Dass es beim Trinken von Alkohol immer noch Flatrates gibt, ist eigentlich schon pervers genug. Noch perverser aber ist, dass dieses „All you can…“-Prinzip auch in Puffs angeboten wird. Und zwar nicht nur in solchen in Thailand, in denen Sex-Touristen ihre Version von Urlaub ausleben, sondern mitten in der deutschen Hauptstadt. Discounter-Sex ist auch in Berlin zu haben, mitunter gibt es diesbezügliche Flatrates schon für 49 Euro, und in der Doku „Sex – Made in Germany“ (ARD, 22.45 Uhr) erklärt der Inhaber eines Flatrate-Puffs sein Geschäftsmodell: „Es ist knapp kalkuliert, es geht auf die Masse. Die meisten Männer überschätzen sich und sagen, ich gehe dann mal sechs, sieben, acht Mal aufs Zimmer. Aber das kommt sowieso nicht vor.“

Deutschland, so stellen die Autorinnen Tina Soliman und Sonia Kennebeck fest, hat in Europa bei der Dienstleistung Prostitution eine Spitzenposition inne. Sex-Touristen aus der ganzen Welt kommen nach Deutschland, um sich einen Bordell-Urlaub zu gönnen; mitunter reisen diese speziellen Urlauber sechs Tage und Nächte von Puff zu Puff, das Preis-Leistungs-Verhältnis gibt ein solches Gebaren her, der Sexmarkt macht’s möglich. Sonia Kennebeck und Tina Solimann haben zwei Jahre lang im Milieu recherchiert und dabei mit den unterschiedlichsten Protagonisten gesprochen.

Wer arbeitet als stolze, selbstbewusste Prostituierte, wie fühlen sich Webcam-Huren bei der Arbeit, wie definieren Bordellbetreiber und Zuhälter sich selbst und ihren Job, wie verhält es sich mit Sexarbeiterinnen, die illegal in Deutschland sind und sich nur aus purer finanzieller Not prostituieren? Und wer profitiert heute wirklich von der Legalisierung der Prostitution, die die rot-grüne Bundesregierung vor elf Jahren möglich machte? Sehenswerte Doku, die aber trotzdem auch diesen Eindruck hinterlässt: In der Branche geht’s noch härter zu, als „Sex – Made in Germany“ zeigen kann respektive zeigen will.