Sonia Mikich über Wladimir Putin„Die Ukraine darf nicht verlieren”
Köln – Sonia Mikich ist als Auslandskorrespondentin und Reporterin viel herum gekommen. Sechs Jahre berichtete sie für den WDR aus Moskau, das Land lässt sie seither nicht mehr los. Schon seit längerem blickt sie mit großer Sorge auf Russland.
Wladimir Putins Ziele seien schon zu Beginn zu erkennen gewesen, sagt die frühere WDR-Chefredakteurin in „Talk mit K”: „Man hätte schon direkt am Anfang viel mehr wissen können. Auf der Sicherheitskonferenz in München hat Putin eine aggressive Erklärung an den Westen gerichtet.” Doch dieser habe lange weggeschaut und sei mehr an en Handelsbeziehungen interessiert gewesen.
Mit einem solch brutalen Angriff hatte sie nicht gerechnet
Dass Russland die Ukraine angegriffen hat, hat sie nicht überrascht, aber mit einem solch brutalen, flächendeckenden Angriff hatte sie nicht gerechnet. An Waffenlieferungen an die Ukraine führt für Mikich kein Weg vorbei: „Ich bin zu dem Schluss gekommen, die Waffenlieferungen müssen weitergehen, weil die Ukraine nicht verlieren darf und weil der Preis für Putin hoch sein muss. Er muss so hoch sein, dass er sich eine zweite, eine dritte Aggressionswelle nicht mehr leisten kann.”
Außerdem spricht Mikich über ihre Autobiografie „Aufs Ganze - Eine Tochter aus scheckigem Haus”, ihr Aufwachsen in London und dem Ruhrgebiet, und ihre Furchtlosigkeit, wenn es um neue Herausforderungen geht und warum sie Paris zu Beginn ihrer Zeit dort schrecklich fand.
Die 70-Jährige ist immer selbstbewusst ihren Weg gegangen und ist überzeugt, dass der Feminismus unsere Gesellschaft sehr zum Positiven verändert hat: „Es gibt eine Selbstverständlichkeit und eine Anspruchshaltung von Frauen, und daran ist nicht mehr zu rütteln. Es wird nie irgendjemand Frauen zwingen können, eine Rolle zu übernehmen - zumindest in Deutschland nicht.”
Sie bewunderte viele junge Feministinnen, nennt einige von ihnen aber ungnädig. Manche Debatten seien ihr zu bemüht: „Mir ist die Debatte zu aufgeheizt. Ich habe in dem Buch sanft gegendert, wenn es um Aufzählungen ging, habe ich gerne Reporterinnen und Journalistinnen geschrieben. Aber ich habe ansonsten nichts mit Sternchen und mit dieser Künstlichkeit zu tun, ich kann auch Journalist:innen nicht gut aussprechen. Ich finde es aber völlig in Ordnung, wenn andere das gut finden.”
In den Ruhestand zu wechseln, fiel ihr anfangs schwer, doch sie verbringt viel Zeit in Griechenland, wandert, gärtnert und lernt Griechisch. Ihre Prioritäten haben sich jedoch nicht geändert: „Aber das Wichtigste für mich ist nach wie vor das Schreiben, das Nachdenken, das Lesen und der große Versuch, diese Welt zu verstehen, was immer schlechter gelingt.”