Leser schildern, welche Bedeutung die Kölner Kaufhof- und Karstadt-Filialen für ihr Berufs- und Privatleben hatten und noch haben.
LeserbriefeKaufhaussterben weckt Erinnerungen an vergangene Größe
Glückliche Zeit in der „Kaufhof-Familie“
In den 50er Jahren hatte mir die Dekozentrale des Kölner Kaufhofs die Möglichkeit gegeben, ein Schüler-Praktikum in den Kreativabteilungen ihres Hauses in Köln zu machen. Daraus wurde eine Lehr-Ausbildung von mehreren Jahren zum Maler und Grafiker. Während meine Mitschüler an den Nachmittagen nach den Hausaufgaben ihren Freizeitvergnügungen nachgingen, packte ich mein Reißbrett mit Reißschiene auf den Fahrradgepäckträger und eilte von Klettenberg zum Kaufhof, Ecke Schildergasse und Hohe Straße, dann hoch ins letzte Stockwerk, wo ich auf eine unvorstellbar freundliche und kompetente „Kaufhoffamilie“ aus kreativen Grafikern, Plakatmalern, Schriftenmalern, Dekorateuren, Plastiker, Architekten, Kunstmalern und Werbekonzeptionern traf.
Diese Abteilung, die die innen- und außenfachwerblichen Gestaltungen für alle bundesweiten Kaufhof-Filialen entwarf, im Haus in Köln anfertigte und anschließend für die Dekorateure per Foto-Diapositiv versandte, stand damals unter Leitung eines besonderen, häufig ausgezeichneten Künstlers mit Namen Schliephacke. Obwohl mein Kaufhof-Engagement als Anfänger über vier Jahre meine gesamte außerschulische Freizeit ausfüllte, hatte ich nie ein Gefühl der Belastung. Ich zähle diese Zeit in der „Kaufhof-Familie“ zu den besten Zeiten meines Lebens. Nicht zuletzt war meine künstlerische Kaufhof-Zeit auch eine herausragende Motivation, vor 33 Jahren die Rhein-Sieg-Akademie für Kunst und Design und 2011 das Kunstkolleg mit der kreativen Gesamtschule und dem Gymnasium zu gründen und bis heute zu betreiben.
Ein besonderes Erlebnis waren die Entwürfe und Gestaltungen großformatiger, sehr plastischer, perspektivisch angelegter Blickfänge von historischen Kölner Straßen und Plätzen für die vielen Schaufenster des Kaufhofs zu Weihnachten. Überhaupt waren die weihnachtlichen Dekorationen in den Schaufenstern, im Laden und im Lichthof des Kaufhofs außergewöhnliche künstlerisch-attraktive Höhepunkte für Köln und darüber hinaus, und dann eben auch dominante Anziehungspunkte für den Kölner Einzelhandel und sein Weihnachtsgeschäft. Mit dem Abgesang der Kaufhof-Filialen verlieren unsere Städte einen herausragenden und wichtigen Teil der über 100 Jahre alten unverzichtbaren Stadtkultur und des ansässigen Einzelhandels.Heinz Lingen Hennef
Kaufhof-Aus in Siegburg reißt Lücke
Danke, Peter Berger, für diesen Liebesbrief an Karstadt! Auch wenn ich das Meiste regional im Umkreis von zehn Kilometern bekomme, musste ab und an der Kaufhof in Siegburg sein. Ohne den müssen Einkäufe nun warten, bis ich alle Vierteljahr nach Bonn fahre. Sabine Hubrig-Schaumburg Hennef
Kaufhaus-Erinnerung: „Feinkost vom Besten und Feinsten“
Der wunderbare Beitrag von Peter Berger berührt einen beträchtlichen Teil meines Privat-, vor allem aber meines Arbeitslebens. Ich bin 85 und von Kindesbeinen an, mindestens seit der Währungsreform 1948, ist mir der Kaufhof ein Begriff. Wenn wir etwas brauchten, an Kleidung oder für den Haushalt, gingen wir zuerst zum Kaufhof in der Hohe Straße.
1956 stieg ich in die Süßwaren-Handelsvertretung meines Onkels ein. Bald darauf wurde das ehemalige Kaufhaus Carl Peters in der Breite Straße zu Karstadt umgebaut, neu für Köln. 47 Jahre, bis 2003, habe ich die späteren Galeria-Häuser Kaufhof und Karstadt als freier Handelsvertreter mit Marken-Süßwaren beliefert.
Und was waren das für großartig geführte Spezialsüßwaren- und Lebensmittelabteilungen und was für ein geschultes Fachpersonal! Feinkost wirklich vom Besten und Feinsten. Es war eine Freude, mit solchen Häusern arbeiten zu dürfen, und sie zählten zu meinen besten Kunden. Ich habe die großen Häuser in Köln und Bonn beliefert, aber auch den kleineren Kaufhof Köln-Nippes, den Peter Berger anspricht. Werner Löwenstein Köln
Trauer über ungewisse Zukunft der Kölner Karstadt-Filiale
Dem empathischen Artikel von Peter Berger kann ich mich aus ganzem Herzen anschließen. Ich kenne das Kaufhaus noch aus meiner Kindheit als Kaufhaus Peters, bevor es dann 1960 zu Karstadt wurde. Da ich drei Minuten entfernt wohne, ist der Karstadt für mich seit 33 Jahren quasi mein „Privatkaufhaus“.
Ich habe den langsam schleichenden Verfall mitbekommen. Wer kennt noch die Passage, die von der Breite Straße zur Zeppelinstraße ging und das Kaufhaus im Erdgeschoss in zwei Teile trennte, mit einer großen Möbelabteilung im westlichen Teil? Die verschwand wegen der Möbelmärkte, die rund um Köln aus dem Boden schossen. Es blieb eine riesige Teppichabteilung, die auch irgendwann verschwand. Dann versuchte es die Konzernzentrale in Essen mit Edelmöbeln vom Designer Arthur McMillan. Auch dieses Experiment ging schief.
Das Ende der Lebensmittelabteilung zeichnete sich schon seit Jahren ab, und nun ist ein chinesischer Lebensmittelhändler im Untergeschoss. Im Gespräch mit Angestellten spüre ich die tiefe Traurigkeit, mit der sie in die Zukunft blicken. Viele, die vom Lehrling bis zum Angestellten der Firma treu blieben, werden keine Anstellung mehr bekommen, und alle diese Leute haben tiefen Respekt verdient. Die Innenstadt befindet sich im Niedergang, ich empfehle einen Gang über die Hohe Straße. Da überkommt einen das Grauen. Wilfried Schade Köln
Lob auf das Kaufhaus-Konzept
Ich wohne in Rodenkirchen und kann alles im Internet bestellen, wenn ich es recherchiert habe. Aber ich kaufe gern erst dann, wenn ich mir etwas angeschaut oder sogar angefasst habe. Außerdem schicke ich nicht gern etwas hin und her, den Verpackungsmüll lehne ich auch ab und die Straßenverstopfung durch die Kleintransporter der vielen Lieferdienste muss nicht sein. Ich sitze auch nicht gern stundenlang am Laptop.
Also setze ich mich in die Straßenbahn und fahre in die Kölner City. Soll ich mehrere Läden abklappern, hin- und herlaufen? Nein, das muss nicht sein – zum Glück haben wir Galeria Kaufhof. Angenehmerweise ist es nicht überfüllt, aber auch nicht leer. Per Wegweiser gelange ich in die gewünschten Abteilungen und erlebe eine große Auswahl. In der Damenabteilung betreut mich eine entspannte, freundliche und fachkundige Dame, man kann sich zum Glück in geräumigen Kabinen umziehen, was ja heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
In der Sportabteilung kümmert sich ein netter Herr um mich und kann mir direkt die gewünschten Stirnbänder mit LED-Leuchten übergeben. Ähnlich erfreulich verläuft es in der Dessous-Abteilung. Der Knüller ist das Restaurant, für das ich sogar Prozente bekomme: Leckerste Speisen, gesunde Fruchtsaftgetränke, deliziöse Kuchen, ich bin sehr zufrieden! Frisch gestärkt finde ich im Erdgeschoss sowohl Strümpfe, die mir zusagen, als auch die gesuchten Schreibwaren, und im Tiefgeschoss in der Lebensmittelabteilung finde ich den besonderen Tee, den ich so mag. Leider ist es ansonsten kein Feinschmecker-Paradies mehr wie früher.
Insgesamt bin ich hochzufrieden – ich habe alles bekommen, was ich gesucht habe – in einem Haus, wie angenehm! Hoffentlich bleibt uns Galeria Kaufhof noch lange erhalten! Gudrun Steinmeyer Köln
Kaufverhalten mitverantwortlich für Kaufhaussterben
Ich bin verwundert, dass so viele Menschen sich über die Schließung von Galeria-Kaufhof-Filialen aufregen. Sie haben es doch durch ihr Kaufverhalten mit verursacht. Wenn die Menschen ins Geschäft gehen, um sich dort beraten zu lassen und anschließend im Internet kaufen, darf sich niemand wundern, dass diese Geschäfte nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Alle, die jetzt Krokodilstränen verdrücken, sollten sich mal selbst hinterfragen. Allerdings haben unsere Warenhaus- und Einzelhandelsgeschäfte zu spät erkannt, welche Konkurrenz Amazon und Co. für sie sind. Beide Entwicklungen zusammen in Verbindung mit der Pandemie beschleunigen nun eine Entwicklung, gegen die kaum noch zu steuern sein wird. Dr. Winfried Kösters Bergheim
Kaufhaussterben: Sind Management-Fehler verantwortlich?
Galeria Kaufhof Karstadt schließt 52 Warenhäuser? Das ist keine Überraschung, denn dem Steuerzahler ist wohl kaum weiter zuzumuten, weitere Millionen in ein „sinkendes Schiff“ zu investieren. Weitere Verluste zeichnen sich ebenfalls deutlich am Horizont ab: der Wegfall von Tausenden von Arbeitsplätzen, sinkende Attraktivität oder gar Verödung von Innenstädten, ein stark vermindertes Warenangebot an vielen kleineren Standorten, durch Lieferfahrzeuge verstopfte Straßen, sinkende Steuereinnahmen.
Als Gründe gibt man, neben Pandemie und Energiepreiserhöhungen, den Verbrauchern die Schuld, weil sie immer mehr Einkäufe im Internet tätigen und dort dem einst lautstark propagierten Ruf „Geiz ist geil“ folgen. Aber war das nicht genau das, worauf vorausschauende Manager sich hätten einstellen müssen? Die Pandemie und die unbegrenzt kostenlosen Rücksendungen beim Onlinehandel gaben dieser Entwicklung lediglich neuen Schub. Was wird aus den Kunden, die eine Beratung benötigen oder den direkten Kontakt beim Einkauf suchen, also vielen älteren Kunden?
Im Artikel lese ich nichts von Managementfehlern, die aus meiner Sicht schon lange vorher begangen wurden. Mich beschleicht die bange Frage, ob nun auch viele Einzelhändler ihre Existenzgrundlage verlieren, weil auch dort die Kunden in Zukunft wegbleiben: Die Vereinzelung des Menschen in der postmodernen Stadt wird so weiter vorangetrieben, dabei bräuchten wir dringend Begegnungen im sozialen Raum und etwas, das die Menschen zusammenführt. Margret Schmitz Pulheim