ProzessDüsseldorfer Finanzdienst soll Millionen über Apotheken gestohlen haben

Symbolbild
Copyright: dpa
Düsseldorf – Der Fall sorgte bundesweit in der Gesundheitsbranche für großes Aufsehen: Der Düsseldorfer Finanzdienstleister AvP Deutschland GmbH musste im Herbst 2020 Insolvenz anmelden. Durch den finanziellen Absturz brachte der bundesweit größte private Rezeptabrechner für Apotheken zahlreiche Kunden in arge Nöte.
Zumindest einen Monat lang soll die AvP-Gruppe gut 3000 Apotheken in Deutschland die Honorare der Krankenkassen vorenthalten haben. Der Umsatzausfall hat etliche Apotheken zeitweilig in Existenznot gebracht. Die mutmaßlichen Verluste reichen bis in den siebenstelligen Bereich. So sind auch etliche Apotheken aus der Kölner Region betroffen.
Apotheker strecken Kosten für Medikamente vor
Der Geschäftsmodus ist simpel: Die Apotheker strecken die Kosten für die Medikamente vor. Die Rezepte werden dann gesammelt an Abrechnungsunternehmen wie die AvP weitergeleitet. Diese wiederum fordern bei den Krankenversicherern die ausstehenden Summen ein und geben das Geld abzüglich einer Gebühr an ihre Partnerapotheken weiter.
Bei der AvP lief das Modell dank schlampigen Managements schief. Mit einer Sonderkommission klärt die Justiz derzeit den Skandal auf. Dabei geht es um Insolvenzverschleppung, Bankrott, Urkundenfälschung, geschönte Bilanzen, um sich bei Banken neue Kredite zu beschaffen. Auch sollen einige der fünf Beschuldigten aus der Führungsriege illegal in die Firmenkasse gegriffen haben.
Das könnte Sie auch interessieren:
Bei den Ermittlungen geriet insbesondere Ex-AvP-Chef Mathias Wettstein ins Blickfeld. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Justizkreisen erfuhr, stießen die Finanzfahnder auf unversteuerte Gewinnausschüttungen in Höhe von 35 Millionen Euro. Vor drei Monaten wanderte der Gesellschafter in Untersuchungshaft. Die Anklage wirft der grauen Eminenz des Abrechnungsdienstleiters Steuerhinterziehung von weit mehr als acht Millionen Euro vor.
Anklage der schweren Steuerhinterziehung
Staatsanwalt Lukas Kockmann wollte sich zur Höhe nicht äußern. Auf Anfrage bestätigte der Behördensprecher allerdings, „dass sich eine Führungsperson aus dem AvP-Komplex von Dienstagmorgen an wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten muss“. Es ist kein Geheimnis, dass es sich um Mathias Wettstein handelt.
Bereits in der Vergangenheit hatte der Angeklagte Ärger mit dem Fiskus. Das Amtsgericht verurteilte den Geschäftsmann bereits ein Mal wegen Steuerdelikten zu eine Geldstrafe von knapp 170.000 Euro. Abseits dessen laufen die Nachforschungen gegen Wettstein & Co wegen der anderen Strafvorwürfe weiter. Die Anwälte des Angeklagten waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar.