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Anhänger, Kontoauszüge, PuppeKölner Prominente erzählen vom Glück des Findens

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Haben das Glück des Findens erlebt: Witich Roßmann, Nora Gomringer, Susan Link und Hanns-Josef Ortheil.

Auf den ersten Fotos, die ich von ihr kenne, trägt sie ihn. Er ist einer kleinen, elegant gearbeiteten silbernen Hand nachgeformt, deren Handinnenfläche nach außen zeigt. Die Hand hält alle Finger bis auf den kleinen zur Faust geballt, während der Kleine eben diabolisch in die Höhe lugt.

Der Klenkes ist die schmuckgewordene Geste der Aachener untereinander. Mit erhobenem kleinem Finger grüßen sich die Bewohner der Kaiserstadt, und meine Mutter hatte diesen Anhänger als Talisman die Hälfte ihres Lebens um den Hals getragen. Jeder kennt den Klenkes an ihr, jeder hat sie einmal im Leben danach gefragt.

Auf dem Sterbebett trug sie ihn nicht

Er war kein Tchibo-artig-zartes Schmuckstück. Es ist eine veritable kleine Hand, die am Handgelenk in einer perfekt geformten kleinen Kugel endet. Wenn man heute „Klenkes“ googelt, sieht man diese Hand als Ergebnis der Bildsuche.

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Der Klenkes ist ein Gruß unter Aachenern.

Als meine Mutter auf ihrem Sterbebett lag und ich sie zum letzten Mal berühren, sie anziehen und in eine Decke einschlagen konnte, sah ich, dass sie ihn nicht trug. Tagelang suchte ich in der Wohnung, bat sogar den Heiligen Antonius um seinen Beistand. Im Bad, in einer kleinen Schale, fand ich schließlich zwei Ketten, die meine Mutter gerne und oft getragen hatte, und den Klenkes eben auch.

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Nora Gomringer freut sich über den Fund: Ein Kettenanhänger ihrer verstorbenen Mutter.

Ich wage es noch nicht, ihn anzulegen. Denn mich verbindet er eben nicht mit Aachen, sondern mit ihr. Aber manchmal sehe ich beim Vorbeigehen in einen Spiegel, hebe meine Hand zum Aachener Gruß und hoffe, sie kann mich dann sehen.

– Nora Gomringer, Schriftstellerin

Mir dem Kassettenrecorder Unterricht aufgezeichnet

In den frühen 60er Jahren freute ich mich über meinen ersten Kassettenrecorder. Auf so ein Gerät hatte ich gewartet. Leicht und handlich, wie er war, konnte ich ihn überallhin mitnehmen und unbeobachtet Aufnahmen machen: Geräuschkulissen von Straßen, Gespräche in Läden oder die Musik von Straßenmusikanten - ich war süchtig danach, die Klänge und Töne meiner Umgebung festzuhalten.

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Hanns-Josef Ortheil freut sich darüber, dass er seine alten Kassetten wiedergefunden hat.

Schließlich wagte ich es sogar, Szenen des täglichen Schulunterrichts heimlich aufzuzeichnen. Der Recorder steckte in meiner Schultasche, nur das Mikrofon schaute heraus, ich verdeckte es mit meinem rechten Arm und ließ das Band stundenlang laufen. Griechisch, Latein, Mathematik – ich speicherte die Schulstunden und hörte mir die ereignisarmen Sequenzen später so begeistert an, als enthielten sie rare Sensationen.

Stark rheinisch gefärbter Sopran

Vor kurzem suchte ich nach meinem alten Recorder und fand ihn zusammen mit unzähligen Kassetten in einer Depotkiste meines Archivs. Er funktionierte noch tadellos, so dass es mich reizte, einige Bänder mal wieder laufen zu lassen. Tauchte meine eigene Stimme etwa auch irgendwo auf?! Nach längerem Herumspulen hörte ich einen hohen Sopran, stark rheinisch und kölsch gefärbt!

Während einer Mathestunde dividierte, multiplizierte und subtrahierte er! Die Stimme zitterte, die Angst, einen Fehler zu machen, merkte man ihr deutlich an. Ein Lehrer begleitete sie im Basso continuo: Richtig, weiter, in Ordnung! Schließlich atmete der nervöse Knabe tief aus. Er stöhnte leise „geschafft!“ und beendete die Aufnahme. Ich schloss die Augen und sah ihn vor mir – den streng gezogenen Scheitel und die kurzen, dunkelblauen Hosen!

Ein Motivator, wenn ich mal durchhänge

Ich werde alle Kassetten aufbewahren. Sie bekommen ein eigenes Regal und werden chronologisch geordnet. Hänge ich mal durch, werden sie mich motivieren: Hey, das bin ich, vor mehr als fünfzig Jahren, als kreative Avantgarde des O-Ton-Hörspiels der 70er Jahre.

– Hanns-Josef Ortheil, Schriftsteller

Zu Weihnachten eine Puppe

Als Journalistin bin ich Suchen gewohnt: das Suchen nach Themen, das Suchen nach der Wahrheit oder auch nur der der besten Formulierung. Derzeit suche ich beruflich besonders gern nach guten Nachrichten für „Erzähl mir was Gutes“ – der Podcast, in dem sich der Comedian Markus Barth und ich uns Woche für Woche mit erfreulichen Geschichten aus aller Welt gegenseitig überraschen.

Wo ist eigentlich Manuela?

Weniger erfreulich sind Suchaktionen wie die vor einigen Wochen. Es war eines dieser wolkenverhangenen Wochenenden, als ich das Bücherregal in unserem Schlafzimmer nach Büchern zum Aussortieren durchkämmte, als mir plötzlich durch den Kopf schoss: Wo ist eigentlich Manuela? Meine geliebte Manuela!

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Susan Link hat ihre Puppe Manuela wiedergefunden.

Ich war zwei Jahre alt und lebte noch in Thüringen, als ich die Babypuppe on meiner Mutter zu Weihnachten geschenkt bekam. Manuela hatte blaue Augen; sie konnte weinen, wenn man sie kippte, und Manuela war viele Jahre lang mein liebstes Spielzeug. Am Anfang hatte sie nur einen Strampler an. Später kamen Hose und Strickjacke hinzu. Ich konnte Manuela waschen, mit dem Arztkoffer untersuchen, verbinden und heilen! Sogar eine Puppenwaschmaschine, Puppengeschirr und einen Puppenwagen hatte meine Mutter im Laufe der weiteren Jahre geschenkt.

Gefunden in der Kiste „Weihnachten“

Manuela hat mich mein Leben lang begleitet. Vom Osten in den Westen (1990). Von Wuppertal nach Essen und dann nach Köln. Vom Rathenauviertel in den Kölner Westen. Und jetzt war sie plötzlich weg. Mein Mann, mein Sohn, und ein bisschen auch unser Hund mussten beim Suchen helfen. Auf dem Dachboden wurden wir schließlich fündig. Manuela wurde in der Kiste „Weihnachten“ gefunden. Da lag sie, im Skianzug samt Puppenschlitten, klapperte beim Anheben mit den Augenlidern und hat jetzt wieder einen Stammplatz im Schlafzimmer.

– Susan Link, Moderatorin ARD-Morgenmagazin

Die Konten von damals

Vor einigen Wochen wollte ich meinen alten Schreibtisch restaurieren lassen. Ich hatte ihn von meinem Großvater geerbt, es ist so ein massives Teil mit einer in Leder gebundenen Fläche in der Platte. Als ich die abgeschraubt habe, kamen Dinge zum Vorschein, die im Laufe der Jahrzehnte hinter die Schubladen gerutscht waren.

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Witich Roßmann 1974 als Student beim Sternmarsch in Wiesbaden.

Darunter: Kleine Mappen voller Kontoauszüge aus den Jahren 1970 bis 1979. Es handelte sich um mein erstes Konto, ich war damals noch Student. Verglichen mit Auszügen von heute, anhand derer man genau nachvollziehen kann, wann man sich wo beim Bäcker wie viel Kuchen gekauft hat, ist der Erkenntnisgewinn dieser Auszüge natürlich gering. Meist wechseln sich da die Einträge „Einzahlung“ mit ein paar Einträgen „Auszahlung“ ab.

Strichliste zu den Fernmeldeeinheiten

Trotzdem saß ich dann stundenlang über diesen Zetteln und in meiner Erinnerung konnte ich wieder in diese Zeit eintauchen, in der ich jung war. Ich habe zum Beispiel an meine Großmutter gedacht, die ihrem Enkel in unregelmäßigen Abständen 200 Mark überwies, damit der ordentlich angezogen zur Uni ging. Die Überweisungsträger, ausgefüllt mit der feinen Handschrift meiner Oma sind auch mit abgeheftet. Hinter der Abbuchung der Fernmeldeeinheiten fand sich eine Strichliste aus meiner damaligen WG. Da waren alle Mitbewohner aufgeführt, außerdem gab es eine Extraliste für Gäste.

Da denkt man dann einerseits an seine Mitbewohner von damals und was aus denen geworden ist, aber auch daran, wie komplett anders unser Telekommunikationsverhalten war: Ein Telefon für die ganze WG, es hing an der Wand im Flur, jeder konnte bei den Gesprächen, die im Stehen geführt werden mussten, mithören. Und bei Ferngesprächen tickerten die Einheiten nur so durch. 80 Mark im Schnitt haben wir damals so pro Monat durchgebracht. Das war ein vergleichsweise hoher Betrag.

Unterm Dach beim Volksbankdirektor

Dann tauchen da die Mietabbuchungen auf und auf einmal dachte ich wieder an die Zeit, als ich beim Volksbankdirektor unterm Dach ein Zimmer bewohnt hatte. Die Straße, die Möbel, die Freundschaften, die Geschichten. Damenbesuch war natürlich verboten. Aber die Frau des Direktors kam dennoch jeden Freitag ungeniert ohne anzuklopfen ins Zimmer und feudelte unterm Bett – ungeachtet dessen, ob ich selbst noch drin lag.

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Witich Roßmann hat alte Kontoauszüge aus der Studentenzeit gefunden und mit ihnen sein früheres Leben rekonstruiert.

Es sind nur ein paar Zahlen. Und doch: Plötzlich ist alles wieder da. Man liest, welche Zeitungen ich damals abonniert hatte, wieviel Zeilengeld man von welchen Verlagen erhalten hat. Und dann ist man plötzlich wieder mitten drin. Mit all den Menschen, all den Orten, all den Gefühlen. Dieses scheinbar kleine Fundstück war für mich alles in allem wie eine Auferstehung der Vergangenheit.

– Witich Roßmann, Vorsitzender DGB Köln