Mit seiner Rede zur Zukunft der ARD hat WDR-Intendant Tom Buhrow für Aufsehen und Unruhe gesorgt. Jetzt tagte der WDR-Rundfunkrat dazu, für den aus gesundheitlichen Gründen fehlenden Buhrow gab WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn ein „Update“ der Debatte.
WDR-RundfunkratEin „Update“ zur Buhrow-Debatte von Jörg Schönenborn
Am Hauseingang zur 645. Sitzung des WDR-Rundfunkrats hielten besorgte Bürger in der Kälte eine Mahnwache ab, allerdings eher nicht aus Sorge um die angeblich schwindende Finanzkraft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine kleine Abordnung flüchtete sich sogar ins Warme, auf die Zuschauerplätze der öffentlichen Sitzung, um die Ausführungen der Rundfunkräte gelegentlich mit obrigkeitskritischem Volksgemurmel zu unterlegen.
Man darf vermuten, dass WDR-Intendant Tom Buhrow die Mahnwächter eher nicht im Sinn hatte, als er in seiner vieldiskutierten Rede vor dem Hamburger Übersee-Club die Schaffung eines Runden Tischs anregte. An diesem, so Buhrow, solle sich Deutschland über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einig werden. Diejenigen, die dazu vornehmlich berufen seien, die ARD-Intendanten und Ministerpräsidenten der Bundesländer, seien dazu nämlich gar nicht in der Lage, weil sie jeweils nur auf sich selbst (also die eigene Sendeanstalt) und nicht auf das große Ganze schauen würden.
Tom Buhrow hatte auch angebliche Tabus angesprochen
Buhrow hatte beispielhaft zwei vermeintliche Tabus angesprochen, die Fusion von ARD und ZDF und die Abschaffung der ARD-Sinfonieorchester, und einen sonst geflissentlich ignorierten weißen Elefanten im Raum benannt: dass man bei einer echten Sparreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks um schmerzliche Einschnitte nicht herumkomme. Statt Klein-Klein wie bisher brauche es deshalb den großen Runden Tisch.
An der Sitzung seines Aufsichtsgremiums konnte Tom Buhrow dann aus gesundheitlichen Gründen allerdings nicht teilnehmen; an seiner Stelle erstatte Fernseh- und Programmdirektor Jörg Schönenborn den Rundfunkräten Bericht und gab diesen ein „Update“ über die von Buhrow angestoßene Debatte. Naturgemäß ging es dabei auch um das alltägliche Klein-Klein, die Quotenhits des WDR im November („Tatort“ und Fußball-WM), den finanziellen Mehrbedarf beim Jugendsender „Funk“, die angeglichenen Compliance-Regeln innerhalb der ARD oder auch den Umbau der Senderfamilie zum digitalen Netzwerk mit regionaler Verankerung. Der letzte Punkt hatte dann doch einen Zug ins große Ganze, war aber nicht mit Einsparungen, sondern mit Mehrkosten verbunden. „Die Reformbereitschaft in der ARD ist hoch“, fasste Schönenborn zusammen. „Aber sie wird nicht die politischen Erwartungen in Richtung Beitragsstabilität erfüllen.“
Kurz ging Schönenborn auf eine Frage zu den Berichten in dieser Zeitung über die Klage des WDR-Mitarbeiters Jürgen Döschner wegen Nichtbeschäftigung ein. Keinesfalls gehe es darum, einen kritischen Journalisten mundtot zu machen, so der Programmdirektor. Sondern um die juristisch zu klärende Frage, ob eine zugewiesene Aufgabe angemessen sei und ob jemand willens und fähig sei, diese Aufgabe zu übernehmen.
Schönenborns „Update“ der Buhrow-Debatte kam ebenfalls ohne Überraschungen aus. Der Intendant habe ja eigentlich keine „neuen Fässer aufgemacht“, vieles stünde seit langem in der Debatte. Jetzt sei der Ball wieder im Spiel, Buhrows Rede habe die Befassung mit den Themen eindeutig befördert.
Der WDR-Rundfunkrat hielt sich mit Kritik zurück
Offenbar fühlten sich die Rundfunkräte von diesen Erläuterungen aus zweiter Hand nur mäßig dazu animiert, den ins Spiel gebrachten Ball aufzunehmen und zu passen. Mutig und überfällig wurde Buhrows Rede genannt, allenfalls ihr Ort moniert, und sogar das Fehlen konkreter Reformschläge gelobt – so ließe sich eine „Vorfestlegung“ der Debatte vermeiden. Leise Kritik gab es daran, dass Buhrow in den letzten Jahren auch im Rundfunkrat gerne das große Ganze ignoriert habe, und als eine Rätin die stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft forderte, gab es von den Zuschauerplätzen zustimmenden Applaus.
Ein wenig kurios war dieser beklatsche Appell in diesem Rahmen schon. Schließlich sollen die Rundfunkräte ja gerade die Zivilgesellschaft repräsentieren und in deren Namen die Aufsicht über die einzelnen ARD-Sendeanstalten führen. Aber vielleicht wurde mit ihm lediglich ein anderer weißer Elefant im Raum benannt: An Buhrows Rundem Tisch dürften eher keine Rundfunkräte sitzen; denn die sind qua eingeschliffener Praxis vor allem zuständig fürs Klein-Klein.