Während Rechtspopulisten und manch Konservativer ätzen, sind Sportler und Organisatoren sehr zufrieden mit der „geilen Nummer“ von Paris.
Begeisterung nach Eröffnungsfeier„Wie will man so etwas noch toppen?“
Nach einer pompösen Eröffnungsfeier in Paris sind die Olympischen Spiele 2024 offiziell eröffnet. Trotz mitunter strömenden Regens erlebten Hunderttausende Zuschauer in der französischen Hauptstadt und Millionen an den TV-Geräten eine denkwürdige Zeremonie, die es in dieser Form noch nie gegeben hat. Das Lob für die mit Auftritten von Superstars wie Lady Gaga und Céline Dion gespickte Show ist groß. Kritik gibt es unterdessen aus rechtspopulistischen Kreisen.
Die Sportlerinnen und Sportler, die in den nächsten Wochen im Mittelpunkt stehen sollen, zeigten sich unterdessen angetan von der bombastischen Show in Paris. „Das war Wahnsinn. So ein Gefühl, mit so vielen Augen auf dich gerichtet“, sagte der deutsche Fahnenträger Dennis Schröder nach der Eröffnungszeremonie in Paris. Er habe sehr viele deutsche Flaggen gesehen, die Fans hätten viel Liebe gezeigt. Nun sei „Go-Time“, fügte der Basketballer an, der am Samstag direkt im Einsatz war. Alle deutschen Athleten hätten einen „geilen Tag“ gehabt, erklärte Schröder weiter.
Deutsche Fahnenträger begeistert von Eröffnungsfeier in Paris
Auch die Judo-Weltmeisterin Anna Maria Wagner, die ebenfalls die deutsche Fahne präsentieren durfte, fand lobende Worte für die denkwürdige Zeremonie. „Es war ein tolles Erlebnis. Es war schön, dass es für so viele Menschen zugänglich war und man von rechts und links die Menschen gesehen hat. Es war eine tolle Atmosphäre“, sagte Wagner.
Erstmals in der Geschichte fand die Eröffnungsfeier nicht in einem Stadion statt. Die Vertreter der Teams fuhren stattdessen verteilt auf 85 Boote einen sechs Kilometer langen Abschnitt auf der Seine bis zum Eiffelturm entlang. Garniert wurde die Zeremonie von vielen Verweisen auf die französische Geschichte und den olympischen Gedanken – und natürlich von Superlativen.
Lady Gaga und Céline Dion sorgen für Begeisterung
So sang zu Beginn Lady Gaga auf Französisch, ehe schließlich eine beeindruckende Lasershow den Eiffelturm in den Fokus rückte, bevor das Bauwerk wiederum für Céline Dion zur Bühne wurde. Die Kanadierin, die am Stiff-Person-Syndrom erkrankt ist, lieferte den ersten Auftritt seit vier Jahren – und stand dabei unter den olympischen Ringen auf dem Eiffelturm.
Auch für die TV-Sender wurde das Großereignis zum Hit: Die Live-Übertragung der Eröffnungsfeier knackte am Freitagabend die Zehn-Millionen-Marke. Durchschnittlich 10,103 Millionen sahen die vierstündige ARD-Sendung und sorgten nach Angaben der AGF Videoforschung für einen Marktanteil von 45,7 Prozent. Es war die mit Abstand erfolgreichste Sendung des Tages. Weitere 184.000 Zuschauer sahen die Eröffnungsfeier bei Eurosport.
„Wie will man so etwas noch toppen?“
Die Reaktionen der deutschen Sportwelt auf die Eröffnungsfeier fielen dementsprechend überschwänglich aus. „Für mich war es die größte, beste Show, die ich jemals gesehen habe“, sagte etwa ARD-Experte Felix Neureuther und fragte überwältigt: „Wie will man so etwas noch toppen?“ Mit seiner Begeisterung stand Neureuther nicht alleine da.
Handballer Kai Häfner, der die gigantische Party auf dem Fluss Seine mit seinem Team im Olympischen Dorf verfolgt hatte, sprach von „spektakulären“ Bildern. Für Ex-Zehnkämpfer Frank Busemann war es „eine geile Nummer“. Und Boxer Nelvie Tiafack schwärmte: „Die haben eine Riesenshow daraus gemacht, das war einfach genial.“ Turnerin Elisabeth Seitz konstatierte: „Das hat Spaß gemacht.“
Pariser Organisationskomitee: „Der Regen konnte uns nicht stoppen“
Dementsprechend herrscht Zufriedenheit auch beim Pariser Organisationskomitee und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC). „Jede Ausgabe bringt ihren Stein zum Gebäude, aber hier haben wir einen ganzen Berg mitgebracht“, sagte IOC-Exekutivdirektor Christophe Dubi am Samstag.
Tony Estanguet, Organisationschef der Spiele in Paris, äußerte große Genugtuung. „Es war ein starker, bewegender Moment – einzigartig für uns nach so vielen Jahren Vorbereitung. Der Regen konnte uns nicht stoppen“, sagte der dreimalige Kanuslalom-Olympiasieger: „Die Sicherheitsmaßnahmen waren enorm und wurden respektiert. Viele Leute haben in der Vergangenheit nicht geglaubt, dass diese Eröffnungsfeier auf der Seine stattfinden kann.“
Kritik an ARD-Kommentator und Dragqueens im Netz
Während bei Athleten und Organisatoren Begeisterung über die in dieser Form einmalige Eröffnungsfeier herrschte, kam in den sozialen Netzwerken jedoch auch Kritik auf. So störten sich einige Zuschauer daran, dass ARD-Moderator Tom Bartels mitunter in die musikalischen Darbietungen hinein geredet hatte.
Deutlich schriller vielen allerdings die Reaktionen aus rechtspopulistischen und mitunter auch konservativen Kreisen aus, die sich insbesondere den Elementen der Show widmete, bei der Dragqueens und andere Vertreterinnen und Vertreter der queeren Szene im Fokus standen. „Dachte, das sind die Olympischen Spiele und nicht der Pariser CSD“, kommentierte der verteidigungspolitische Sprecher der CSU, Florian Hahn, im sozialen Netzwerk X.
„12 Transen, 5 Minuten und das Abendland fällt“
Die Kritik blieb unterdessen nicht unerwidert: „Zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele wird in Drag getanzt und kleine freudlose konservative Knilche wittern schon den Untergang des Abendlands“, schrieb die Linken-Politikerin Ines Schwerdtner. „12 Transen, 5 Minuten und das Abendland fällt“, kommentierte derweil auch der Politikwissenschaftler Carlo Masala die Aufregung in rechten Kreisen süffisant.
Fehlerfrei blieb die Zeremonie übrigens nicht: So wurde die olympische Flagge zunächst falsch herum gehisst – und die Athleten aus Südkorea wurden vom IOC als Nordkoreaner vorgestellt. „Es ist zutiefst bedauerlich, wir entschuldigen uns aus tiefstem Herzen“, sagte IOC-Sprecher Mark Adams über den Vorfall bei der Eröffnungsparade. In einer vier Stunden währenden Show könne so etwas jedoch passieren, da vieles in Bewegung sei.
Italiener verliert Ehering bei Eröffnungsfeier in Paris
In Bewegung geriet während der Show unterdessen auch ein Ehering, nämlich der des italienischen Fahnenträgers Gianmarco Tamberi. Der 32 Jahre alte Hochspringer gehörte auf dem Boot der italienischen Delegation zu den Sportlern, die am wildesten feierten. In all dem Trubel und bei heftigem Regen rutschte jedoch sein Ehering vom Finger und fiel vom Boot ins Wasser, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Die Aussichten des Olympiasiegers von 2021, den Ring in der Seine wiederzufinden, sind praktisch null. Von seinen Team-Kollegen musste sich Tamberi daher einigen Spott anhören, bekam aber auch Trost. Einer der italienischen Wasserballer tröstete ihn: „Wenn du ein Gold verloren hast, findest du ein anderes.“ Tamberi entschuldigte sich unterdessen bei seiner Ehefrau – und gab sich dann ganz olympisch: „Möge es ein gutes Omen sein, mit einem größeren Gold nach Hause zurückzukehren.“ (mit dpa/sid)