Mischa Kuballs Lichtinstallation erinnert an die Große Synagoge, die einst in Düsseldorf stand. Sie wurde 1938 in der Pogromnacht in Brand gesteckt und abgerissen.
Erinnerung an in Brand gesteckte SynagogeMischa Kuball schließt die Lücke von 1938
Auch in Düsseldorf haben die Zerstörungen der von den Nationalsozialisten organisierten Reichspogrome im November 1938 städtebauliche Lücken hinterlassen, eine davon befindet sich an der Ecke Kasernenstraße/Siegfried-Klein-Straße, mitten im Zentrum der Stadt. Hier stand die Große Synagoge. Bislang erinnert dort ein steinernes Mahnmal an das einstige Gotteshaus und das vormals lebendige jüdische Leben mit Geschäften, Hotels und Restaurants.
1903 für die wachsende jüdische Gemeinde Düsseldorfs nach Entwürfen des Architekten Josef Kleesattel erbaut, war das neoromanische Gebäude am 10. November 1938 in Brand gesteckt und drei Wochen später ganz abgebrochen worden. Bis dahin war die Synagoge Heimat für die liberal orientierte jüdische Gemeinde der Stadt.
„missing link_“ schließt eine Lücke, die seit der Pogromnacht 1938 besteht
Der Künstler Mischa Kuball nimmt mit seinem am 9. November um 22.30 Uhr startenden, vorerst temporären Projekt „missing link_“, „Bezug auf die große Lücke, die die Zerstörung von jüdischen Einrichtungen (...) in der Pogromnacht 1938 in der Stadt Düsseldorf hinterlassen hat. Diese Lücke wurde nie wirklich geschlossen.“
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Mit einer Installation aus weißem Licht und Leinwand, mit Bildern der historischen Fassade hat der Künstler dem Ort eine neue Sichtbarkeit verschafft und die Leerstelle markiert. „...“missing link_“, so der Künstler, „ist auch der Versuch, den Menschen, die diesen Verlust erlitten haben, einen würdigeren Ort für Zusammenkünfte in unserer Stadt zu bieten.“
Kooperation mit der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf
Dr. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, „unterstützt das Vorhaben sehr“, das eine Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, der Stadt sowie der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf ist. Denn „es liegt uns sehr am Herzen, dass das Gedenken an die Shoah-Opfer grundsätzlich mehr Menschen erreicht".
Die Gebäude, die seither hier entstanden waren, werden als Projektionsfläche jetzt Teil der Installation: das im Jahr 1940 fertiggestellte neoklassizistische Walzstahlhaus, das Gebäude der Ortskrankenkasse im Stil der Reformarchitektur von 1905 und das Haus der AOK im Stil des „Neuen Bauens“ aus den 1920er Jahren. Sie werden mit dem Banner und der Projektion eines Abschnittes der Synagogenfassade behängt und erleuchtet und bezeichnen nun jenes fehlende Verbindungsstück; wie eine Erinnerung, die aus dem Dunkel des Vergessens wieder auftaucht.
Solidarität für Juden nach der Eskalation im Nahostkonflikt
Dass eine pro-jüdische Stellungnahme derzeit eine besondere Dringlichkeit erfährt, ist auch den schrecklichen Ereignissen in Israel und Gaza und dem wachsenden Antisemitismus geschuldet. Jüdische Bürger fühlen sich zunehmend bedroht, ziehen sich zurück, vermeiden öffentliche Auftritte und sichtbare Attribute ihres Glaubens, besuchen seltener die Synagoge. Umso wichtiger ist die Sichtbarmachung ihrer Geschichte und ihrer Zugehörigkeit auch im Stadtbild. In Düsseldorf gab es eine lebendige jüdische Gemeinde, groß genug für eine Große Synagoge.
Immer wieder hat Mischa Kuball mit seinen Installationen auf architektonische und gesellschaftspolitische Leerstellen im jüdischen Gedenken hingewiesen.
Mischa Kuball erleuchtete auch die Synagoge in Stommeln
Vor nahezu 30 Jahren etwa hatte er die Synagoge Stommeln in Pulheim mit seiner Lichtinstallation („Refraction House“, 1994) erleuchtet. Damals waren es die unmittelbaren Anwohner, die direkt und über einen längeren Zeitraum dem Licht ausgesetzt waren. Sie hatten sich mit ihrer Zustimmung für die Kunst stark gemacht, waren nicht nur dem gleißenden Licht, mit dem der Künstler die Synagoge von innen strahlen ließ, ausgesetzt, sondern auch den Befürchtungen, mit dieser Illumination den Ort zum ausgezeichneten Ziel von antisemitischem Vandalismus zu machen. „Aber“, so der Künstler damals, „die Menschen haben mit ihrem Mut den Nazis Paroli geboten. Der magische Ring der Menschen war ein Schutzschild.“
Etwas Ähnliches ist auch jetzt zu hoffen: dass die Bürger der Stadt ihren jüdischen Nachbarn heute wieder Schutz und Sicherheit gewähren. Das ist wichtiger denn je.
Auch Bert Römgens, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf findet: „In der Erinnerungskultur müssen neue Zugänge gefunden werden, um die breite Masse für das Gedenken an die Opfer der Shoah zu sensibilisieren und insbesondere die Verantwortung zu vermitteln, die wir alle haben, dass etwas Vergleichbares verhindert werden muss. Daher begrüßen wir es sehr, dass das Gedenken an die Synagoge an der Kasernenstraße durch das Projekt von Mischa Kuball in den Vordergrund gerückt werden soll.“
Die Lücken, die die Zerstörungen der Nationalsozialisten in der Pogromnacht 1938 und darüber hinaus auch in Düsseldorf hinterlassen haben, sollen nicht vergessen werden.
Die Installation ist bis März 2024 zu sehen. Eine eigens entwickelte App bietet zusätzliche Informationen, historische Abbildungen und Zeitzeugenberichte.