Laut den Vereinten Nationen herrschen in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince mittlerweile kriegsähnliche Zustände.
Menschenmenge schaut zuMutmaßliche Bandenmitglieder in Haiti von Lynch-Mob lebendig verbrannt
Mehr als ein Dutzend mutmaßliche Bandenmitglieder sind in Haiti gesteinigt oder bei lebendigem Leibe verbrannt worden. Die in einem Kleinbus reisenden, bewaffneten Männer seien nach einer Polizeikontrolle am Montag in Port-au-Prince „leider von Mitgliedern der Bevölkerung gelyncht worden“, erklärte die Polizei. Die Vereinten Nationen warnten, dass die Sicherheitslage in der haitianischen Hauptstadt immer mehr der in einem Kriegsland gleiche.
Mutmaßliche Bandenmitglieder auf Haiti lebendig verbrannt: „Leider von Mitgliedern der Bevölkerung gelyncht“
Wie die Polizei mitteilte, wurden bei der Durchsuchung des Kleinbusses „Waffen und andere Ausrüstung“ gefunden. Sie machte weder Angaben zur genauen Opferzahl, noch darüber, wie die Beamten die Obhut über die Verdächtigen verlieren konnten. Die Männer wurden von Bewohnern des Stadtteils Canapé-Vert getötet. Auf Fotos waren auf den Straßen liegende verbrannte Leichen zu sehen. Augenzeugen zufolge wurden andere mutmaßliche Bandenmitglieder gesteinigt.
Die Gewalt hatte vor Sonnenaufgang begonnen, als Bandenmitglieder Augenzeugen zufolge in mehrere Wohngebiete der Hauptstadt eindrangen, Häuser ausraubten und Bewohner angriffen. AFP-Journalisten berichteten von Familien, die aus den betroffenen Stadtvierteln flohen.
Die Vereinten Nationen veröffentlichten unterdessen einen Bericht, in dem die Zunahme von Morden und Entführungen in Haiti hervorgehoben wird. Bewaffnete Banden konkurrieren demnach weiterhin darum, „ihre territoriale Kontrolle im Großraum Port-au-Prince auszuweiten“.
Dramatische Situation in Haiti: „Wir sehen hunderte Menschen, die versuchen zu flüchten“
Die Gewalt breite sich dadurch auch in bisher nicht betroffene Stadtviertel aus, hieß es. Angesichts der hohen Todeszahlen und einer zunehmender Zahl von Stadtvierteln in der Kontrolle bewaffneter Banden „hat die Unsicherheit in der Hauptstadt ein Niveau erreicht, das mit Ländern in bewaffneten Konflikten vergleichbar ist“, warnt der Bericht.
Auch „Ärzte ohne Grenzen“ wies auf die dramatische Situation in Haiti hin. „Wir sehen hunderte Menschen, die versuchen, vor der Gewalt und der Zerstörung ihrer Häuser zu flüchten“, erklärte der lokale Einsatzleiter der Organisation, Mumuza Muhindo.
Die medizinische Versorgung von Verletzten könne nur zeitweise aufrechterhalten werden. „Wir mussten schließen, um Patienten und das Team vor Irrläufern zu schützen.“ Wie die Organisation berichtet, kommen bei den Auseinandersetzungen zuletzt vermehrt auch großkalibrige Waffen zum Einsatz, die „schwere Verletzungen“ verursachen.
UN will „internationale Spezialeinheit“ nach Haiti entsenden
Insgesamt ist die Zahl der Mordfälle in Haiti in den vergangenen Monaten um 21 Prozent auf 815 im ersten Quartal des Jahres gestiegen. Die Zahl der Entführungen stieg im gleichen Zeitraum um 63 Prozent auf 637. UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte die „dringende Notwendigkeit der Entsendung einer internationalen Spezialeinheit“ nach Haiti.
Der Bericht verweist auch auf die Situation von Bewohnern des Elendsviertels Cité Soleil im Hafengebiet. Dort haben zuletzt Scharfschützen von Dächern aus Passanten auf der Straße erschossen. „Die Bewohner fühlen sich belagert. Sie können ihre Häuser aus Angst vor bewaffneter Gewalt und des von den Banden ausgeübten Terrors nicht mehr verlassen“, erklärte das Büro für UN-Nothilfekoordination für Haiti. (das/afp)