In London entscheidet ein Gericht über die Auslieferung von Julian Assange. Der Umgang mit dem Australier widerspricht elementaren Menschenrechten.
Fall AssangeDer Westen verletzt seine eigenen Standards
Für Julian Assange geht es jetzt endgültig ums Ganze seiner Existenz. Ein Gericht in London entscheidet darüber, ob der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks an die USA ausgeliefert wird. Tritt der Fall ein, muss er mit einer Verurteilung von bis zu 175 Jahren Haft rechnen. Mit anderen Worten: Der gesundheitlich ohnehin bereits schwer angeschlagene Assange würde nie wieder die Freiheit atmen können.
Dass die USA den 52-jährigen Australier nicht als Helden betrachten, der Kriegsverbrechen enthüllte, sondern als einen, der durch die Veröffentlichung geheimer Dokumente die nationale Sicherheit und letztlich Menschenleben gefährdete, ist nachvollziehbar.
Nachvollziehbar ist ebenfalls, dass die Sicherheitsbehörden Wiederholungen vermeiden wollen. Assange, zwischenzeitlich auch mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert, ist im Übrigen selbst bei einstigen Mitstreitern umstritten. Er gilt als einer, der bei seiner Mission, die Welt retten zu wollen, irgendwann das rechte Maß verloren hat.
Der Umgang mit Assange erscheint dennoch unverhältnismäßig. Von 2012 bis 2019 musste sich der Mann in der Botschaft Ecuadors verstecken. Seitdem sitzt er im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh fest – die Auslieferung an die USA und damit lebenslange Haft vor Augen. Dort soll Assange beim Laufen in der kleinen Zelle schon zwei Paar Turnschuhe verschlissen haben.
Im Kern geht es zudem nicht um Assange allein. Wollen sich die aus vielerlei Gründen schwer unter Druck geratenen Demokratien des Westens gegen die weltweit erstarkenden Autokratien behaupten, dann müssen sie sich an ihre eigenen rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Standards halten. Im Umgang mit Julian Assange werden diese Standards im Ergebnis elementar verletzt.