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Spurlos verschwundenDiese 7 Fälle vermisster Familien geben bis heute Rätsel auf

Lesezeit 10 Minuten
Ein Man steht im Nebel.

Einige Vermisstenfälle von Familien geben noch Jahrzehnte später Rätsel auf. (Symbolbild)

Vermisstenfälle gibt es viele, aber das Verschwinden von ganzen Familien ist besonders selten. Diese 7 Fälle sind bis heute ungeklärt.

Laut Deutschlandfunk werden allein in Deutschland täglich 200 bis 300 Menschen als vermisst gemeldet. Zwei Drittel der Fälle können innerhalb der ersten drei Tage aufgeklärt werden, nur drei Prozent der Fälle bleiben länger als ein Jahr ungeklärt. Das Verschwinden ganzer Familien ist äußerst selten, aber diese sieben internationalen Fälle zeigen, dass es auch dieses Phänomen gibt.


Nicht zu fassen: Die Suche nach Tom Phillips und seinen drei Kindern (Neuseeland, 2021-2023)

Es ist streng genommen kein klassischer Vermisstenfall wie die anderen, die in diesem Artikel beschrieben werden, und doch hält der Fall von Tom Phillips die Neuseeländer seit rund zwei Jahren in Atem. International berichtete unter anderem die britische „Daily Mail“.

Thomas Phillips lebte mit seinen drei Kindern Jayda (9), Maverick (8) und Ember (7) in der Kleinstadt Ōtorohanga. Sie verbrachten auch viel Zeit auf der Farm der Familie in Marokopa. Phillips hatte sich einige Jahre zuvor von seiner Frau Catherine getrennt, mit der er acht Jahre verheiratet gewesen war. Er unterrichtet seine Kinder zu Hause, so wie er selbst erzogen worden war. Thomas ist ein erfahrener Jäger und begeisterter Camper. Die Familie Phillips betreibt seit Generationen Landwirtschaft in der Gegend und genoss stets hohes Ansehen.

Phillips und die Kinder verschwanden erstmals im September 2021, tauchten aber plötzlich wieder auf, nachdem bereits umfangreiche Suchmaßnahmen eingeleitet worden waren. Phillips' Familie durchlebte während der Suche nach ihm nach Angaben der Polizei „17 Tage der Hölle“. Seine Schwester erklärte später, dass er „einen Freiraum brauchte, um einen klaren Kopf zu bekommen“ und mit den Kindern in einem Zelt lebte. Die enormen Kosten der Suchmaßnahmen führten dazu, dass Phillips wegen Verschwendung von Polizeiressourcen angeklagt wurde und ein Gerichtstermin für den 5. November angesetzt wurde.

Durch die Corona-Pandemie wurde der Termin verschoben und Phillips verschwand mit den Kindern erneut. Offiziell als vermisst gemeldet wurde die Familie am 18. Januar 2022. Im September 2023 erhob die Polizei Anklage gegen Phillips im Zusammenhang mit einem bewaffneten Banküberfall in Te Kūiti im Mai, mit einem nicht identifizierten Komplizen, bei dem es sich vermutlich um eines seiner Kinder handelte. Am 7. Oktober 2024 wurde Philips laut „People“ mit den Kindern auf der Nordinsel Neuseelands von Schweinejägern gefilmt. Die Polizei bestätigte dies und leitete umgehend eine Suche in der Region ein. Die Mutter der Kinder war erleichtert, ihre Kinder lebend wiederzusehen, nachdem sie sie seit 2021 nicht mehr gesehen hatte.


Der rätselhafte Fall der Familie Schulze (Drage bei Hamburg, 2015)

Der Fall gehört zu den mysteriösesten Vermisstenfällen Deutschlands: Am 22. Juli 2015 verschwand in der kleinen Gemeinde Drage an der Elbe die Familie Schulze, bestehend aus Vater Marco, Mutter Sylvia und Tochter Miriam. Zuletzt wurde der Vater an diesem Tag gesehen, wie er die Mülltonne vor die Tür stellte. Eine Woche später wurde der leblose Körper des 41-Jährigen an einen 25 Kilogramm schweren Betonklotz gefesselt aus der Elbe geborgen. Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass er sich vermutlich durch Ertrinken das Leben genommen hatte. Sein Todeskampf soll laut Medienberichten mehrere Minuten gedauert haben.

Mit einem Plakat - hier ein Ausschnitt - bat die Polizeiinspektion Harburg 2015 um Mithilfe bei der Suche nach einer dreiköpfigen Familie, die in Drage, einem Dörfchen im Landkreis Harburg (Niedersachsen) wohnte.

Mit einem Plakat - hier ein Ausschnitt - bat die Polizeiinspektion Harburg 2015 um Mithilfe bei der Suche nach einer dreiköpfigen Familie, die in Drage, einem Dörfchen im Landkreis Harburg (Niedersachsen) wohnte.

Mutter Sylvia (43) und Tochter Miriam (12) sind seitdem unauffindbar. Trotz mehrfacher Suchaktionen der Polizei mit Tauchern und Spürhunden im Flussgebiet blieb der Erfolg aus. Das einzige verbliebene Familienmitglied ist Miriams Halbschwester Sabine Zunker. Bis heute schickt sie SMS an ihre vermisste Mutter: „Es ist eine Art Tagebuch, eine einseitige Kommunikation, die mir aber hilft, Dinge loszuwerden“, sagte Zucker 2023 zur „Bild“-Zeitung, die dem bis heute unvergessenen Fall eine Episode im Podcast „Tatort Deutschland“ widmete. Ende 2021 erinnerte die Boulevardzeitung außerdem in ihrer YouTube-Reihe „Achtung Fahndung“ an den Fall.


Was geschah mit der sechsköpfigen Familie Gill? (Argentinien, 2002)

Seit Januar 2002 wartet María Adelia Gallegos auf Gewissheit. Auf Hinweise, Zeichen, Reaktionen, „die ihr Leiden und ihre Schmerzen lindern“, wie es in einem Artikel der argentinischen Nachrichtenseite „El Ciudadano“ heißt. Eine Antwort auf die Frage, was mit ihrer Tochter Margarita passiert ist.

Das Verschwinden der Familie Gill ereignete sich am 13. Januar 2002 in der argentinischen Provinz Entre Ríos. Die sechs Mitglieder dieser Familie lebten auf dem 500 Hektar großen Landgut La Candelaria, auf der Rubén Gill (56) und seine Frau Margarita (26) als Landwirte und in verschiedenen lokalen Berufen tätig waren. Sie hatten vier Kinder, Maria (12), Osvaldo (9), Sofia (6) und Carlos (4). Margarita war die Tochter von María Adelia Gallegos. Die Angehörigen der Gill-Gallegos erfuhren erst drei Monate später vom Verschwinden der Familie.

Von Anfang an stand der Besitzer des Landgutes La Candelaria im Mittelpunkt der Ermittlungen, vor allem weil er die Angehörigen und die Behörden erst so spät über das Verschwinden der Familie informiert hatte. Es handelte sich um einen damals 60-jährigen Deutschen namens Alfonso Goette, der bei den Bewohnern von La Candelaria gefürchtet war. Er hatte stets behauptet, die Gills seien in den Urlaub gefahren und nicht zurückgekehrt, aber in ihrem Haus wurden alle Besitztümer der Familie einschließlich aller Dokumente gefunden. Goette starb am 16. Juni 2016 bei einem Verkehrsunfall und man hoffte, dass der Tod des einflussreichen Großgrundbesitzers Bewegung in den Fall bringen würde. Mehrere Durchsuchungen des Gutes blieben jedoch ergebnislos.


Das Verschwinden der Familie Godard (Frankreich, 1999)

Das Verschwinden der Familie Godard ging in Frankreich als „Affaire Godard“ in die Kriminalgeschichte ein. Das mysteriöse Verschwinden des französischen Arztes Yves Godard, seiner zweiten Frau Marie-France und ihrer beiden Kinder im September 1999 beschäftigt die Öffentlichkeit dort bis heute.

Erst Nach und nach stießen die Ermittler auf Indizien, die auf eine Familientragödie hindeuteten: Im Haus der Familie in der Nähe von Juvigny-sur-Seulles in der Region Calvados in der Basse-Normandie wurden Blutspuren gefunden. Die Polizei fand darüber hinaus heraus, dass Godard und seine beiden Kinder einige Tage vor der Entdeckung des Blutes mit einem gemieteten Segelboot in Saint-Malo (Bretagne) aufgebrochen waren.

Der winzige Friedhof von Lingevres in der Normandie.

Der winzige Friedhof von Lingevres in der Normandie, auf dem am 28. Januar 2007 ein Skelett gefunden wurde, nachdem der Bürgermeister von Lingevres einen anonymen Brief erhalten hatte. DNA-Tests schlossen einen Zusammenhang zum Fall Godard jedoch aus. (Archivbild)

In den folgenden Jahren wurden an der Nordküste der Bretagne und im Meer verschiedene Gegenstände gefunden: ein Rettungsboot, Ausweispapiere, Kreditkarten und schließlich der schlimmste Fund: der Schädel der Tochter Camille. Im September 2006 wurden ein Oberschenkelknochen und ein Schienbein gefunden, die mittels DNA-Analyse als die sterblichen Überreste von Yves Godard identifiziert werden konnten.

Der Fall wurde am 14. September 2012 offiziell abgeschlossen. Man geht von einem Mord in der Familie aus, gefolgt von einem Selbstmord, der als Schiffbruch oder Unfall getarnt war. Es bleiben jedoch viele unbeantwortete Fragen.


Keine Spur von Robby Floyd und ihrer Familie (USA, 1996)

Es gibt „Cold Cases“, die sind so kalt, dass sich kaum noch jemand an sie erinnert. Die Umstände in diesem Fall sind laut dem Vermisstenportal „Charley Project“ besonders nebulös: Die 32-jährige Robby Ann Hughes Floyd, ihre 17-jährige Schwester Jennifer Jane Hughes und ihre Kinder Sarena (11) und die 4-jährigen Zwillinge Brent und Brenttany verschwanden im Dezember 1996 in Fayetteville, North Carolina. Beide Zwillinge waren herzkrank und auf regelmäßige Behandlungen angewiesen. Da Robby keinen regelmäßigen Kontakt zu ihrer Familie hatte, wurden sie erst im August 1998, also fast zwei Jahre später, als vermisst gemeldet.

Robby Floyd war zu dieser Zeit mit Jason Allen Floyd verheiratet. Sie und Jason hatten einen Sohn, Brandon. Jason und Brandon blieben in ihrem Haus in Fayetteville, nachdem die anderen Familienmitglieder verschwunden waren. Warum Jason seine Frau nicht als vermisst meldete, ist unklar. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass der inzwischen erwachsene Sohn nach seiner Familie sucht. Jason und Brandon sollen Anfang 1997 weggezogen sein.

Es gibt widersprüchliche Berichte darüber, ob Robby Floyd Kontakt zu ihrer Familie aufgenommen hat oder nicht, dennoch wird sie weiterhin auf Vermisstenseiten wie dem „DoeNetwork“ gelistet, ebenso wie ihre Schwester und ihre Kinder. „Wir haben die Aktivität ihrer Sozialversicherungsnummern überprüft und es gibt keine Aktivität“, sagte Lt. Jimmy Black vom Cumberland County Sheriff's Office dem regionalen Fernsehsender WRAL in North Carolina im Jahr 2011. „Keine Schule hat nach ihren Unterlagen gefragt. Es ist, als gäbe es sie nicht mehr.“


Wurde die Familie Salomon Opfer eines vermeintlichen Serienkillers? (USA, 1982)

Bis heute fehlt von Sol Salomon, seiner Frau Elaine und den beiden Kindern Michelle (14) und Mitchel (9) jede Spur. Die Familie lebte in Northridge, einem beschaulichen Stadtteil von Los Angeles. Am 13. Oktober 1982 fanden Nachbarn das Haus der Familie verlassen vor. Nur der Familienhund war noch da.

Der Vater Sol wurde zuletzt mit Harvey Rader gesehen, einem britischen Staatsbürger und Autohändler, in dessen Geschäft Sol investiert hatte. Im Haus der Familie wurden Blutspuren gefunden, später fanden die Ermittler persönliche Gegenstände auf einem Highway. Ein Jahr später behauptete Raders Cousin Ashley Paulle, Rader habe Sol wegen Geldforderungen erschossen. Dann habe er auch den Rest der Familie, die von dem Treffen wusste, ermordet und in der Wüste verscharrt. Paulle habe dabei geholfen, er konnte die Ermittler aber nie zu dem Ort der Leichen führen. Mehrere Suchen blieben erfolglos.

Der Fall ist so bizarr und mysteriös, dass es kaum Dokumentationen oder Bücher darüber gibt und er selbst in den USA in Vergessenheit geraten ist. Lediglich die damalige beste Freundin von Michelle, Stacy Perman, verfasste 2018 einen lesenswerten Artikel für das „Los Angeles Magazine“ und hielt so die Erinnerung an die vermissten Salomons in Erinnerung.

Demnach wurde Rader 1988 erstmals wegen der Morde verhaftet. Die Verteidigung brachte bei späteren Gerichtsverhandlungen Zeugen vor, die behaupteten, Sol nach seinem Verschwinden gesehen zu haben. Außerdem behauptete sie, die Familie habe Probleme gehabt und Sol sei in illegale Aktivitäten verwickelt gewesen. Der mittlerweile 49-jährige Rader wurde nach zwei Fehlprozessen schließlich 1992 aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das kam für ihn so überraschend, dass er laut dem Artikel von Stacy Perman vor Gericht zusammenbrach. „Er ist ein Mörder. Was ist das für ein Justizsystem?“ soll Marge Malarowitz, Elaine Salomons Mutter, gerufen haben. „Wo ist die Gerechtigkeit auf der Welt? Sie machen Opfer zu Kriminellen und Kriminelle zu Opfern.“

Rader, der eine bewegte kriminelle Vergangenheit hatte, hielt an seiner Unschuld fest und plante einen Film über die Ereignisse. Rader gilt laut der Vermisstenseite „Charley Project“ auch als Hauptverdächtiger im Fall des Ehepaars Peter und Joan Davis, die seit dem März 1982 verschwunden sind. Laut dem Artikel von Stacy Perman ist unklar, was aus Rader oder Paulle wurde.


Die vermissten Kinder der Familie Sodder (USA, 1945)

Am Weihnachtsabend des 24. Dezember 1945 zerstörte ein Feuer das Haus der Familie Sodder in Fayetteville, West Virginia, USA. Zu diesem Zeitpunkt lebten dort George Sodder, seine Frau Jennie und neun ihrer zehn Kinder. Während des Brandes konnten George, Jennie und vier der neun Kinder entkommen. Die Leichen der übrigen fünf Kinder, die zwischen sechs und 14 Jahren alt waren, wurden nie gefunden. Die überlebende Familie Sodder glaubte bis an ihr Lebensende, dass die fünf vermissten Kinder überlebt hatten.

Die Sodders bauten das Haus nie wieder auf, verwandelten das Grundstück jedoch in einen Gedenkgarten für die vermissten Kinder. In den 1950er Jahren stellte die Familie an der State Route 16 eine Gedenktafel mit den Fotos der fünf Kinder auf und setzte eine Belohnung für Hinweise aus, die zur Aufklärung des Falls führen würden. Die Tafel blieb bis kurz nach Jennie Sodders Tod im Jahr 1989 stehen. Um ihre Überzeugung zu untermauern, dass die Kinder überlebt hatten, wiesen die Sodders auf eine Reihe ungewöhnlicher Umstände vor und während des Brandes hin. Auch hierdurch blieb der Fall über die Jahrzehnte in der Erinnerung der Menschen.

Sylvia Sodder Paxton, die jüngste Überlebende des Brandes, starb am 21. April 2021 im Alter von 79 Jahren. Ihre älteren „verschwundenen“ Geschwister, sofern sie überlebt haben, sind wahrscheinlich inzwischen ebenfalls verstorben. Der Fall ging in die amerikanische Kriminalgeschichte ein. Viele Detektive und Autoren, die sich mit dem Fall beschäftigt haben, glauben, dass die Kinder tatsächlich 1945 gestorben sind. Angesichts der vielen unbeantworteten Fragen bleibt der Fall jedoch ein echtes „ungelöstes Rätsel“.