Der Kölner TV-Moderator Max Schautzer hielt als einer der letzten am Gemeinschaftsgedanken des Fernsehens fest. Am Mittwoch (29.1. 2025) ist er mit 84 Jahren gestorben.
Zum Tod von Max SchautzerEr war die Brandmauer der ARD
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Der Kölner TV-Moderator Max Schautzer ist gestorben
Copyright: Henning Kaiser/dpa
Im Horrorfilm „Videodrome“ (1983) stößt Max Renn, Betreiber einer Kabel-TV-Station, auf die unheimlichen Ausstrahlungen eines Konkurrenzsenders. Max gerät in den Bann scheinbar echter Video-Signale von Gewalt und Pornografie, halluziniert, entwickelt schließlich eine vertikale Öffnung in seinem Bauch, die Videokassetten verschluckt.
In derart drastischen Bildern verarbeitete David Cronenberg die Auswirkungen des Privatfernsehens und der günstigen Videokameras, die TV-Konsumenten in potenzielle Content-Produzenten verwandelten. Dabei folgte der Filmemacher dem Diktum Marshall McLuhans, nach dem jedes neue Massenmedium uns vollständig verändert.
Max Schautzer erfand mit „Pleiten, Pech und Pannen“ das Heimvideo-Format
Ein anderer Max, der 1940 in Klagenfurt geborene Wahlkölner Max Schautzer, beschäftigte sich Mitte der 1980er ebenfalls mit der doppelten Zumutung des in Deutschland neu eingeführten Privatfernsehens und der Demokratisierung der Bildproduktion. Der so erfahrene wie ideenreiche ARD-Moderator fand eine sehr viel publikumsfreundlichere Lösung als der kanadische Regisseur, er erfand die Sendung „Pleiten, Pech und Pannen“.
Darin präsentierte Max Schautzer ab März 1986 einem Millionenpublikum „vergnügliche Missgeschicke“, welche die Zuschauer selbst per Zufall auf Video festgehalten und anschließend der öffentlich-rechtlichen Anstalt zugesandt hatten. In den Händen der Privaten wäre daraus wahrscheinlich eine Parade der unverhohlenen Schadenfreude geworden. Schautzer jedoch, stets korrekt im Zweireiher gekleidet, kommentierte die Magnetbandschnipsel von stolpernden Kleinkindern und in diverse Gewässer fallenden Erwachsenen mit wohlwollendem Wortwitz, versah sie mit lustigen Klangeffekten.
Er lud auch mal einen Pechvogel ins Studio ein, wo er diesem dann mit ausgesuchter Höflichkeit Gelegenheit gab, das für die Nachwelt festgehaltene Malheur zu seiner eigenen Geschichte zu machen. „Ich habe mich immer für die Menschen interessiert, wollte, dass die Gäste in meinen Sendungen gut wegkommen, egal, ob prominente oder einfache Leute“, bilanzierte Schautzer in einem Interview nach seiner langen Fernsehkarriere.
So hegte der Moderator Aufnahmewut und Voyeurismus des Publikums ein, verlieh ihnen den Rahmen des Menschlich-Allzumenschlichen, und zögerte die drohende Fragmentarisierung des Medienkonsums noch um ein paar Jahre, vielleicht waren es auch nur Monate, hinaus. Kein Wunder, dass man ihn anstaltsintern bewundernd als den „Feuerwehrmann der ARD“ bezeichnete: Max Schautzer war die lebende Brandmauer des gesellschaftlichen Konsensfernsehens. Wo die Hitzigkeiten überhandzunehmen drohten, domestizierte Schautzer die züngelnden Flammen und schichtete sie zum medialen Lagerfeuer um.
Das Fernsehen hatte Max Schautzer von Hans Rosenthal und Werner Höfer kennengelernt
Das Fernsehen, so wie Schautzer es von seinen Förderern Hans Rosenthal und Werner Höfer kennengelernt hatte, war ein Ort des sozialen Ausgleichs, ein „kühles Medium“, in der Definition McLuhans, von eher geringem Informationsgehalt, aber dafür umso inklusiver. Das galt für alle Formate, die Schautzer präsentierte und zum Teil auch mit konzipiert hatte: das Quiz „Alles oder nichts“ oder die hausbackene Unterhaltungsshow „ARD-Wunschkonzert“, durch die er zusammen mit Dagmar Berghoff führte. In der durften Berufsgruppen und Hobbyisten – Müllkutscher, Drachenbauer, Squaredancer oder Krabbenfischer – ihre musikalischen Wunschtitel in berufs- oder vereinstypischer Tracht selbst präsentieren.
In „Allein gegen alle“, von Hans Rosenthal lange Jahre im ARD-Hörfunk moderiert, vermittelte Schautzer zwischen einem Fragesteller und einer ganzen Stadt, die sich – analoge Frühform digitaler Schwarmintelligenz – bemühte, dessen Fragen innerhalb eines Zeitlimits zu beantworten. Da war das Band zwischen dem fragenden Einzelnen und der breiten Masse noch nicht durchschnitten.
Schautzer bemühte sich nach seiner ARD-Karriere vergeblich darum, einen Fernsehsender für „Menschen in der zweiten Lebenshälfte“ zu gründen, dabei befand sich doch das Fernsehen an sich längst in seiner zweiten Lebenshälfte. Er spielte dann lieber Boulevardtheater für seine mit gealterten Fans. Er sei „wohl ein Relikt von gestern“, kommentierte der Moderator nicht ohne Bitterkeit. Das war er, aber ein wehmütig vermisstes. Aus einer Zeit, als das Leben noch kein Horrorfilm war. Am Mittwoch ist Max Schautzer mit 84 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Köln gestorben.