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Überraschende WendungAsylbewerber rastet immer wieder aus – in Bonn vor Gericht

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Das Landgericht in Bonn

Meckenheim/Bonn – Immer wieder Randale: Wenn der 28-jährige Mann ins Rathaus Meckenheim kam, gab es Krach, hagelte es Beleidigungen und Bedrohungen. Grund: Weil er seinen Pflichten als Asylbewerber nicht nachgekommen war, waren ihm die Leistungen um 50 Prozent, auf 175 Euro monatlich, gekürzt worden. Das wollte der Mann, der aus Gambia oder Senegal stammt und seit 2019 in einer Flüchtlingsunterkunft in Meckenheim wohnte, nicht verstehen und drang zwischen Dezember 2020 und Frühjahr 2021 beinahe täglich ins Rathaus ein und forderte Geld.

Dabei beleidigte er die für ihn zuständige Mitarbeiterin, schlug um sich und traf in seiner Rage einmal einen Angestellten des Ordnungsamts am Unterkiefer. Im März vergangenen Jahres hatte er ein Messer in der Hand und drohte einem Bediensteten, er werde ihn töten („I kill you“) und lief dann weg.

Angeklagter beleidigte und bedrängte Geflüchteten mit Behinderungen

Hinzu kamen eine Schwarzfahrt sowie sieben Diebstähle in Meckenheimer Supermärkten, wo er Kleinigkeiten von geringem Wert klaute, mal ein Pflegemittel für 1,78 Euro, mal Margarine für 3,63 Euro. Der Täter wurde jedes Mal erwischt, die Beute gab er zurück.

Auch in seiner Unterkunft war man vor der Wut des 28-Jährigen nicht sicher, er bekam Hausverbot, hielt sich aber nicht daran, kehrte einfach zurück und attackierte dabei einen Mitbewohner. Besonders übel spielte der Afrikaner einem behinderten Flüchtling mit, der mit seinem Rollator über die Brücke zum Neuen Markt ging, um dort einzukaufen. Der junge Mann verfolgte ihn, bewarf ihn mit Papierkugeln und sagte, er werde ihm mit einer Nagelfeile die Augen auszustechen, wenn er ihn weiter ansehe. Als der Behinderte sich nicht provozieren ließ, bespuckte ihn der Andere mit Essensresten. Unter dieser Beleidigung hat der Betroffene lange gelitten und sich nicht aus seiner Wohnung getraut.

Nach einer Flut von Anzeigen wurde der abgelehnte Asylbewerber vor dem Amtsgericht Euskirchen angeklagt, wo ihm am 3. Januar dieses Jahres der Haftbefehl verkündet wurde. Darüber rastete der Angeklagte derart aus, dass der Richter einen Arzt hinzuzog, der prüfen sollte, ob der 28-Jährige in eine psychiatrische Klinik geschickt werden muss.

So kam der Fall ans Landgericht Bonn, denn nur dort kann über eine solche freiheitsentziehende Maßnahme entschieden werden. Die 1. Große Strafkammer hob den Haftbefehl auf und ließ den Angeklagten am 25. April vorläufig in der Landesklinik Essen unterbringen. Jetzt hatte das Gericht darüber zu befinden, ob daraus eine dauerhafte Einweisung wird.

Die Verhandlung nahm am Donnerstagabend ein überraschendes Ende. Denn ein Sachverständiger erklärte, der Mann leide an einer Persönlichkeitsstörung, könne mit Frustrationen nicht umgehen und raste deshalb schnell aus. Das aber war für die Kammer kein Grund, den Afrikaner in der geschlossenen Anstalt zu lassen. Er wurde wegen 16 Straftaten zu einer milden Geldstrafe von 800 Euro verurteilt; darüber hinaus wird er für die halbjährige Haft- und Klinikzeit mit 75 Euro pro Tag entschädigt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung nahmen das Urteil an.

Die Kammervorsitzende Stefanie Johann to Settel hatte für den nun freien Mann eine weitere gute Nachricht bereit: Die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Meckenheim, die er schwer beleidigt hatte, habe ihm verziehen. Er dürfe in das Flüchtlingsheim zurückkehren. Sein Asylverfahr ist indes weiter offen.