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Sekretärin von James BondSo war die wahre Miss Moneypenny

Lesezeit 3 Minuten

Seit 2012 ist Naomie Harris die vierte Moneypenny-Darstellerin.

Sie ist die vielleicht berühmteste Filmsekretärin überhaupt: Miss Moneypenny, die Sekretärin von Agent 007. Tatsächlich soll ihre Figur auf einer wahren Persönlichkeit beruhen. Die Buchautoren Rüdiger Strempel und Arne Molfenter im Interview.

Herr Molfenter, Herr Strempel, Sie haben gerade gemeinsam ein Buch über Vera Atkins und die Frauen des britischen Geheimdienstes im Zweiten Weltkrieg geschrieben. Es heißt, dass Vera Atkins das Vorbild für Miss Moneypenny in Ian Flemings James Bond-Romanen war...

Molfenter Sie war eine der ersten Frauen, die innerhalb des britischen Geheimdienstes eine Position im Umfeld des Führungszirkels bekleidet hat. Sie hatte Zugang zu allen Geheimakten und war persönliche Assistentin einer der Führungsgestalten des Geheimdienstes. Nach Ansicht einiger Experten spricht vieles dafür, dass Ian Fleming Atkins als eines der Vorbilder für die Miss Moneypenny sah.

Arne Molfenter/ Rüdiger Strempel: „Der Finsternis entgegen. Die wahre Geschichte der Vera Atkins

und ihrer wagemutigen Agentinnen“,

280 Seiten,

Dumont Verlag, 19,99 Euro

Aber Vera Atkins war mehr als „nur“ eine Sekretärin?

Molfenter Ja, ein Geheimdienst-Insider meinte rückblickend: „In der echten Geheimdienstwelt war Vera Atkins die Chefin.“

Strempel Sie stieg innerhalb des Geheimdienstes sehr schnell auf und zählte zur Leitungsebene der Special Operations Executive (SOE), des für Sabotage hinter den feindlichen Linien zuständigen Geheimdienstes. Atkins war Führungsoffizierin vieler der insgesamt 400 Agentinnen und Agenten. Zahlreiche wählte sie selber mit aus.

Zu vielen der Frauen entwickelte sie eine sehr enge Beziehung, nannte sie „ihre Mädchen“ und fuhr sie persönlich in einer schwarzen Limousine zum Flugfeld, von dem sie in ihre Einsätze starteten. Da viele Agenten nicht mehr zurückkehrten, hatte das Auto in SOE-Kreisen den makabren Spitznamen „Der Leichenwagen“.

Aber Atkins’ Vorgesetzter Maurice Buckmaster war nicht die Vorlage für James Bond – oder?

Molfenter Nein, nach Aussage von Ian Fleming selbst war das Vorbild für James Bond der kanadische Agent William Stephenson. Stephenson traf Atkins in den 30er Jahren in Bukarest und erkannte rasch ihr Potenzial.

Wenn man Ihr Buch liest, bekommt man den Eindruck, dass der britische Geheimdienst für Fleming ein riesiger Ideenfundus war...

Strempel Fleming war tatsächlich Mitarbeiter des Marinegeheimdienstes und hatte daher Kenntnis über die von den Agenten eingesetzten technischen Mittel und Instrumente. In unserem Buch beschreiben wir, welche oft abenteuerlichen Mittel den britischen Agenten zur Verfügung standen: Die Palette reicht von 1-Mann-U-Booten, über mit Sprengstoff gefüllte tote Ratten bis zur Schokolade mit Knoblauchgeschmack, damit die in Frankreich gelandeten Agenten die „landestypische“ Knoblauchfahne besaßen.

War denn das Leben der Agentinnen von Vera Atkins genauso spannend wie das von James Bond?

Molfenter In unserem Buch beschreiben wir einige Episoden, die an James Bond denken lassen könnten. Beispielsweise überquerte die polnische Agentin Krystyna Skarbek in einem extrem harschen Winter auf Skiern von der Slowakei aus die Hohe Tatra, um unbemerkt nach Polen zu gelangen. Die indische Prinzessin Noor Inayat Khan schaffte es wochenlang, Funkmeldungen aus dem von den Deutschen besetzten Paris nach London abzusetzen, ohne in die Fänge der Gestapo zu geraten.

Sie war dabei völlig auf sich gestellt, denn der Agentenring, den sie hätte unterstützen sollen, war aufgeflogen. Das Leben der 39 SOE-Agentinnen war also sicher aufregend. Aber es war kein Hollywood-Thriller. Viele wurden in Konzentrationslager verschleppt. 13 von ihnen kehrten nicht von ihrem Einsatz zurück. Es wurde zu Atkins’ wichtigster Lebensaufgabe, die Spuren dieser Frauen in Deutschland zu rekonstruieren. Für unser Buch haben wir diese Schicksale recherchiert. Auch mit erst kürzlich von der britischen Regierung freigegebenen Akten.