AboAbonnieren

Giorgia Meloni meldet sich zu WortOlympia-Boxerin siegt nach nur 46 Sekunden – und sofort folgt die hitzige Debatte

Lesezeit 4 Minuten
Imane Khelif steht im Ring, vor ihr kniet Angela Carini. Der Kampf zwischen der Algerierin und der Italienerin sorgt für Wirbel.

Imane Khelif steht im Ring, vor ihr kniet Angela Carini. Der Kampf zwischen der Algerierin und der Italienerin sorgt für Wirbel.

Imane Khelif gewinnt ihren Kampf gegen die Italienerin Carini. Bei der Box-WM durfte sie wegen hoher Testosteronwerte nicht mitmachen.

Nach dem Wirbel um ihre Olympia-Zulassung hat die algerische Boxerin Imane Khelif ihr Achtelfinale bei den Sommerspielen nach nur 46 Sekunden gewonnen. Ihre italienische Gegnerin Angela Carini klagte nach wenigen Schlägen über Schmerzen in der Nase und gab auf. Den im Boxen üblichen Handschlag gab es nach dem Duell nicht.

Khelifs Teilnahme an den Spielen in Paris hatte wegen ihrer Disqualifikation bei der Weltmeisterschaft im Vorjahr für viel Aufsehen gesorgt. Damals hatte die 25-Jährige das Finale wegen erhöhter Werte des männlichen Sexualhormons Testosteron nicht bestreiten dürfen. In Paris darf sie hingegen um Medaillen kämpfen.

Wirbel um Olympia-Teilnahme von Imane Khelif

Trans, wie oftmals in den sozialen Netzwerken behauptet wurde, ist Khelif nicht. Sie wurde als Frau geboren. Die Boxerin hat bereits früher darüber gesprochen, dass sie in einem ländlichen Dorf aufgewachsen sei und ihr Vater ihr anfangs nicht erlaubt habe, Sport zu treiben, da „er Boxen für Mädchen nicht guthieß“.

Khelif sei „intersexuell“, könne also nicht eindeutig männlich oder weiblich eingeordnet werden, schrieb die italienische Sportzeitung „Gazzetta dello Sport“ sowie andere internationale Medien über Khelif. Von der Boxerin selbst und dem algerischen Olympischen Komitee gibt es dazu keine weiteren Stellungnahmen.

Starten darf Khelif bei Olympia, weil das IOC den zuständigen Boxverband IBA verbannt hat, deshalb gelten wie in anderen Sportarten üblich nicht die Verbandsregeln bei den Spielen von Paris.

Italienischer Trainer: „Dieser Kampf war unfair“

Carinis Trainer Emanuele Renzini sagte in einer ersten Reaktion: „Ich will nicht für das IOC urteilen und ich weiß, dass das Thema schwierig ist, aber dieser Kampf war unfair“. Das Internationale Olympische Komitee hatte Khelif für Paris zugelassen.

Nach der Bekanntgabe ihrer Niederlage sank die Italienerin im Ring weinend auf die Knie. TV-Bilder legten nahe, dass Carini nach dem Kampf „es ist nicht fair“ gemurmelt haben könnte. Auch Minuten später wurde sie während zahlreicher Interviews immer wieder von ihren Emotionen überwältigt.

Großer Druck auf italienische Boxerin Angela Carini

„Ich bin in den Ring gestiegen, um alles zu geben. Die Person, die vor mir steht, interessiert mich in dem Moment nicht. Die Schmerzen an der Nase waren zu stark. Ich konnte nicht mehr atmen“, berichtete Carini. Über Khelif wollte die Italienerin derweil nicht reden.

Wie groß der Druck auf Carini war, ließ derweil ihr Trainer durchblicken. „Angela hat Hunderte von Nachrichten erhalten, auch über die sozialen Medien, in denen sie aufgefordert wurde, zu ihrer Sicherheit nicht zu kämpfen und ein Zeichen des Protests zu setzen“, erklärte Emanuele Renzini. Darauf habe man aber verzichtet.

Die WM vor einem Jahr wurde vom Internationalen Box-Verband IBA organisiert, der vom IOC nicht mehr anerkannt ist. Auch die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting wurde nach dem Gewinn ihrer Bronzemedaille bei der WM nachträglich disqualifiziert, darf aber bei den Olympischen Spielen antreten.

IOC verteidigt Starterlaubnis für Khelif

IOC-Sprecher Mark Adams verteidigte die Zulassung der beiden Boxerinnen. „Es sind Menschen involviert, wir sprechen über das Leben von Menschen. Sie sind in Frauenwettbewerben angetreten, sie haben gegen Frauen gewonnen und sie haben gegen Frauen verloren über die Jahre“, sagte Adams.

Das algerische Olympische Komitee verurteilte die Kritik vieler Boxfans, die vor allem in den sozialen Medien auf Khelif hereinprasselte. „Diese auf Lügen basierenden Diffamierungsversuche sind völlig unfair, insbesondere in einem entscheidenden Moment, in dem sie sich auf die Olympischen Spiele, den Höhepunkt ihrer Karriere, vorbereitet“, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir stehen alle hinter dir, Imane. Die ganze Nation steht hinter dir und ist stolz auf deine Leistungen.“

Hitzige Debatte im Netz – Giorgia Meloni mischt sich ein

In den sozialen Netzwerken war zuvor eine hitzige Debatte um den Kampf entbrannt, an der sich auch „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling, die zuletzt immer wieder mit transfeindlichen Aussagen auffällt, beteiligt hatte. Rowling attackierte dabei Khelif persönlich und attestierte das „Grinsen eines Mannes“, der sich „am Leid einer Frau erfreut“. Die Autorin bekam dafür sowohl Zustimmung als auch Kritik zu hören.

Der Kampf beschäftigte schließlich auch die Politik. Italiens postfaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni prangerte am Donnerstag einen „ungleichen“ Kampf an: „Ich stimme nicht mit dem IOC überein. Ich denke, Athletinnen mit männlichen genetischen Merkmalen sollten nicht an Frauen-Wettbewerben teilnehmen dürfen. Nicht, weil wir jemanden diskriminieren wollen, sondern um das Recht der weiblichen Athleten zu schützen.“ Ganz ähnlich äußerten sich Italiens Vizepremier Matteo Salvini und Sportminister Andrea Abodi. (das/dpa/sid)