Wie groß sind nach so langer Zeit die Chancen, dass der quälenden Ungewissheit ein Ende bereitet wird?
Fall Maddie McCannDie neue Suche nach Spuren weckt große Erwartungen
Die renommierte portugiesische Zeitung „Público“ sprach von einem „Medien-Zirkus“. Die neue Suchaktion im Fall der vor 16 Jahren im Süden Portugals spurlos verschwundenen kleinen Madeleine McCann sorgt über die Grenzen Europas hinaus für viel Aufsehen.
Am Arade-Stausee nahe der Gemeinde Silves versammelten sich auch am Mittwoch Dutzende von Journalisten und Kameraleuten aus aller Welt, darunter etwa auch ein Team des brasilianischen TV-Senders RecordTV. Das zeigt: Die überraschende Operation weckt neue Hoffnungen auf ein Ende der Ungewissheit, die vor allem die Eltern und Geschwister des britischen Mädchens quälen muss.
Fall Maddie: Gibt es wirklich neue, vielversprechende Hinweise?
Sind die Erwartungen vielleicht zu groß, wie einige Experten meinen? Skeptisch zeigt sich unter anderem André Inácio. Der portugiesische Kripo-Inspektor sagte im Interview von CNN Portugal, es sei nicht sehr wahrscheinlich, dass nach über einem Jahrzehnt etwas Nützliches am oder im Stausee gefunden werden könne, „selbst wenn da unten wirklich etwas liegen sollte“.
Ähnlich äußerte sich der spanische Polizist José Ángel Sánchez, ein erfahrener Experte für Vermissten- und Entführungsfälle. „Ich glaube, sie suchen nach biologischen Überresten, aber es ist sehr schwierig für die Hunde, sie nach so vielen Jahren aufzuspüren“, sagte er am Mittwoch dem Sender RTVE.
Suchaktion kam auf Bitten des BKA zustande
Die erste größere Suchaktion im Fall Maddie nach drei Jahren kam auf Bitten des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) zustande. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt im Fall gegen einen vorbestraften Deutschen. Man ist davon überzeugt, dass der heute 46 Jahre alte Christian B., der sich zum Zeitpunkt des Verschwindens des Mädchens in Portugal aufhielt und der derzeit wegen eines Sexualverbrechens hinter Gittern sitzt, das Mädchen entführt und ermordet hat. Doch eine Leiche wurde bisher nicht gefunden.
Klammern sich die deutschen Ermittler an einen Strohhalm, oder gibt es eventuell tatsächlich neue, vielversprechende Hinweise? Dazu sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Braunschweig, Hans Christian Wolters, der Deutschen Presse-Agentur lediglich, die Aktion beruhe auf „Entwicklungen in jüngster Zeit“.
Die genetische Forensik hat große Fortschritte gemacht
Das könnte man auch so interpretieren, dass es vielleicht keine neuen Hinweise, aber bessere technologische Mittel gibt, um an der Algarve neue Beweise und vielleicht sogar Überreste des Körpers zu finden. Das meinen optimistischere Experten wie der frühere Inspektor der portugiesischen Kriminalpolizei Francisco Chagas.
Die Polizei verfüge heute über Mittel, „die sie vor 16 Jahren, aber auch sogar vor vier oder fünf Jahren nicht hatte“, meinte Chagas im Gespräch mit CNN Portugal. Etwa im Bereich der genetischen Forensik und der Satelliten-Beobachtung habe man große Fortschritte gemacht.
Fall Maddie: Spur zu deutschem Tatverdächtigen
„Stellen wir uns vor, dass die Decke, in die das kleine Mädchen eingewickelt war, dort vergraben wurde. Sechzehn Jahre sind nicht genug Zeit, um sie völlig zu Staub werden zu lassen“, erklärte Chagas. „Und selbst wenn sie zu Staub geworden sein sollte, ist es immer ein anderer Staub als der der Erde selbst. Eine forensische Analyse kann diese Spuren mit dem Fall in Verbindung bringen.“
Madeleines Eltern dürften erwartungsvoll auf die Suche blicken. Kate und Gerry McCann hatten die damals knapp vierjährige Madeleine und ihre beiden jüngeren Geschwister an jenem verhängnisvollen Tag, dem 3. Mai 2007, im Appartement gelassen, als sie in einem nahe gelegenen Restaurant mit Freunden zu Abend aßen. 50 Kilometer nordöstlich der Ferienanlage, nämlich an dem vom deutschen Verdächtigen laut Medien 2007 oft besuchten Arade-Stausee, ruhen nun neue Hoffnungen auf Gewissheit.
Am ersten Tag war die Suche wegen des schlechten Wetters gegen 18 Uhr vorzeitig abgebrochen worden. Bisher seien in erster Linie Erdbodenproben zur späteren Analyse gesammelt worden, berichteten der staatliche TV-Sender RTP und die staatliche Nachrichtenagentur Lusa in Portugal am Mittwoch unter Berufung auf Teilnehmer der Aktion.
Auf TV-Bildern war zu sehen, wie zum Teil vermummte Polizisten auch am Mittwoch, diesmal bei besserem Wetter, zum Teil mit Unterstützung von Spürhunden den Uferbereich des Stausees durchkämmten. Auch Taucher waren auf einem Schlauchboot auf dem See im Einsatz. Nach amtlichen Angaben nehmen Beamte aus Portugal, Deutschland und Großbritannien an der Aktion teil. Es wird erwartet, dass die Suche mindestens bis Donnerstag anhält. (dpa)