicht und es wird auch keine Zither rausgeholt oder nur im Wald spaziert - dafür werden Reifröcke gehoben, es wird gefochten, auf Schlachtfeldern gekämpft, am Hofe intrigiert, sich in der Familie geärgert, es gibt Mätressen und stellenweise geht es eben auch sehr brutal und sexuell zu.
Das dürfte - wenn auch Uniformen, Abläufe und Drehorte historisch kaum korrekt sind - näher an der Realität des Adels und Hoflebens im 19. Jahrhundert sein als die „Sissi“-Trilogie der 50er mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm, mit der sich im deutschsprachigen Raum natürlich jede Sisi-Neuverfilmung vergleichen lassen muss.
Serien-Sisi will Sex von einer Prostituierten lernen
„Normalerweise wär der ganze Hofstaat hier, um uns zuzugucken. Ich hab das Protokoll ändern lassen“, sagt der Kaiser zu seiner Braut in der Hochzeitsnacht. Sisi hat Angst vor dem ersten Sex und versuchte, sich heimlich mit Hilfe einer Prostituierten selber aufzuklären. Die Freundschaft mit der Dirne nimmt später ein böses Ende.
Sisis Mutter Ludovika wird von Julia Stemberger gespielt, die damit in die Fußstapfen von Romys Mutter Magda Schneider tritt. Und Desirée Nosbusch mimt beeindruckend düster deren kühle Schwester, Erzherzogin Sophie, die Mutter des Kaisers, was einst Vilma Degischer erledigte.
Bei RTL erheitert kein depperter Major Böckl (Josef Meinrad) die Zuschauer. Stattdessen denkt der Habsburgermonarch immer wieder an einen Fluch, den ihm die Frau eines Hinrichtungsopfers einst entgegengeschleudert hat („Himmel und Hölle sollen dein Glück vernichten“, „Die, die du liebst, sollen elend zugrunde gehen“).
Netflix plant ebenfalls Serie über Sisi
Die echte Sisi wurde bekanntlich 1898 Opfer eines Attentats in Genf, ihr gemeinsamer Sohn mit dem Kaiser, Rudolf, war depressiv und nahm sich 1889 das Leben. Doch das alles kommt noch nicht vor in Staffel eins, die nur die 1850er und 1860er Jahre erzählt.
Regisseur Sven Bohse (44) machte schon mit der ZDF-Familien- und Frauenserie „Ku“damm 56“ auf sich aufmerksam oder mit dem ARD-Mehrteiler „Das Geheimnis des Totenwaldes“. In Cannes feierten internationale Kritiker die neue „Sisi“-Serie (Drehbuch Elena Hell und Robert Krause) bei der weltgrößten Fernsehmesse Mipcom.
Die Produktion, für die die Fortsetzung längst beschlossen ist, fügt sich gut ein in die opulenten Kostümschinken des internationalen Bewegtbildmarktes der vergangenen Jahre mit Erfolgen wie „Downton Abbey“ oder „Bridgerton“.„Sisi“ hat das Zeug dazu, zum RTL-Gegenstück für den Netflix-Hit „The Crown“ zu werden, der das Leben der aktuellen Queen ausschmückt. Apropos Netflix: Der Streamingdienst bringt bald auch eine Sisi-Serie: In „The Empress“ stellen Devrim Lingnau und Philip Froissant das Kaiserpaar dar. (dpa)