Walter Hanel kommentierte das Zeitgeschehen mit spitzer Zeichenfeder. Jetzt ist der Karikaturist im Alter von 93 Jahren gestorben.
Zum Tod von Walter HanelEin großer Karikaturist mit fast seherischen Fähigkeiten
Über Jahrzehnte war diese Zeitung ohne Walter Hanel nicht denkbar. Andersherum war es ebenso. Am 14. Mai 1971 begann der große Zeichner und Karikaturist beim „Kölner Stadt-Anzeiger“, der in einer Stadt gedruckt wurde, deren Kultur- und Intellektuellenszene damals brodelte. Nun ist er im hohen Alter gestorben.
Schnell machte der Meisterschüler der berühmten „Kölner Werkschule“ sich national und international einen Namen, arbeitete für Titel wie „FAZ“, „Spiegel“, „Zeit“, „Herald Tribune“, „Le Monde“ und viele mehr. Doch stets hielt er dieser Zeitung, seiner Redaktion und vor allem deren Lesern die Treue.
Hanel arbeitete für internationale Titel, hielt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ aber stets die Treue
Ob große, auch internationale Ausstellungen, Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse oder die Ehrenbürgerwürde der Stadt Bergisch Gladbach – Ruhm und Ansehen veränderten diesen unprätentiösen Menschen nicht. Dafür wuchs der Respekt derer, die mit ihm zusammenarbeiteten. Es waren die großen Jahre der gedruckten Medien, der pointierten Kommentare, gerade auch mit feiner Feder, wie Hanel sie pflegte.
Erst 2018, mit 88 Jahren, befand Walter Hanel, es sei Zeit aufzuhören, dieser immer ein wenig melancholische Mensch, der als Kind und Flüchtling den Luftangriff auf Dresden überlebt hatte. Vielleicht hatte er auch genug davon, mit scharfem Strich die Zeit und deren Umstände aufzuspießen. Denn die Übel blieben, sie veränderten nur ihre Gestalt.
Vor gut zwei Jahren konnte man noch einmal die fast seherischen Fähigkeiten Walter Hanels in einer Retrospektive bestaunen. Bereits vor Jahrzehnten nahm er die Ampelkoalition und andere Konstellationen zeichnerisch vorweg, indem er zum Beispiel Willy Brandt als Prinzessin versonnen einen grünen Frosch streicheln ließ, beobachtet von der FDP im Hintergrund.
Seine jüngsten Werke kamen zwar nicht ohne die für ihn typischen Raben aus, die für das Dunkle und Abgründige standen. Aber nun malte er, der sich vornehmlich durch den Zeichenstift ausdrückte, auch Herzen. Sein Strich war zittrig geworden und seine Gedanken wollten sich nicht immer ordnen. Doch als über ihn, sein Werk und die Jahre seines Wirkens in der Eröffnungsrede gesprochen wurde, blickte Walter Hanel seine Gäste versonnen und glücklich an.
Vergangenen Sonntag ist dieser große Mann mit 93 Jahren friedlich eingeschlafen, wie seine Tochter mitteilt, die bei ihm war.