Hildebrand sieht Fortschritte im Umgang mit psychischer Gesundheit im Leistungssport, betont jedoch die anhaltende Leistungserwartung.
„Ich war energielos“Ex-Nationaltorwart Hildebrand über Depression

Timo Hildebrand (46), früherer Nationaltorhüter, sieht nach eigenen Worten eine Chance auf Veränderungen im Leistungssport.
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Meditation wird belächelt, Schwäche tabuisiert? Der Leistungssport tut sich oft noch schwer mit einem offenen Umgang mit psychischer Gesundheit. Der frühere Nationaltorwart Timo Hildebrand beobachtet jedoch Fortschritte.
Timo Hildebrand (46), früherer Nationaltorhüter, sieht nach eigenen Worten eine Chance auf Veränderungen im Leistungssport. „Mittlerweile ist es ein bisschen weicher und zugänglicher geworden“, sagte der Sportler im Podcast „Raus aus der Depression“, den der NDR gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe produziert. Der Umgang mit psychischen Erkrankungen sei nicht mehr so stigmatisiert: „Man kann schon offen drüber reden.“
Mit der „dunklen Seite“ umgehen lernen
Zugleich sei der Spitzensport „schon eine Ellenbogengesellschaft“, so Hildebrand, der selbst an Depressionen litt. Er sei inzwischen seit zehn Jahren aus dem Fußballgeschäft heraus, doch dort werde weiterhin Leistung verlangt, „und deswegen muss man da auch schon performen“. Zudem würden Methoden wie Meditation vor allem unter Männern stark belächelt.
Dabei sei es wichtig, „die dunkle Seite zu integrieren: zu wissen, diese Seite gibt es, aber sie beherrscht mich nicht mehr“. Inzwischen erkenne er dunkle Gedanken, wenn sie aufkämen, könne mit ihnen arbeiten und sich dann etwas anderem zuwenden, erklärte der Ex-Profi. Bei einem mehrwöchigen Klinikaufenthalt hätten ihm Gespräche, Spaziergänge, handwerkliche Arbeiten und Entspannungstechniken geholfen: „Es gibt sehr viele Tools, um sich selber ein Stück helfen zu können.“
Lange Zeit habe ihm der Fußball auch Halt gegeben, fügte Hildebrand hinzu. Später habe er jedoch Niedergeschlagenheit und „eine gewisse Ausweglosigkeit“ erlebt: „Ich kann mich an ein Spiel in Wolfsburg erinnern, wo ich überhaupt nicht wusste, wie ich irgendwie im Tor stand - wir haben zwar gewonnen, aber ich war froh, dass kein Ball aufs Tor kam. Es gab schon ein paar Phasen, wo ich gewusst habe, ich bin wirklich energielos.“
In der neuen Reihe des Podcasts befragt Entertainer Harald Schmidt sechs Prominente zu ihren Erfahrungen mit ihrer Depressionserkrankung. Zu ihnen gehören auch der frühere Radrennfahrer Jan Ullrich sowie Publizistin Ronja von Rönne. Schmidt ist Schirmherr der Stiftung; als Experte ist deren Vorsitzender in den Sendungen dabei, der Psychiater Ulrich Hegerl. (KNA)
Wenn Sie oder Menschen in Ihrem Umfeld mit Depressionen kämpfen, wenden Sie sich an die Deutsche Depressionshilfe. Tel. 0800 / 33 44 533