Star WarsWer „Die letzten Jedi“ mochte, wird „Der Aufstieg Skywalkers“ hassen
- Regisseur J.J. Abrams schließt mit dem neuen „Star Wars“-Film die nun neun Episoden umfassende Serie ab.
- Die fortschrittlichsten Ideen des umstrittenen Vorgängerfilms stutzt er dabei radikal zurecht.
- Heute kommt die neue Sternensaga in die Kinos. Unsere spoilerfreie Kritik.
Eine weit, weit entfernte Galaxis – „Der Aufstieg Skywalkers“, das abschließende Kapitel der neuen „Star Wars“-Trilogie, ist eine einzige Enttäuschung. Zumindest, wenn Sie „Die letzten Jedi“, den von Rian Johnson verantworteten Mittelteil der Trilogie, mochten. Mit dem hatte der Regisseur den Befreiungsschlag vom bleischweren Erbe der Sternensaga und ihrer Mythologie gewagt, die in Fankreisen längst zum Dogma erstarrt war.
Eben diese Kreise fühlten sich von „Die letzten Jedi“ und seiner radikalen Kritik am Heldentum à la Luke Skywalker und der streng dynastischen Ordnung des „Star Wars“-Universums verraten, riefen gar eine Kampagne für ein Remake dieser achten Episode ins Leben.
Die neunte kommt an diesen Mittwoch in den deutschen Kinos. Sie wird wieder von J.J. Abrams verantwortet, der bereits beim Neustart mit „Das Erwachen der Macht“ Regie geführt hatte. Am Ende von Johnsons Film hatte sich Luke Skywalker (Mark Hamill) geopfert, nicht ohne zuvor etwas von seinem heroischen Glanz zu verlieren, und zwischen ihm und der noch nachnamenslosen Heldin Rey (Daisy Ridley) schienen keinerlei Verwandtschaftsbeziehungen zu bestehen.
Abrams Antwort auf die steile Vorlage fällt ultrakonservativ aus: „Der Aufstieg Skywalkers“ stellt das alte Gesellschaftssystem des „Star Wars“-Schöpfers George Lucas so gründlich wieder her, wie der Wiener Kongress die europäische Ordnung nach der Niederlage Napoleons. Die sanfte Rose (Kelly Marie Tran) ist nun an den Rand der Bilder verdrängt, die kaum erblühte Romanze zwischen ihr und dem couragierten Ex-Sturmtruppler Finn (John Boyega) nur noch eine peinliche Erinnerung an den Flirt auf der Weihnachtsfeier des vergangenen Jahres. Abrams andere Restaurationen kann man nicht schildern, ohne allzu viel vom Inhalt zu verraten. Und das hat Disney verboten.
Disney: Allmächtiger Maus-Konzern
Die treffendsten Bilder für den Zustand dieser Erzählwelt nach ihrer Wiederbelebung als Teil des allmächtigen Maus-Konzerns – acht der zehn erfolgreichsten Filme aller Zeiten gehören dem Unternehmen – findet Abrams immer dann, wenn er seine Helden durch die gewaltig aufragenden Trümmerteile altbekannter Kulissen stapfen lässt. Oder altbekannte Figuren wieder einführt, die dem Tod näher als dem Leben an Infusionsschläuchen hängen.
Aber J.J. Abrams ist kein Freund mythenzersetzender Kritik. Er hat sichtbar das allergrößte Vergnügen daran, Standardsituationen der alten Lucas-Filme neu zusammenzupuzzeln, aber mit der Körnung des lieb gewonnenen alten Filmmaterials. Wie hoffnungsfrohe Rebellen in die Cockpits ihrer Raumjäger springen, wie Landspeeder den Wüstenboden aufwirbeln oder Sternenzerstörer die Leinwand in bedrohliche Dreiecke aufteilen, das hat man nun schon mehr als einmal gesehen, aber dann vielleicht doch noch nie so dynamisch oder beeindruckend.
Enttäuschend mag die Unfähigkeit der gesamten neuen Trilogie sein, sich von ihrer Vorlage zu lösen, „Der Aufstieg Skywalkers“ als einzelner Film ist es nicht. Der Anfang kracht und donnert noch in Expositionsgewittern, in denen auch die letzten Aufnahmen der vor drei Jahren gestorbenen Prinzessin-Leia-Darstellerin Carrie Fisher kurz aufleuchten.
Wie eine Wagner-Oper
Doch dann nimmt das Abenteuer gewaltig an Fahrt auf, hält seine Helden – Rey, Finn und Oscar Isaacs Draufgänger Poe Dameron – eng und actionreich zusammen, findet stets Zeit für ein wenig Fan-Service, etwa, wenn – Achtung, es folgt der einzige, völlig belanglose Spoiler dieser Rezension – der Wookie Chewbacca endlich den Orden bekommt, der ihm 1977, am Ende von „Eine neue Hoffnung“, vorenthalten wurde. Und erhebt sich schließlich in wagnerianische Dimensionen, als es darum geht, nicht nur die aktuellen drei, sondern alle neun Episoden der Göttersage zu einem sinnvollen Abschluss zu bringen.
Verkörpert wird der ewige Kampf zwischen der hellen und der dunklen Seite der Macht, vom einzigen ernstzunehmenden Paar des Films, Rey und ihr böser Widerpart Kylo Ren (Adam Driver, der sich als Einziger schauspielerisch gegen Alien-Kinder und rotierende Roboter durchsetzen kann).
Einmal bilden Rey und Ren mit ihren Körpern kurz ein Yin-und-Yang-Zeichen. Da erscheinen, nur für einen Moment, Gut und Böse, Kommerz und Religion, Filmemachen und Franchisepflege als eine Frage der Perspektive, als zwei Seiten derselben Medaille.