So wird der „Polizeiruf 110“Ehrgeizige Ermittlerin sucht nach Schrödingers Katze

Bessie (Verena Altenberger) hängt Katzensteckbriefe auf.
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München – Wie ein Raubtier schleicht die Katze durch den Garten, selbstgewiss und voller Anmut – so ähnlich lässt sich das auch über Polizistin Eyckhoff sagen, die grazil und zielstrebig durch ihren Frühsport pumpt, springt und joggt.
Die Frau ist schön, sie sprüht vor Ehrgeiz. Doch als sie ihre Uniform anzieht, die Haare schnell zum Pferdeschwanz gebunden hat und auf der Wache die Kollegen trifft, alle grau und schlecht gelaunt, ist es vorbei mit der Verpuppung. Gerade war sie auf dem Weg zum Schmetterling, jetzt ist sie wieder eine Raupe.
Mühsamer Alltag
Der Alltag ist die reine Mühsal. Dass die Regie (Oliver Haffner) das Lied „Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen! Wann strahlst du?“ unter die Entzauberung gelegt hat, ist nicht freundlich. Doch Krimis sind nicht dazu da, den Sonntagabend schönzureden.
Verena Altenberger spielt zum dritten Mal die Polizistin Bessie Eyckhoff, generell tut sie das so sympathisch, dass es schmerzt. Auch in der letzten „Polizeiruf“-Folge vor der Sommerpause namens „Frau Schrödingers Katze“, wo ihre Rolle – und im Schlepptau gleich der ganze Film – fast unaufhaltsam über Kopf geht.
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Der Münchner „Polizeiruf 110“ war bis vor Kurzem noch ein Qualitätsbegriff, Matthias Brandt hatte als Kommissar von Meuffels Maßstäbe in Sachen Hoffnungslosigkeit und dunklem, rätselhaftem Spiel gesetzt. Dass die Serie nun in einer Zeit nach Brandt zu anderen Ufern strebt und nicht mehr Nihilismus predigt, sondern gerne ein Gemütsstück wäre, ist verständlich.
Doch aus dem Anspruch des Gemütsstücks wird hier eine pausbäckige Boulevardkomödie. In ihrem Zentrum immer noch Verena Altenberger, eine Österreicherin mit Hang zum feinen Spiel, im „Polizeiruf“ aber wird sie auf ihr Lächeln reduziert – das wirklich strahlend ist, als Arbeitsbasis aber nicht belastbar wirkt.
Frau Schrödingers Katze ist verschwunden
Eine alte Dame schaut auf dem Revier vorbei, es ist Frau Schrödinger (Ilse Neubauer), ihre Katze ist verschwunden. Eigentlich kein Job für Polizisten, doch die Eyckhoff hört im Zweifel auf ihr Herz, nicht auf die zynischen Kollegen. Also hängt sie Fahndungszettel an die Bäume. Mit Johanna Schrödinger soll diesem Film der Wirkstoff „bayrische Gemütlichkeit“ verabreicht werden. Doch das funktioniert nicht, weil diese greise Frau in ihrer umständlichen Weltfremdheit nur vage an die Würde einer rüstigen Seniorin, eher aber an das Zerrbild eines wackeligen Wegdämmerns erinnert.
Die Haushaltshilfen von der Schrödinger, Frau Meyer und ihr Mann, sind die verschlagenen Gegenpole dieser rechtschaffenen Oma, die nur Gutes will, und sich doch diese Meyers (Lilly Forgách und Ferdinand Dörfler), diese Nattern, in ihr Haus geholt hat. Die Eheleute Meyer schlürfen Austern, mal übermotiviert (Frau Meyer), mal angeekelt (Herr Meyer), um wirklich jedem zu verdeutlichen: Hier geht’s um Geldgeilheit von Menschen ohne Stil und ohne Gabe für das Essen mit Besteck.
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Herzpillen tauschen sie klammheimlich gegen Pfefferminzbonbons, sie wollen Schrödinger beseitigen und dann ihr Haus ergaunern. Zunächst jedoch wollen sie noch die Katze holen, eine junge Frau rief an, sie sei ihr zugelaufen. Herr Meyer macht sich auf den Weg, doch hat den Finderlohn vergessen. Er kriegt deshalb die Katze nicht. Und überfährt die junge Frau, aus Wut und einer grundlegenden Wurschtigkeit. Der Meyer flüchtet.
Die Polizistin Eyckhoff lernt derweil den freundlich zerstreuten Physiker Adam (Camill Jammal) kennen, der wie ein aufgescheuchtes Huhn über die Straße läuft, als sie ihn anspricht – ja, Männer kommen nicht gut weg in diesem Film. Zwischen Adam und der Polizistin Eyckhoff wächst so etwas wie ein Flirt, freilich mit dem Temperament von eingeschlafenen Füßen.
Krimineller Hausverkauf geplant
Frau Meyer wiederum fälscht eine Urkunde, mit der sie sich das Haus der alten Schrödinger erschleichen will. Doch der Notar kriegt Wind von dem Manöver, verspricht jedoch, er halte still, wenn er die Hälfte dieses kriminellen Hausverkaufes abbekommt. Und stiehlt sich nachts ins Haus der Schrödinger, um ihrem Ableben ein wenig nachzuhelfen.
Dort stößt er auf den Freund der jungen, toten Frau, der Katzenfinderin, und alles geht endgültig aus dem Leim. Kann man hier noch von stichhaltiger Story reden (Drehbuch: Clemens Maria Schönborn), oder ist das schon der helle Wahnsinn? Ironie und laxer Blick auf eine Münchner Posse führen in den Abgrund dessen, was ein Krimi leisten könnte. Hier werden Abziehbilder ausgemalt, die ohne Orientierung durch den „Polizeiruf“ stolpern.