„ExtRemED“ heißt das neue Stück von Gerda Königs mixed-abled Tanztheater DIN A 13. Unsere Kritik.
Tanzpremiere in KölnGerda König choreografiert zwischen Geborgenheit und Zwang
Der rote Faden könnte heißen: Es geht um Abhängigkeiten. Zu sehen sind Anhängen, Zusammenhängen, Mithängen, Drin- und Umhängen, irgendwie auch Gegenhängen, also Drängen. Sie kommen nicht los! Von etwas, von anderen, von sich, wovon auch immer. Für immer. Wie sich das ausdrückt als Bewegung oder ob es sich nach Geborgenheit oder Zwang anfühlt, das verändert sich; so zeigt es das neue Stück „ExtRemED“ der bekannten Kölner Choreografin Gerda König mit ihrem Team von DIN A 13.
Das feierte in Barnes Crossing in der Wachsfabrik in Sürth Premiere und verband auch noch, thematisch passend, per Video-Livestream den urigen Ort und seine 60 Zuschauer mit ein paar hundert auf der ganzen Welt. Die Übertragung bietet Zugang auch für Menschen, die nicht mobil sein können, auch nicht im Rollstuhl.
Rote Bänder durchziehen die Bühne in der Sürther Wachsfabrik wie Blutbahnen
Die drei Tänzerinnen und der Tänzer verbindet je ein Band mit einem von Martina Kock gebauten Gerüst auf der Bühne, das wiederum viele gleiche rote Bänder durchziehen wie ein Netz oder wie Blutbahnen. Die vier sind zwar außerhalb, aber nicht im Freien: ein einfaches, umso stärkeres und schmerzhaftes Bild für die Illusion von Unabhängigkeit.
Wenn Míriam Aguilera, Lisa Hellmich, Gina Laskowski und Damiaan Veens, ganz unterschiedlich groß und mit und ohne Prothese, sich nun im langsamen Tanz krümmen, biegen und rucken, dann ihre Nacken, Hälse, Wangen mit den eigenen Händen fassen und schwenken, wirken sie auf unheimliche Weise künstlich, wie Puppen ihrer selbst.
Später fassen sie die Köpfe der mit ihnen vor- und zurücktreibenden Kollegen auch so an, erst zart und warm, bis sie drücken und schubsen. Sie zerren an den Bändern. Vermeintlich befreit, belauern sie einander, greifen an, als verbinde sie die Wut und als sei das eigene innere Wertegerüst auch nur aus Metall.
Choreografiert haben das Gerda König und Paolo Fossa mit wiederholten Phrasen, dann auch Armgesten; hier wird hier ein Aufstand geprobt, mit Sprüchen aus gereckten Fäusten, erhobenen Händen, kreuzenden Armen, Aufstampfen, Marschieren. Dem fehlt noch etwas tänzerische Dichte, aber ergibt Sinn: im Zusammenhang. Die Aufführung umströmen tief hallende, manchmal pochende oder sirrende Elektroklänge von Frank Schulte. Sie ziehen die meist rot beleuchteten Szenen ins Dunkle, wie in eine riesige Höhle.
Weitere Vorstellungen: 27. (20 Uhr), 28. (20 Uhr), 29. Oktober (18 Uhr), 2023, Barnes Crossing, Industriestr. 170, 50999 Köln