Das neue Stück im Kölner Theater der Keller „Monte Rosa“ zeigt Gipfelstürmer in all ihrer tragischen Komik.
Theater der Keller mit „Monte Rosa“Bergsteiger-Drama zeigt luftige Höhen und schaurige Abgründe
Treffen sich drei im Hochgebirge. In „Monte Rosa“, dem prämierten Stück der österreichischen Autorin Teresa Dopler sind die Menschen nicht ganz von dieser Welt. Hier oben herrschen seltsame Umgangsformen unter den Bergsteigern und fragwürdige Werte bestimmen die Begegnungen untereinander.
„Survival oft the Fittest“ lautet das Motto in dem alpinen Zukunftsszenario und treibt die Menschen in dieser abgründigen Tragikomödie in wechselnden Konstellationen in immer aberwitzigere Situationen. Regisseurin Julie Grothgar hat diese Blaupause für die Abgründe der menschlichen Existenz in ihrer Inszenierung im Theater der Keller dankbar aufgegriffen und in einen großartigen Schauspielabend umgesetzt.
„Monte Rosa“ im Kölner Theater der Keller
Das spielfreudige Trio Markus J. Bachmann, Daniel Breitfelder und Johanna Pausacker nutzt die Bühne, von Lena Thelen als abgeranzte Alpenkulisse nebst Berghütte gestaltet, als Spielwiese für eine tragikomische Tour de Force. Von heiler Bergwelt ist hier nichts mehr zu spüren, die Gletscher sind längst abgeschmolzen, der Berg bröckelt gefährlich und unter dem getauten Schnee tauchen mit den Stahlhelmen aus vergangenen Kriegen schaurige Artefakte auf.
Doch die Landschaft scheint das Alpinsten-Trio ohnehin kaum zu interessieren. Hier oben herrscht ein gnadenloses Leistungsprinzip. Die anderen, das sind die Konkurrenten im Kampf um die spektakulärsten und gefährlichsten Routen auf dem Weg zum Matterhorn. Hier wird hemmungslos hochgestapelt, wenn es um die eigene Befähigung am Berg geht und abschätzig heruntergeschaut, auf die, die sich im Gipfelstreit in Position bringen.
Bergsteiger-Geschichte zeigt in Köln schaurige Abgründe
Da ist schon im Text von verstörender Komik, steigert sich aber im Spiel des Trios umso mehr. Mit ungebremster Lust an der Überspitzung hauen und stechen die drei mit spitzfindigem Sarkasmus und bösartigem Furor aufeinander ein. Gesundheit, Alter, Fitness sind die ausschlaggebenden Kriterien dieser Gralshüter einer ins Groteske gesteigerten Egomanie. Dass sie bei ihren Egotrips zum Gipfel aber ohne einen Partner nicht auskommen, sorgt für den nötigen dramatischen Drive in diesem Stück.
Hier wird verbissen um (Sexual)-Partner gerungen, die aber im nächsten Augenblick, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, brutal verstoßen und prompt vergessen werden. Funktionalität bestimmt das aggressive Balzverhalten, das immer wieder neue Konstellationen hervorbringt. Ein süffisanter Soundtrack zwischen süßem Italo-Pop und hartem Deutsch-Rap (Haftbefehl) sorgt für ironische Brüche, während Cat Stevens „Wild World“ als Dauerloop von einer romantischen Sehnsucht kündet, die in diesem zynischen Zukunftsszenario keinen Platz mehr hat.
Befeuert wird der Aberwitz des Alpenspektakels durch die fantastischen Kostüme (Lena Thelen), in denen die Schauspieler das unwirkliche Terrain beschreiten. Bergsteiger in Hipster-Klamotten mit Fellstiefeln, trashiger Disco-Look und schräge Perücken sind nur der Auftakt für eine komische Modenschau, die im Plateau-Schuhduell der beiden Männer gipfelt. Wenn sich Markus J. Bachmann und Daniel Breitfelder in schwindelerregender Schuhhöhe mit Stiletto-Absätzen wie zwei tönerne Riesen ihren aberwitzigen, erotischen Schlagabtausch liefern, bleibt im Zuschauerraum kein Auge trocken. Das ist der Höhepunkt eines ebenso tiefgründigen wie tragikomischen Theaterabends, der das Publikum in luftige Höhen und schaurige Abgründe entführt.
Zur Veranstaltung
„Monte Rosa“ im Theater der Keller, 8. + 9.3. 20 Uhr, 23.3. 19.30 Uhr, 24. + 25.3. 20 Uhr. Alle Infos gibt es hier.