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„Er ist dort elendig verreckt“Tiroler erhebt nach Tod von Bergsteiger schwere Vorwürfe gegen Kollegen

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Eine Expedition steigt vom Gipfel des K2 ab (Symbolbild).

Eine Expedition steigt vom Gipfel des K2 ab (Symbolbild). Ende Juli ist ein Mann aus Pakistan nach einem Lawinenabgang am zweithöchsten Berg der Welt gestorben. Ein Tiroler erhebt nun schwere Vorwürfe.

Andere Bergsteiger seien einfach über den im Sterben liegenden Pakistaner gestiegen und weiter gegangen, behauptet Wilhelm Steindl.

Ein Bergsteiger aus Österreich erhebt schwere Vorwürfe gegen dutzende Kolleginnen und Kollegen wegen eines Vorfalls, der sich am K2, dem zweithöchsten Berg der Welt, abgespielt haben soll. Dort war Ende Juli ein 27-jähriger Mann aus Pakistan gestorben. Der Tiroler Hotelier und Bergsteiger Wilhelm Steindl, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls am K2 unterwegs war, wirft mehreren Gipfelstürmern unterlassene Hilfeleistung vor. Er glaubt, der Mann könnte heute noch leben.

Am 27. Juli stürzte der pakistanische Hochträger Mohammad Hassan infolge eines Lawinenabgangs kurz vor dem Gipfel auf rund 8.200 Metern Höhe. Zu diesem Zeitpunkt hatte Wilhelm Steindl seine Tour bereits abgebrochen und war umgedreht, „weil die Verhältnisse zu gefährlich waren“, berichtet er im österreichischen „Der Standard“.

Pakistaner stirbt am K2: Tiroler beschuldigt zahlreiche Bergsteiger

Dem Bericht zufolge liefen am Unglückstag etliche Expeditionen, rund 200 Bergsportler sollen sich auf dem Weg zum Gipfel befunden haben, unter anderem auch die Norwegerin Kristin Harila, die mit dem K2 eine umstrittene Rekordjagd (Besteigung aller 14 Achttausender binnen 92 Tagen) vollenden wollte.

Am sogenannten „Flaschenhals“, einer Schlüsselstelle am K2, sollen sich dann dramatische Szenen abgespielt haben, wie Steindl berichtet. Der Bergsteiger bezieht sich bei seinen Aussagen auf Aufnahmen, die sein Begleiter, Kameramann Philip Flämig, mit einer Drohne machte. Erst nach der Rückkehr ins Basislager hätten die beiden die Aufnahmen auswerten können – und dabei ihren Augen kaum getraut, wie Steindl berichtet.

Bergsteiger beruft sich bei Vorwürfen nach Tod eines Mannes am K2 auf Videoaufzeichnungen und Zeugen

Die Aufzeichnungen zeigen laut mehreren Medienberichten den im Sterben liegenden Mohammad Hassan, der Stunden zuvor am „Flaschenhals“ gestürzt war. Laut dem Kameramann sei der Mann zwar notdürftig gesichert worden, allerdings habe niemand Hilfe geholt oder Anstalten gemacht, den Mann – der laut seinen Angaben zu diesem Zeitpunkt noch gelebt haben soll – zurück ins Basislager zu bringen. Ein Twitter-Video eines anderen Bergsteigers zeigt die Situation am „Flaschenhals“ ebenfalls.

„Über die Erzählung von drei unterschiedlichen Augenzeugen kann ich berichten, dass dieser Mann noch gelebt hat, während etwa 50 Leute an ihm vorbei gestiegen sind. Das ist auch in den Drohnenaufnahmen sichtbar“, so Flämig in „Der Standard“. Nur eine Person habe den Pakistaner zumindest behandelt. „Er ist dort elendig verreckt“, wählt Steindl drastische Worte.

Norwegische Rekordbergsteigerin berichtet von Situation am K2

„Was da passiert ist, ist eine Schande“, urteilt er. Er wirft Kristin Harila und weiteren Rekordjägern, die an diesem Tag unterwegs gewesen seien, mehr oder weniger direkt vor, dass sie das Erreichen ihrer Bestmarken über das Leben des im Sterben liegenden Mannes gestellt hätten.

In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ nimmt Harila auf den Vorfall Bezug: „Als wir am ‚Flaschenhals‘ waren, einer der gefährlichsten Abschnitte des Berges, ist vor unserer Gruppe ein pakistanischer Träger abgestürzt. Er hing kopfüber in seinem Seil. Nach unserem Abstieg haben wir erfahren, dass er gestorben ist“, sagt die Norwegerin, nachdem ihr der Rekord gelungen war.

Pakistan leitet nach Vorfall am K2 Untersuchungen ein und hört Zeugen

In Pakistan sollen nach dem Tod des Bergträgers am K2 nun Zeugen gehört werden. „Die wichtigste Aussage wäre die des anderen Höhenträgers, der mit dem toten Träger das Seil befestigte und ihn fallen sah“, sagte Rahat Karim Baig, Mitglied einer Untersuchungskommission, der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag.

„Es ist bedauerlich, dass niemand anhielt, um dem sterbenden Mann zu helfen“, sagte Abu Zafar Sadiq, Präsident des pakistanischen Alpinclubs.

Steindl besuchte die Familie des Toten, wie er mehreren Medienportalen berichtete. Er sammelt darüber hinaus Geld für die Hinterbliebenen. Immer wieder kommt es im pakistanischen Gebirge und den angrenzenden Ländern im Himalaya zu tödlichen Unfällen. Der 8611 Meter hohe K2 in Pakistan ist der zweithöchste Berg der Erde und gilt als extrem schwierig. Gründe sind unter anderem die steile Route und die Lawinengefahr. (pst)