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Gewalt bei der ArbeitPsychische Gewalt am Arbeitsplatz bleibt oft unsichtbar

Lesezeit 3 Minuten
Auch rein verbale Gewalt kann ernsthafte psychische Auswirkungen haben (Symbolbild).

Auch rein verbale Gewalt kann ernsthafte psychische Auswirkungen haben (Symbolbild).

Jeder dritte Beschäftigte mit Kontakt zu Patienten und Kunden erlebt verbale Übergriffe bei der Arbeit. Doch nur die Hälfte meldet solche Vorfälle. Eine offene Kultur in Unternehmen könnte helfen.

Sie werden beleidigt, bedroht oder erpresst: Rund ein Drittel der abhängig Beschäftigten mit häufigem Kontakt zu Kunden oder Patienten hat laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in den vergangenen zwölf Monaten verbale Übergriffe bei der Arbeit erlebt.

Beleidigungen und Beschimpfungen kommen demnach am häufigsten vor (32 Prozent). Aber auch Spott, Schikanen und Verleumdungen (12 Prozent) sowie Drohungen und Erpressungen (7 Prozent) sind keine Seltenheit. Rund 6 Prozent der Befragten haben zudem Erfahrungen mit sexualisierter psychischer Gewalt, etwa durch anzügliche Gesten oder Sprüche. 

„Auch rein verbale Gewalt kann ernsthafte psychische Auswirkungen haben“, sagt Hannah Huxholl, Psychologin bei der Unfallversicherung. Doch psychische Gewalt werde statistisch häufig nicht erfasst. „Unsere Umfrage macht diese Formen von Gewalt sichtbar“, sagt DGUV-Hauptgeschäftsführer Stefan Hussy.

Frauen werden bei der Arbeit häufiger beleidigt

Beschäftigte aus dem Gesundheits- und Sozialwesen und aus der öffentlichen Verwaltung sind am meisten betroffen: Mehr als die Hälfte der Befragten berichtete von mindestens einem verbalen Übergriff. In den Branchen Verkehr, Handel und Erziehung gab mehr als ein Drittel ähnliche Erfahrungen an.

Insgesamt erleben Frauen (41 Prozent) häufiger psychische Gewalt bei der Arbeit als Männer (32 Prozent). Die Unterschiede betreffen vor allem Formen psychischer sexualisierter Gewalt (9 vs. 2 Prozent) sowie Beschimpfungen und Beleidigungen (35 vs. 28 Prozent).

Frauen erleben am Arbeitsplatz häufiger psychische Gewalt als Männer (Symbolbild).

Frauen erleben am Arbeitsplatz häufiger psychische Gewalt als Männer (Symbolbild).

Körperliche Übergriffe kommen im Vergleich zu verbalen deutlich seltener vor: Von physischer Gewalt berichteten 8 Prozent der Befragten. Teilnehmer aus dem Gesundheits- und Sozialwesen erleben Attacken wie Schubsen, Anspucken sowie Tritte und Schläge dabei viel häufiger (22 Prozent) als der Durchschnitt.

Jährlich gehen laut Unfallversicherung zwischen 9.000 und 13.000 Arbeitsunfälle auf Gewalteinwirkung zurück. Meldepflichtig sei ein Arbeitsunfall erst, wenn er zu mehr als drei Tagen Arbeitsunfähigkeit führe.

Zunahme von Gewalt?

In der Befragung stellte fast jeder fünfte Teilnehmer eine Zunahme psychischer oder körperlicher Gewalt innerhalb der vergangenen zwölf Monaten fest. „Heutzutage schauen wir viel sensibler auf das Thema“, so Huxholl. „Die Gesellschaft ist immer weniger bereit Gewalt hinzunehmen und ergreift Maßnahmen dagegen.“

Trotzdem bleibe das Thema oft schambehaftet. „Viele, die Gewalt erlebt haben, geben sich selbst die Schuld dafür“, sagt die Psychologin. Nicht jeder Vorfall werde gemeldet. Nur etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen hat ein Gewaltereignis der Umfrage zufolge auch ihrer Führungskraft gemeldet. 12 Prozent haben den Vorfall bei Behörden angezeigt. „Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich um einiges höher“, sagt sie.

Unternehmenskultur kann helfen

Die Unternehmenskultur spiele eine entscheidende Rolle im Umgang mit Gewalt am Arbeitsplatz - und ob Betroffene darüber sprechen. „Betriebe, die klarmachen, dass Gewalt kein „Teil des Jobs“ ist, schaffen eine Umgebung, in der sich Betroffene sicher fühlen können“, erklärt Huxholl.

Ein Teil der Unternehmen bietet Deeskalationstrainings an, um Gewalt bei der Arbeit entgegenzuwirken (Symbolbild).

Ein Teil der Unternehmen bietet Deeskalationstrainings an, um Gewalt bei der Arbeit entgegenzuwirken (Symbolbild).

Ein Teil der Unternehmen ergreift der Umfrage zufolge bereits präventive Maßnahmen, wie Deeskalationstrainings, Notfallpläne oder eine betriebliche psychologische Erstbetreuung. „Sie zeigen, dass viele Betriebe und Einrichtungen sich bereits auf den Weg gemacht haben“, betont DGUV-Hauptgeschäftsführer Hussy. (dpa)