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Zum Tod von Faithless-Sänger Maxi JazzGott hat sich seinen DJ zurückgeholt

Lesezeit 3 Minuten
(FILES) In this file photo taken on August 26, 2007 English singer Maxwell Fraser aka Maxi Jazz of the British band Faithless performs during the Rock en Seine music festival, in Saint-Cloud, near Paris. - Maxi Jaxx, the lead singer of the British electronic band Faithless, has died at the age of 65, the group announced on December 24, 2022. The musician and DJ -- whose real name was Maxwell Fraser -- passed away at his home in South London, the dance music act behind 1990s hits including "Insomnia" and "God is a DJ" said. (Photo by Guillaume BAPTISTE / AFP)

Maxwell Fraser alias Maxi Jazz im Jahr 2007

Als er mit Faithless endlich zum Star wurde, ging Maxwell Fraser alias Maxi Jazz schon auf die 40 zu. Umso mehr hatte er zu erzählen.

Lange bevor Gott zum DJ wurde, hatte sich Maxwell Fraser bereits an den Plattentellern versucht. Anfang der 1980er hatte der im Südlondoner Stadtteil Brixton aufgewachsene Sohn jamaikanischer Eltern die neuen Hip-Hop-Klänge aus Amerika für sich entdeckt: Musik, für die man kein Instrument erlernen musste, es galt das gesprochene Wort.

Fraser gründete seine eigene Crew namens The Soul Food Café System und verbreitete seine frohe Botschaft via diverser Piratenradiostationen – unter dem DJ-Namen Maxi Jazz. Der kam nicht von ungefähr, denn für Gangsta Rap interessierte sich Fraser nicht. Sein beschwingt-groovender Hip-Hop gefiel auch Jazz-Enthusiasten.

Zu mehr als lokaler Berühmtheit hätte es freilich nicht gereicht. Dazu musste Maxi Jazz erst dem Produzenten Rollo Armstrong begegnen. Zusammen mit der Multi-Instrumentalistin Ayalah Deborah Bentovim – alias Sister Bliss –erfanden sie sich Mitte der 1990er als Elektronik-Trio Faithless neu. Schon ihre zweite Single, „Insomnia“, garantierte ihnen einen Platz in den ewigen Dancefloor-Charts: Der Kontrast zwischen dem frenetischen „Hallo, wach“-Techno der Musik und Maxi Jazz’ getragenem und gründlich von jedem Hip-Hop-Flow befreitem Vortrag ist einfach zu reizvoll.

Schlaflosigkeit im Sinne von Faithless ist kein Problem, sondern eine Gnade, wo immer der Track in der zweiten Hälfte der 90er gespielt wurde, wo immer Faithless auftraten, die Raver-Massen fielen ihnen vor die Füße: So gut hatte sie noch kein Mainstream-Act verstanden. Nicht weniger reizvoll war das Gegensatzpaar, das Rollo und Sister Bliss einer- und Max Jazz andererseits auf der Bühne bildeten: Links und rechts hielten sich die eher scheuen Musiker an ihren Keyboards fest, in der Mitte aber stand der gertenschlanke Prediger, sein zu großes Jackett flatterte im Wind, und sprach zur Gemeinde mit der Autorität des in Würde gealterten Szenegängers. Hatte er doch schon kurz nach der Gründung die 40 überschritten.

Die Alben von Faithless waren stilistisch sehr viel abenteuerlustiger, als es die Singles vermuten ließen. Die aber waren stets garantierte Tanzflur-Füller. Dass Gott ein DJ sein musste, hatte Maxi Jazz auf einem T-Shirt gelesen, es ist ja auch keine Metapher, die genauerem Nachbohren standhält. Viel interessanter sind die Schlüsse, die der begnadete Sprechsänger aus dem flotten Spruch zog: Wenn Gott ein DJ ist, dann ist der Club seine Kirche, der Ort, an dem die Wunden verheilen, die man einem die Zumutungen des Alltags geschlagen hatten.

Maxi Jazz bekannte sich zum Nichiren-Buddhismus. Der lehrt, dass Erleuchtung hier und jetzt möglich sei, eventuell im Verlauf einer Maxi-Single. Maxwell Fraser interessierte sich neben seiner Erleuchtung auch noch für schnelle Autos und den Croydoner Fußballverein Crystal Palace. Am 23. Dezember starb er in London, „friedlich im Schlaf“, wie es hieß. Er wurde 65 Jahre alt.