Nicht Olli Schulz und Jan Böhmermann beerben Peter Urban im Ersten, sondern der Kölner Thorsten Schorn. Und der bringt alles mit, um die Aufgabe zu meistern.
Kommentar zur ESC-EntscheidungThorsten Schorn beerbt Peter Urban – Eine gute Wahl
Es gibt viele Jobs im Fernsehen, bei denen halb Deutschland glaubt, es mindestens genauso gut, wenn nicht sogar viel besser zu können. Talkshow-Moderator ist dafür ein gutes Beispiel, ganz sicher auch Fußball-Kommentatorin - und auch der Job, das Publikum durch den Eurovision Song Contest (ESC) zu begleiten, ist so ein Fall.
Wobei der ESC ein merkwürdiger Sonderfall ist. Einerseits ist die große Musikshow ein einziges buntes, eskapistisches Spektakel, das den Mut zur großen Geste und zur Übertreibung feiert. Zu ernst darf man das Ganze daher nicht nehmen. Andererseits sind die echten Fans mit großer Leidenschaft und Hingabe dabei, bereiten sich akribisch vor und werden fuchsteufelswild, wenn man den ESC belächelt.
Und man muss ja nur mal verfolgen, für welch endlose Diskussionen das schlechte Abschneiden Deutschlands in den vergangenen Jahren gesorgt hat, um zu begreifen, dass diese Show trotz Glitzer und Glamour eben auch eine bierernste Angelegenheit ist. Und gerade in diesen politisch heiklen Zeiten ist zudem das Eis dünn, wenn es um diplomatisches Geschick geht.
Die Fußstapfen, in die Thorsten Schorn tritt, sind groß
Wer das im Hinterkopf behält, erahnt, welche beachtliche Leistung Peter Urban vollbrachte, der die Show ein Vierteljahrhundert lang fürs deutschsprachige Publikum kommentierte - und dabei von fast allen akzeptiert wurde.
Die Fußstapfen, in die der Kölner Thorsten Schorn tritt, sind also gewaltig. Der Job verlangt nicht nur Hintergrundwissen über die Künstlerinnen und Künstler, die dieses Jahr auf der Bühne stehen, sondern auch über die Geschichte des Wettbewerbs.
Neben allem Wissen ist aber auch die richtige Mischung aus Humor, der nie zu ironisch und erst recht nicht zynisch sein darf, Ernsthaftigkeit und Lust auf Unterhaltung wichtig. Und es braucht ein Gespür dafür, über wen und was man welche Witze machen kann - und welche eben nicht. Fettnäpfchen gibt es viele, manch schlechter Witz drängt sich ja nahezu auf.
Thorsten Schorn trifft den richtigen Ton
Peter Urban gelang dieser Balanceakt meistens. Und auch Thorsten Schorn bringt viel mit, um den Job souverän zu meistern. Er ist ein Radioprofi, hat lange für 1Live gearbeitet, mittlerweile ist er regelmäßig bei WDR2 zu hören. Außerdem ist der 48-Jährige auch im Fernsehen im Laufe der Jahre eine echte Größe geworden.
Schorn war früher regelmäßig als Außenreporter bei „Zimmer frei!“ (WDR) und „Stern TV“ (RTL) zu sehen, außerdem ist er die Stimme aus dem Off dem Vox-Erfolgsformat „Shopping Queen“. Und seit 2018 können ihn die Zuschauerinnen und Zuschauer von RTL auch in der Prime Time erleben, wenn er als Spielleiter und Kommentator Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Barbara Schöneberger durch die Show „Denn sie wissen nicht, was passiert“ bugsiert. Bei seinen Jobs fällt Schorn dadurch auf, dass er den richtigen Ton trifft, humorvoll ist, ohne sich in den Vordergrund zu drängen, und auch auf Unvorhergesehenes reagieren kann.
Mag sein, dass manche sich Anke Engelke und/oder Bastian Pastewka als Kommentatoren gewünscht hätten. Und auch das Duo Jan Böhmermann und Olli Schulz, das dieses Jahr erneut für den österreichischen Radiosender FM4 kommentieren wird, hätten sicher viele gerne im Ersten gehört.
Thorsten Schorn ist dennoch die richtige Wahl. „Als Deutschland 1982 mit ‚Ein bisschen Frieden‘ gewonnen hat, war ich sechs und habe mich gefreut, als wären wir Fußball-Weltmeister geworden“, sagte er laut Mitteilung des NDR. Da ist er also, der nötige Respekt vor dem Event. Den Humor und die Erfahrung bringt er auch mit. Und als Kölner ist er mit bunten Kostümen und schrillen Auftritten ja nun auch bestens vertraut. Was soll da also noch schiefgehen?