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Starcellistin Sol Gabetta in KölnLehrstunde in böhmischer Nationalmusik

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Sol Gabetta

  1. Die Künstlerin lässt es nicht triefen und schmalzen, sondern setzt bei defensiver Klanggebung vor allem auf rhythmische Beseelung und Vitalisierung.
  2. Mit Kompositionen von Dvořák, Suk und Janáček absolvierten die Gäste ein Heimspiel, wie es ihnen gelegener nicht kommen könnte.
  3. Die Philharmonie war leerer als sonst, aber das lag an Corona, nicht an Gabetta.

Köln – Sol Gabetta zum Zweiten: Innerhalb weniger Tage kam die Starcellistin jetzt erneut nach Köln, diesmal, im Rahmen der Meisterkonzerte, begleitet von der ihr eng vertrauten Tschechischen Philharmonie unter Jakub Hrůša. Die Philharmonie war nicht so richtig voll, aber das lag offensichtlich an Corona, nicht an Gabetta, deren Spiel so schnell keine Überdrusseffekte produziert – was immer man von ihrer Interpretationslinie im einzelnen halten mag.

Jetzt kam sie mit einem Schwergewicht des Repertoires aufs Podium: Dvořáks Cellokonzert, das einen Gipfel der einschlägigen Literatur aus der Zeit der Romantik markiert. Romantik meint bei Gabetta freilich nicht – auch nicht in der Kantilene des zweiten Themas im Eröffnungssatz – sentimentales Triefen. In Tongebung und -volumen eher defensiv, meidet sie saftige Portamenti und andere Manierismen und setzt statt dessen auf die Beseelung und Verlebendigung der Partitur „von innen“. Zu hören war das etwa an der „unegalen“ Ausgestaltung der Triolenfiguration. Da wurde nicht mechanisch heruntergerattert, vielmehr erhielt jede Phrase durch Verzögerung und Schwerpunktplatzierung ihren Atem, ihr emotionales Gesicht.

Das Orchester – fabelhaft im sonoren Klang seiner Hörner und Holzbläser – war ein kongenialer Partner, zwischen Idylle und Grandioso gelang da eine starke Impression böhmischer Klanglandschaften. In diesen Belangen findet man – naheliegend – eh so schnell keine besseren Interpreten als dieses Orchester und diesen Dirigenten. Wenn die Prager auch im Fortgang eine Lehrstunde in tschechischer Nationalmusik erteilten, dann war das nicht nur in Ordnung, sondern billigerweise auch zu erwarten.

Die Linie Dvořák – Leoš Janáček – Josef Suk zeigte dabei sogar ein dichtes generationell-familiäres Geflecht an (Suk war Dvořáks Schwiegersohn). Kommt hinzu, dass die wenigsten Zuhörer Suks Scherzo fantastique opus 25 und Janáčeks dreisätzige „Taras Bulba“-Rhapsodie über die blutrünstige Geschichte eines kosakischen Freiheitskämpfers je gehört haben dürften. Lohnen tat es sich auf jeden Fall, Janáčeks Kombination von Folklore und Choral vermag genauso zu berücken wie Suks slawisch-melancholische Cello-Melodik. Und im Scherzo-Trio zeigte sich nachdrücklich, welche magische Wirkungen das ostinate Motiv einer fallenden Terz zu zeitigen vermag. Hörbar inspiriert, blieben die Gäste auch in der Zugabe – Janáčeks Schmiedetanz aus den „Lachischen Tänzen“ – bei ihrem Fach.