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Zu wenige Plätze im Offenen GanztagEltern und Träger in Meckenheim schlagen Alarm

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Für 56 Kinder fehlt nach den Sommerferien ein OGS-Betreuungsplatz in Meckenheim.

Meckenheim – Die Hängepartie um den Offenen Ganztag in Meckenheim geht weiter: 56 OGS-Plätze werden zu Beginn des Schuljahrs 2022/ 23 voraussichtlich fehlen, wenn die Stadt an der von ihr festgesetzten Obergrenze von rund 550 Kindern für alle Einrichtungen in ganz Meckenheim festhält. Betroffen sind nicht nur Neuanmeldungen, auch bestehenden Verträgen droht eine Kündigung.

Das bestätigte Jürgen Dierich von der Kinder- und Jugendbetreuung (KiJu) Meckenheim im Gespräch mit dieser Zeitung: „Für das kommende Schuljahr können wir keine weiteren Zusagen geben.“ Die KiJu ist einer von zwei OGS-Trägern und zeichnet für die Betreuung an vier städtischen Schulen und damit für die meisten Schüler – es sind aktuell etwas über 440 – verantwortlich. Träger der OGS-Betreuung an der Gemeinschaftsgrundschule Merl ist die Katholische Jugendagentur Bonn (KJA), der jedoch durch die Festlegung der Obergrenze keine Probleme entstehen. Insgesamt liegen beiden Trägern bisher 607 Anmeldungen für das Schuljahr 2022 vor.

Das sagen die Eltern:

Bereits im März 2021 hatten Eltern vor einer Ratssitzung gegen anstehende Haushaltsbeschlüsse demonstriert. „Beruf und Familie? In Meckenheim (k)ein Problem“ und „Kinder sind unsere Zukunft, lasst uns in die OGS investieren“, so lauteten nur einige der Slogans auf den Plakaten. Protestiert wurde gegen die festgelegte Finanzierung von 552 OGS-Kindern anstelle von 573, die das Angebot nutzten. Bürgermeister Holger Jung hatte damals darauf hingewiesen, dass die Betreuung für die nächsten zwei Jahre gesichert sei. Danach unterläge die Stadt keinem Haushaltssicherungskonzept mehr, so dass Platz für Spielraum auch für einen Ausbau des Betreuungsangebots bestehe.

Die Ausführungen des Verwaltungschefs sind bis heute für die Eltern von über 400 OGS-Kindern nicht nachvollziehbar. Sie fürchten um die zukünftige Betreuung sowohl der Erstklässler zum Schuljahr 2022 als auch der Kinder, die bereits die OGS besuchen. Außerdem würden zwei Erzieherstellen wegfallen, wenn die Anzahl der Plätze auf rund 550 reduziert werde, erklärt Ulrike Schmuck als OGS-Elternpflegschaftsvorsitzende der Katholischen Grundschule (KGS): „Aufgrund der aktuellen Anmeldezahlen an den Schulen und den entsprechenden Bedarfsanmeldungen für eine OGS-Betreuung wissen wir, dass bei Umsetzung der Obergrenze derzeit etwa 56 Kinder allein an den von der Kinder- und Jugendhilfe (KiJu) betreuten Offenen Ganztagsschulen keinen Platz bekämen.“

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Bereits im vergangenen Jahr machten Eltern auf den sich anbahnenden Engpass aufmerksam.

Seit mehr als zehn Monaten würden die Elternvertreter, die schon zwei Briefe an die Stadt geschrieben haben, vergeblich um ein Gespräch bitten, berichtet Schmuck. Eine von Holger Jung zugesicherte Gesprächsrunde habe bisher ebenfalls nicht stattgefunden. Die abweisende Haltung insbesondere des Bürgermeisters gebe nicht nur Anlass zu Frustration und Ärger, sondern schüre auch Besorgtheit und in Teilen sogar Angst, beschreibt Sprecherin Schmuck die elterlichen Gefühlslagen gegenüber dieser Zeitung: „Wir verstehen nicht, wieso die Stadt nicht mit uns sprechen will.“ Dabei sei die aktuelle Situation für die Eltern mehr als besorgniserregend, da „die Verweigerung eines Dialogs für viele eine sichere Planung von Familie und Beruf nicht zulässt“.

Nach eingehender Beschäftigung mit den Zahlen und Gesprächen mit der KiJu könnte nach Meinung der Eltern ein Versehen bei den Berechnungen vorliegen. Die Stadt habe möglicherweise nur die Zahlen eines OGS-Trägers, nämlich die der KiJu, in ihre Berechnungen miteinbezogen, wird vermutet.

Das sagt die Stadt:

Der Erste Beigeordnete Hans Dieter Wirtz versicherte, die Stadt Meckenheim erkenne die zunehmende Bedeutung der OGS-Betreuung an. Tatsächlich sei der Finanzierungsrahmen auf den Platzbedarf von 550 Plätzen ausgerichtet. Die Festlegung sei aufgrund der Schülerzahlentwicklung erfolgt und berücksichtigte auch die begrenzten räumlichen Ressourcen.

Im März 2021 sei für den Haushalt 2021/22 beschlossen worden, die Mittel für die OGS-Plätze für das Schuljahr 2021/22 auf 627.000 Euro für 2021 und 649.000 Euro für 2022 festzulegen, führt Wirtz aus. Diese Summe berücksichtige den vormals ermittelten Bedarf von rund 550 Plätzen. Dem Beschluss liege die angespannte Haushaltssituation der Stadt zugrunde, die bei den freiwilligen Leistungen nur begrenzt Spielräume lasse, so Wirtz: „Auch wenn der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab dem Schuljahr 2026 gesetzlich beschlossen ist, haben die Kommunen aktuell hier keine Handhabe, diese Aufgabe bereits unter die Pflichtaufgaben zu subsumieren, sie gelten als freiwillige Ausgaben.“

Die Zahl der im Dezember an allen Meckenheimer OGS-Standorten betreuten Kinder wird von Wirtz auf insgesamt 549 beziffert. Die festgelegte Grenze sei demnach derzeit noch nicht ganz ausgeschöpft, argumentiert der Erste Beigeordnete. Vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs in 2026 habe der Rat der Verwaltung bereits einen Auftrag zur Bedarfsermittlung erteilt. Hier sei eine externe Begleitung durch ein Fachbüro in der Vorbereitung, Elterngespräche seien ebenfalls geplant.

Das sagt die KiJu:

Im Moment seien die Kinder noch alle versorgt, sagt KiJu-Geschäftsführer Jürgen Dierich. Die Lage werde sich jedoch durch die von der Stadt festgesetzte Betreuungsobergrenze zum Schuljahr 2022 ändern: „Wenn alles so bleibt, müssen wir 56 Kinder ablehnen und neun Eltern muss der Betreuungsvertrag gekündigt werden.“ Dabei sei es organisatorisch überhaupt kein Problem, alle bisher angemeldeten Kinder aufzunehmen, betont er, genug Räume und Personal seien vorhanden.

Der Dienstleister hatte im vergangenen Jahr Schulleitungen und Eltern über den absehbaren Betreuungsengpass informiert, als der KiJu bereits im November schon sehr viel mehr Anmeldungen als bewilligte Plätze vorlagen. Nicht abgedeckt von der Finanzierung seien im laufenden Jahr die Monate August bis Dezember, so Dierich. Der zur Sicherung einer durchgängigen Betreuung notwendige kommunale Eigenanteil von 13.000 Euro ist nach Auffassung des Trägervertreters ein „überschaubarer Betrag“. Es sei im Grunde „nicht einzusehen“, wieso die KiJu deswegen Anmeldungen ablehnen müsse.

Aus den politischen Gremien:

Zur weiteren Sicherstellung der Ganztagsbetreuung hatten die Sozialdemokraten in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im vergangenen März zur Gegenfinanzierung die im Haushaltsentwurf eingestellten 25.000 Euro für Graffiti-Entfernung im Stadtgebiet vorgeschlagen. Der Antrag war damals mit fünf Ja-Stimmen zu neun Nein-Stimmen abgelehnt worden. Unterstützung war von UWG und FDP gekommen, CDU und BfM stimmten dagegen.

In der Junisitzung des Ausschusses für Schule, Sport und Kultur waren sich die Fraktionen einig, dass weiterhin allen Kindern mit Betreuungsbedarf ein Platz in einer Offenen Ganztagsschule (OGS) angeboten werden soll. Einstimmig wurde ein gemeinsamer Antrag von CDU und Bündnisgrünen verabschiedet, nach dem ein zukunftsfähiges Konzept zur Entwicklung der künftigen Ganztagsangebote in den Grundschulen der Stadt Meckenheim erarbeitet werden soll. Im Hinblick auf den ab dem Jahr 2025 bestehenden Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz sollte außerdem geprüft werden, wie die Anzahl der Betreuungsplätze bereits im nächsten Doppelhaushalt 2023/24 bedarfsgerecht ausgebaut werden kann.