Sonntagabend rollten geschmückte Traktoren durch Lindlar und Waldbröl, wir sprachen mit den Teilnehmern.
Lichterfahrten 2024Oberbergs Landwirte spenden einen Funken Hoffnung
Zwei Tage lang hat Landwirtin Jeanette Overhoff ihren Schlepper gewaschen, herausgeputzt und mit Lichtern geschmückt. Sonntagabend rolte ihr Gefährt mit in der Kolonne weiterer Traktoren: In Lindlar und Waldbröl hatten Bauern Lichterfahrten organisiert.
„Das war ganz schön viel Arbeit“, stellt die Happacher Landwirtin Overhoff fest. Eine Arbeit, für die sie aber gern Zeit abgezwackt hat zwischen Melken, Fütterung, Schreibtisch und Familie. „Die Lichterfahrten sind entstanden in der Coronazeit, als wir den Menschen, die eine schwere Zeit durchmachten, eine Freude bereiten wollten.
Und das ist immer noch der Grundgedanke, denn auch heute ist es für alle wieder eine schwierige Zeit.“ Weiter auch kritische TöneSo sieht es auch Maik Harrock, der sich mit seinem Schlepper einreiht in den Waldbröler Konvoi der blinkenden Trecker. „Alles wird teurer, Firmen sind insolvent, viele verlieren gerade ihren Arbeitsplatz, in Europa herrscht Krieg, und viele sind durch die Politik verunsichert. Da wollen wir, dass die Menschen am Straßenrand, und vor allem die Kinder mal auf andere Gedanken kommen für einen kurzen Moment ihre Sorgen vergessen.“
So lautet denn auch das Motto der Lichterfahrten am Sonntag in Waldbröl und Lindlar „ein Funken Hoffnung“. Aber auch die Schilder aus dem vergangenen Jahr sind wieder mit dabei: „Ohne Bauern geht es nicht“ oder „No farmer - no food.“ „Sicher“, sagt Harrock, „denn unsere Situation hat sich ja kaum verändert. Wir haben immer noch die selben massiven Probleme.“
Lichterfahrten in Waldbröl und Lindlar unter dem Motto „ein Funken Hoffnung“
Vor einem Jahr gingen viele Bauern gegen den Abbau von Subventionen für den Agrardiesel auf die Barrikaden. „Die wurde dann doch einfach so durchgewunken“, erinnert Landwirt David Höller, der in Lindlar einen Hof mit 85 Kühen und Nachzucht bewirtschaftet. „Viele haben damals nicht verstanden, warum es ausgerechnet für die Bauern diese Subventionen geben soll.
Aber: Ohne Zuschüsse müssten wir die Milch für 85 Cent pro Liter verkaufen, dann würde das Paket Butter für die Verbraucher fünf Euro kosten. Die Zuschüsse ermöglichen es, die Preise für Lebensmittel erschwinglich zu halten.“ 6000 bis 7000 Euro im Jahr fehlten seit dem Wegfall der Förderung für den Agrardiesel in ihrer Kasse, rechnet Jeanette Overhoff vor.
Zwar sei der Milchpreis leicht gestiegen. „Aber das liegt nur daran, dass es bedingt durch das rapide Höfesterben weniger Milch auf dem Markt gibt.“ Und der Wegfall von EU-Prämien machten den Milchbauern zu schaffen. „Wir haben hier ja deutlich mehr Auflagen als konkurrierende Nicht-EU-Länder.“ Da fehle dann der Ausgleich.
Die Demonstrationen? „Die waren gut für das Ansehen der Landwirte in der Bevölkerung“, resümiert David Höller. „Endlich macht mal einer was“, hätten viele gesagt, und auch dass sich Handwerker und Selbstständige angeschlossen haben, habe gut getan. Aber von Seiten der Politik sei es letzten Endes beim Schulterklopfen geblieben.
Und die damals so heftig kritisierte Bürokratie sei zum Teil sogar noch mehr geworden. Als aktuelle Beispiele nennt er neue Vorschriften für das Ausbringen von Gülle in 2025 für die Dokumentation von Antibiotika-Einsatz im Stall mit Meldung an eine Datenbank.
„Nur für einige gab es bürokratische Erleichterungen“, meint Jeanette Overhoff. „Manche Versprechen von Seiten der Politik wurden nicht erfüllt.“ Sie hat Verständnis für Kollegen, die – auch aus Enttäuschung über mangelnde Solidarität in der Bevölkerung – an den Lichterfahrten in diesem Jahr nicht teilnehmen oder sie sogar ganz abgesagt haben.
„Die Lichterfahrten setzen ein positives Zeichen“
„Es ist ja so, dass auch hier bei uns viele Leute immer noch lieber billig einkaufen und nicht die Landwirtschaft vor Ort zu unterstützen. Daran hat sich nichts geändert.“ Für sie überwiegt aber die Freude, wenn sie mit ihrem festlich leuchtenden Schlepper in der Dunkelheit unterwegs ist: „Es ist einfach toll, wenn ich am Straßenrand Kunden unserer Milchtankstelle entdecke und wenn Kinder mit strahlenden Augen winken.“
„Die Lichterfahrten setzen ein positives Zeichen“, findet auch David Höller, auch wenn er in diesem Jahr nicht mit dabei ist. „Wir Bauern sind ja nicht nur diejenigen, die andere mit dem Güllefass ärgern, sondern auch die, die gute Lebensmittel produzieren und auch mal ein festgefahrenes Auto aus dem Schnee ziehen.“
ür Maik Harrock steht in diesem Jahr angesichts vielfältiger Krisen die Politik eher im Hintergrund: „Wir zeigen mit unserm Funken Hoffnung, dass wir Bauern noch da sind und dass wir etwas Schönes machen.“