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So war der Tatort aus MünsterZu weich für ein so hartes Geschäft

Lesezeit 4 Minuten
Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Veronika (Proschat Madani) stehen sich gegenüber, sie halten sich an den Händen.

Boerne und Veronika kennen sich bereits seit Schulzeiten

Im neuesten Münsteraner Tatort „Ein Freund, ein guter Freund“ ermitteln Kommissar Thiele (Axel Prahl) und Professor Boerne (Jan Josef Liefers) im Fall eines toten Anwalts. Für Boerne wird es persönlich, als ihn die Umstände in die Nähe seine Jugendliebe Veronika bringen.

Der Fall

Kommissar Thiel ist sich schnell sicher: Ein toter Anwalt, der den Mafioso Nino Agostini (Claudio Caiolo) vertreten und dann auch noch verloren hat, der ist vielleicht genau deswegen ein toter Anwalt. Also besucht Thiel den Mafioso in seiner Villa und befragt ihn zum Mordopfer, Nikolas Weber (Hadi Khanjanpour).

Unterdessen versucht Professor Boerne seinen Kater auszukurieren. In der Nacht zuvor war er auf der Abschiedsfeier zweier Schulfreunde, dem ebenfalls als Anwalt tätigen Friedhelm Fabian (Jan Georg Schütte) und seiner Frau Veronika (Proschat Madani). Nach Friedhelms frühem Ruhestand wollen sie sich nach Guatemala absetzen. Die auch anwesenden Kollegen Thiel und Haller (ChrisTine Urspruch) bemerken, dass Boerne besonders Veronika nachtrauert.

Prof. Karl-Friedrich Boernes, Veronika und Friedhelm Fabian bei der Abschiedsfeier, elegant gekleidet und mit Sektgläsern in der Hand.

Prof. Karl-Friedrich Boernes verabschiedet sich bei seinen Freunden

Im Fall des toten Anwalts befragt Thiele seinen früheren Partner Erik Nowak (Hendrik Heutmann). Dieser leidet unter einem Burnout. Er hatte sich in der Mordnacht frühzeitig von seiner Klinik entlassen und bei seinem Vater Jochen Nowak Zuflucht gesucht. Mit dem Mord konfrontiert, kuscht er sich freiwillig in den Polizeigewahrsam, schweigt aber aus Angst vor Agostini.

Trotzdem erfährt Thiel (von einer weiteren Juristin, derer es in dieser Folge viele gibt), dass Weber und Nowak beinahe ihre Lizenzen verloren hatten. Friedhelm soll als Vorsitzender der Anwaltskammer derjenige gewesen sein, der sie davor bewahrte. Als Boerne jedoch mit seinem Freund sprechen will, um die Verwicklung aufzuklären, kann er ihn nicht erreichen. Nur Veronika.

In ihrer Zweisamkeit erfährt Boerne, dass Friedhelm entführt wurde. Um das Leben seines Freundes zu schützen, will er Thiel raushalten und in Eigenregie die Befreiung in die Wege leiten, doch Thiel kommt wegen Boernes schlechtem Pokerface schnell dahinter.

Die Auflösung

Und so ist es auch Thiel, der den wahren Entführer findet: Nowak Senior, der bemerkte, dass Friedhelm Weber und seinem Sohn nicht ohne Gegenleistung geholfen hat. Ein Vermögen hat er auf ihrem Rücken gemacht, die das ganze Risiko mit Agostini tragen mussten.

Doch damit ist der Mordfall noch nicht aufgeklärt. Friedhelm weiß sich selbst zu helfen und handelt seine Befreiung aus. Als er wieder Zuhause auftaucht, wird der noch nichts ahnende Boerne an die Heizung gekettet. Für den verliebten Professor kommt es sogar noch schlimmer: Veronika war diejenige, die Weber ermordete. Der hatte wohl in der Mordnacht Friedhelm angerufen und gedroht die mafiösen Verwicklungen aufzudecken. Friedhelm war aber nach der Feier früh und betrunken ins Bett gegangen.

Friedhelm und Veronika Fabian lehnen den Kopfeinander, im Hintergrund ein Flugzeug und ihr Pilot.

Friedhelm und Veronika Fabian (Jan Georg Schütte und Proschat Madani) am Flughafen.

Stattdessen war Veronika ans Telefon gegangen, „die stärkste von uns Dreien“, wie Friedhelm und Boerne immer wieder betont hatten. Veronika umarmt den treuen Boerne zum Abschied. Friedhelm verabschiedet sich ebenfalls: „Bist ein guter Freund. Und Mensch. Und es tut mir Leid. Ich hätte dich lieber nicht enttäuscht.“ Das Paar wird noch rechtzeitig vor ihrer Flucht nach Guatemala gestellt.

Fazit

Es bewahrheitet sich der Satz der von Mechthild Großmann gespielten Juristin: „Die Juristerei ist ein hartes Geschäfts geworden und junge Anwälte müssen kämpfen.“ Kämpfen, das heißt: Manchmal für Mafiosi, manchmal gegen sie, manchmal um ihr Leben oder um ein Luxus-Leben in Guatemala. Ein härteres Geschäft ist für den verwundbaren Professor Boerne nur die Liebe, zumal zu einer verheirateten Frau und dann auch noch die eines Freundes. Diese Dynamik hätte mehr Zeit verdient und damit die Folge auf ein höheres Leveln heben können.

Erstes Deutsches Fernsehen (ARD)

Ein Freund, ein guter Freund | Tatort

Denn grundsätzlich ist vieles solide. Schon der Einstieg erfolgt über einen gewagten Tilt-shot auf eine Justitia-Figur, eine ähnliche Neigung zeigt dann den entführten Friedhelm in seinem kleinen Gefängnis. Die dynamischen Kameraübergänge, die in Splitscreens oft mehrere Szenen gleichzeitig zeigen, erzeugen immer wieder ein gutes Tempo.

Dieses wird dann ebenso häufig durch unnötige Szenen gebremst. Dafür, dass Boernes beste Freunde in ein Verbrechen und sogar einer Entführung involviert sind, kommt überraschend wenig Emotion auf. Da geht der altbekannte Humor und die Chemie zwischen Thiel und Boerne auf Kosten der Spannung. Fans der beiden Münsteraner Ermittler kommen sicher auf ihre Kosten, aber für die übrigen Tatort-Fans hätte man da sicher noch den einen oder anderen Schatz heben können.