Boomer schildern, welche Unterschiede zwischen den Generationen sie wahrnehmen und wie sie mit Schuldzuweisungen der Jüngeren umgehen.
Leserbriefe zum GenerationenkonfliktPolarisierung löst keine Probleme
Boomer-Bashing unangebracht
Herr Bos betreibt Boomer-Bashing at its best! Das fängt schon mit diesen unsäglichen Neusprech-Etiketten auf den Generatinonsschubkästen an: Babyboomer, Millennials, Zoomer, Generation X, Generation Z. Die „Generation Golf“ habe ich allerdings schmerzlich vermisst. Doch zur Sache: Weitaus nicht jeder Boomer hat ein Eigenheim, welches er nach dem unvermeidlichen Ableben an die Generation X, Millennials oder Nachfolgende vererben wird. Wenn diese dann doch lieber ins Tiny House ziehen wollen oder müssen, sind nicht die Boomer daran schuld!
Die bösen Boomer haben maßgeblich zum heutigen Wohlstand und zu mancher sozialen Errungenschaft beigetragen, wie Frau Lehnen ausführt. Die Elterngeneration eben dieser Boomer und die davor haben es geschafft, den jeweils Nachfolgenden in zwei Weltkriegen ein vollkommen zerstörtes und moralisch völlig verrohtes Land zu hinterlassen – dagegen halte ich den Schrei nach (Nicht-) Befriedigung auf Stones-Konzerten für vernachlässigbar.
Dass wir noch so viele sind, wird sich im Laufe der Zeit von selbst erledigen. Versprochen. Dann ist wieder mehr Platz für die anderen – die dann hoffentlich nicht so penetrant im Wege stehen werden wie die Boomer. Einen Generationenkonflikt auf Steinzeit-Niveau vom Zaun zu brechen, halte ich für nicht gerade hilfreich. Es sollte doch, gerade in einer Zeit der Unsicherheiten und Kriege in Europa, eher um einen generationsübergreifenden, gesellschaftlichen Konsens gehen, als um unsinnige Polarisierung! Das löst kein Problem. Peter Probst Leverkusen
„Ich bin ein Boomer – und will nicht nerven“
Ich bin ein Boomer – und ich kann nix dafür. Letzten Samstag beim Frühstück blätterte ich Brötchen kauend in der Zeitung und stolperte über den „Streit der Woche“. Große Überschrift: „Trifft die Boomer alle Schuld?“ Der Pro-Vertreter beendete seine Aussage mit der Aufforderung: „Es reicht, Boomer. Gebt uns Platz zum Atmen.“ Mir blieb erstmal das Brötchen im Halse stecken, ich bekam einen fürchterlichen Hustenanfall und Tränen standen in meinen Augen.
Seitdem bekomme ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich in den Spiegel schaue und mir tatsächlich ein älterer Herr entgegenblickt und mir leise zuflüstert: „Na Boomer, wen hast du denn heute schon erdrückt?“ „Ich bin 1960 geboren und ich kann nix dafür“, versuche ich mich dann zu beruhigen. Ich wohne in einem Eigenheim, wovon die meisten Millennials nur träumen können. Und schon wieder schlägt mein schlechtes Gewissen. Ich beruhige mich dann aber damit, dass ich keinen Pool und keinen Porsche besitze.
Ich frage mich, was ich denn jetzt machen soll? Freiwillig aus dem Leben scheiden und Platz machen für die spätere Generation? Nein, da bin ich dann doch zu egoistisch. Das wäre eine Veränderung in meinem Leben, die ich jetzt doch nicht so einfach akzeptieren möchte. Aber eigentlich verstehe ich diese ganze Diskussion nicht. Nur mal eine kleine Episode aus meinem Leben. Als Boomer werde ich immer wieder verpflichtet, bei diversen Partys Musik aufzulegen. Das mache ich gerne und ausdauernd.
Es kamen dann doch mal Beschwerden auf, ich solle auch an die Jüngeren denken. Ich war erschrocken und prüfte meine Playlist auf Oldies und Hitparaden-Musik. Es war kein einziger Schlager dabei. Eine junge Kollegin drückte mir einen Zettel in die Hand. Erstaunt fanden sich dort folgende Wünsche: „Daddy Cool“ von Boney M., „Blue“ von Eiffel 65, „Insomnia“ von Faithless. Mit solchen Wünschen von einer Vertreterin der Generation Z hatte ich nicht gerechnet.
Und „Satisfaction“ stand auch nicht auf meiner Playlist. Es ist dann doch noch eine schöne Party geworden. Das beruhigt mich dann wieder. Denn das Letzte, was ich will, ist nerven. Und dann auch noch als Boomer. Da nerve ich lieber auf anderer Ebene. Dirk Trapphagen Leverkusen
Jede Generation muss sich eigenen Herausforderungen stellen
Ich möchte mich hiermit gefühlt 1000-mal im Namen aller unserer Eltern dafür entschuldigen, dass sie uns in die Welt gesetzt haben, und das, ohne die Nachgeborenen zuvor zu fragen. Auch wir mussten mit dem Schlamassel leben – zu wenig Kindergärten, Schulen, Unis und Ausbildungsplätze. Auch uns haben sie übrigens nicht danach gefragt, ob wir das wollen. Aber was will man machen – jetzt sind wir ja nun mal da.
Und damit müsst Ihr Euch dann eben auch abfinden. Es fragt Euch übrigens auch niemand, was Ihr mit all den künftig geerbten Porsche 911 und Eigenheimen mit Privatpool anzustellen gedenkt. Vielleicht solltet Ihr Euch abseits aller Neid-Debatten mit den künftigen Herausforderungen Eurer Generation befassen.Marion Leitzen Zülpich
„Hört endlich auf zu meckern und tut etwas!“
Christian Bos, mit 54 Jahren der Generation X zugehörig, meint: „Es reicht, Boomer. Gebt uns Platz zum Atmen.“ Zu denen mit Platznot gehören auch die Kinder der Generation X, die Millennials und die Zoomer. Ich kann dazu nur sagen: Dann müsst ihr endlich anfangen, euch den Platz zu erarbeiten! Mit stundenlangem „Flitschen“ auf dem Smartphone, Genuss von teurem Fast Food, mehrmals im Jahr in den Urlaub fahren, jeder Menge unnötigem Konsum und hohen Ansprüchen sorgt ihr selber dafür, dass euer Platz zum Atmen immer kleiner wird.
Für in der Nachkriegszeit geborene Kinder gab es lange keinen Urlaub mit der Familie und schon mal gar keinen Flug in den Urlaub. Mit zwei weiteren Geschwistern mussten wir uns für die Fahrt zum Urlaubsort in einen Opel Rekord 1700 quetschen. „Besser schlecht gefahren, als gut gelaufen“ war die Ansage unseres Vaters. Heute muss es bei zwei Kindern ein SUV sein, damit die Kleinen sich bequem auf der Rückbank ausbreiten können.
Was mir Platz zum Atmen nimmt, sind die Unmengen an Lkws, die Pakete und Konsumgüter durch die Gegend fahren, die Luft verunreinigen und für Müllberge sorgen. Im Pakete hin- und herschicken sind die Angehörigen der Generation X, Millennials und Zoomer doch Spitzenreiter. Mein Tipp für Generation X und Millennials: Vergesst die Vier-Tage-Woche und die Work-Life-Balance! Anstelle dessen mindestens 50 Arbeitsstunden pro Woche. Bei dem Fachkräftemangel freuen sich die Arbeitgeber und ihr könnt jede Menge Geld verdienen und sparen. Vun nix kütt nix. Das war auch bei den Boomern so.
Dann klappt es vielleicht auch mit dem Hauskauf. Aber nicht mit 25, sondern viel später. Mein Tipp für die Zoomer: Für einen guten Schulabschluss sorgen. Ferienjob suchen. Arbeiten kann richtig viel Freude machen. Man muss es nur zulassen und sich nicht ablenken lassen. Aber am wichtigsten ist: Hört endlich alle auf zu meckern und zu jammern und tut etwas! Egal in welcher Sprache und ob mit Gendersternchen oder ohne. Anette Guilleaume Hürth
Generationenkonflikt: Anpassung an immer neue Gegebenheiten
Man sollte seinem Gegenüber nie, egal ob Boomer, Generation X, Y oder Z, den Respekt verweigern, ohne die zeitlichen Gegebenheiten der jeweiligen Generation mitzuberücksichtigen. Die Boomer wuchsen in einer Zeit auf, in der ihre Eltern durch Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau geprägt waren und Gefühle und Gedanken nicht geäußert wurden. Sie mussten sich ohne staatliche Unterstützung auf ihre Berufsmöglichkeiten konzentrieren, ihre Kinder ohne Ansprüche auf Kindergartenplätze und Vollverköstigung erziehen, Rücklagen für ihr Alter schaffen und gleichzeitig in vielen Fällen die Kosten für ihre Eltern übernehmen, meist parallel zu den Kosten für die Berufsausbildung der Kinder.
Die Generation X hatte schon alles, Urlaub zu jeder Ferienzeit, vollen Zugang zu allen Berufswegen, Bafög, offene Grenzen etc., nur eben nicht die volle Konzentration ihrer Eltern. Die Generation Y hatte noch mehr von allem, dazu noch die Aussicht und den Anspruch, die Boomer zu beerben, ohne einem Versorgungsauftrag folgen zu müssen. Dazu noch Wohngeld und bereits zu Berufsbeginn hoch dotierte Arbeitsverträge.
Die Generation Z kann diesen steilen Aufwärtstrend nicht mehr halten und stellt als Berufsanfänger mit Schrecken fest, dass man den Lebensstandard, den man bisher dank der vorherigen Generationen gehabt hat, mit dem selbst erarbeiteten Geld nur schwerlich erhalten kann. Da ein Mehr an Arbeit nicht diskutabel ist, werden eben neue Werte an die aktuelle Lebenssituation angepasst, was auch völlig normal erscheint. Elke Kamp-Kill Köln
Boomer: Altersweisheit statt jugendlichem Widerstandsgeist
Zur undifferenzierten und pauschalen Stellungnahme von Herrn Bos möchte ich gerne einige Anmerkungen vornehmen: Es tut mir wirklich leid, dass Sie sich von uns Boomern so „erdrückt“ fühlen. Nur leider wird sich dies kurzfristig nicht ändern lassen, da die Lebenserwartungen weiter steigen. Für Sie ist dies bestimmt kein Nachteil, da die Boomer wahrscheinlich die letzte Generation sind, die noch eine Tageszeitung beziehen und damit Ihren Arbeitsplatz sichern.
Auch die Ablehnung von Veränderungen unserer Generation kann ich nicht bestätigen. Es gibt einige Menschen in meinem Umfeld, die neue Herausforderungen annehmen und sich engagieren für Flüchtlinge, den Klimaschutz oder als Lesementoren, sich also aktuellen Themen zuwenden und sich damit auseinandersetzen. Die von Ihnen beschriebene Starrheit liegt wohl eher im Auge des Betrachters.
Allerdings laufen wir auch nicht jeder neuen Sau, die durchs Dorf getrieben wird, unkritisch hinterher. Das nennt man wohl Altersweisheit statt „jugendlichen Widerstandsgeist“. Auf dem Arbeitsmarkt werden wir uns allerdings innerhalb der kommenden fünf Jahre zunehmend zurückziehen und viel Raum schaffen für jüngere Menschen und auch Sie selbst.
Da erhalten Sie dann nochmal die Möglichkeit, sich neu zu entfalten, in dem Sie selber handwerken, vielleicht selber pflegen und eventuell sogar kleine Brötchen selber backen. Und wenn Sie den Mund dann nicht ganz so voll nehmen, haben Sie bestimmt ganz viel „Platz zum Atmen“. Marion Säckler Köln
Generationenkonflikte nur gemeinsam lösbar
Danke Frau Lehnen, für das Unentschieden und die Einsicht, dass auch die Boomer Nachhaltigkeit leben können! Gruß an den Vater von einer ebenfalls Eier-Liebenden, Baujahr '61. Herr Bos hingegen steckt anscheinend tatsächlich noch in der Pubertät. Zumindest legt das gestörte Verhältnis zur Elterngeneration das nahe.
Ich kann nichts dafür, in absehbarer Zeit zur zahlenmäßig erdrückenden Rentnermasse zu gehören! Ich habe nie wirklich radikal gegen etwas protestiert und halte, vermutlich altersbedingt, die Klebeaktionen auch für kontraproduktiv. Damals habe ich die ganz junge Technik der Informatik studiert, die Ihrer Generation jetzt das Leben in anderen Welten eröffnet. Aber ich werde definitiv rebellisch bei den unsäglichen braunen Nazipartei-Parolen. Und das ist auch gut so. Versuchen wir doch einfach gemeinsam, einen Weg zu finden aus der Sackgasse „jung“ und „alt“, gemeinsam, irgendwie.Sabine Hubrig-Schaumburg Hennef
Boomerwohlstand als Ergebnis von Leistungsorientierung und harter Arbeit
1941 geboren, zähle ich zwar nur am Rande zur Boomer-Generation, aber ich habe diese Zeit sehr intensiv miterlebt. Was Frau Lehnen als Angehörige der Generation X da aufgeschrieben hat, deckt sich überwiegend mit meinen Erfahrungen. Ich möchte aber einen wichtigen Punkt hinzufügen. Es gab in diesen Jahren eine Leistungsorientierung, die sich bei den folgenden Generationen stark abschwächte. Das relativ hohe Wohlstandsniveau ist nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde hart erarbeitet. Und Leute, die ihren Wohlstand protzig nach außen darstellen, sollte man auch nicht gleich als hedonistisch bezeichnen, das geht zu weit.
Besonders gefallen hat mir Frau Lehnens Schlusssatz, in dem sie feststellt, dass die aktuell agierende Generation über ein Maximum an Informationen und Erkenntnissen verfügt, was nicht nur zu einem stärkeren Umweltbewusstsein, sondern auch zu einem besseren Sozialverhalten führen sollte.Rüdiger Herkner Köln