AboAbonnieren

40 Tage im Dschungel überlebtKinder nach Rettung mangelernährt, aber in „akzeptablem Zustand“

Lesezeit 4 Minuten
Kolumbien, Solano-Dschungel: Auf diesem von der Pressestelle der kolumbianischen Streitkräfte veröffentlichten Foto posieren Soldaten und indigene Männer für ein Foto mit den vier Geschwistern, die nach einem tödlichen Flugzeugabsturz vermisst wurden.

Kolumbien, Solano-Dschungel: Auf diesem von der Pressestelle der kolumbianischen Streitkräfte veröffentlichten Foto posieren Soldaten und indigene Männer für ein Foto mit den vier Geschwistern, die nach einem tödlichen Flugzeugabsturz vermisst wurden.

Wochenlang suchten Einsatzkräfte nach den vermissten Kindern. Jetzt wurden sie endlich gefunden – 40 Tage nach dem Absturz.

Glückliches Ende nach wochenlanger Suche im kolumbianischen Dschungel: Vier nach einem Flugzeugabsturz im Regenwald vermisste Kinder sind 40 Tage später lebend gefunden worden. „Eine Freude für das ganze Land!“, schrieb der kolumbianische Präsident Gustavo Petro am Freitag (Ortszeit) im Onlinedienst Twitter. „Die vier Kinder, die vor 40 Tagen im kolumbianischen Dschungel verloren gingen, wurden lebend gefunden.“

Dazu veröffentlichte er ein Foto von Soldaten und Indigenen, die bei der Suche der indigenen Kinder im Alter von elf Monaten sowie vier, neun und 13 Jahren geholfen hatten. „Sie sind schwach. Lassen wir die Ärzte ihre Einschätzung vornehmen“, sagte Petro kurz nach der Rettung zu Journalisten. Der Armee zufolge wurden die Kinder etwa fünf Kilometer westlich der Absturzstelle gefunden.

Kolumbianischer Präsident besucht Kinder im Krankenhaus

Später besuchte Präsident Gustavo Petro die Kinder im Krankenhaus. Der Staatschef informierte sich am Samstag im Militärhospital in Bogotá über den Gesundheitszustand der Geschwister. „Die Kinder erholen sich. Sie nehmen Flüssigkeit zu sich. Aber sie können noch keine Nahrung aufnehmen“, sagte Verteidigungsminister Iván Velásquez nach dem Besuch.

Der Militärarzt Carlos Rincón Arango sagte, die Kinder hätten eine Reihe leichter Verletzungen und seien mangelernährt. Sie befänden sich angesichts der Umstände aber in einem akzeptablen Zustand. Es würden nun eine Reihe pädiatrischer Untersuchungen durchgeführt. Zudem gelte es, die Kinder wieder zu Kräften kommen zu lassen. Er rechne mit einem Krankenhausaufenthalt von zwei bis drei Wochen.

Großmutter führt Überleben auf „kriegerische“ Natur von 13-Jähriger zurück

Inzwischen ist die Familie wiedervereint. „Ich habe sie besucht. Sie sind sehr erschöpft, die Armen“, sagte der Großvater Filencio Valencia der Zeitung „El Tiempo“ am Samstag, nachdem er seine Enkel im Militärhospital in Bogotá besucht hatte. „Sie schlafen. Sie sind unterernährt. Sie sind dünn, sehr dünn.“ Auch die Großmutter Fátima Valencia besuchte die Geschwister im Krankenhaus. „Ich weine vor Freude. Die Kinder sind erschöpft, aber ich habe das Fleisch und Blut meiner Tochter zurück.“

Großmutter Fatima Valencia hatte das Überleben der Kinder kurz nach der Nachricht der Rettung auf die „kriegerische“ Natur der 13-jährigen Lesly zurückgeführt.

Ein vom kolumbianischen Verteidigungsministerium veröffentlichtes Video zeigte die Kinder, die in einen Hubschrauber hochgezogen wurden, der in nahezu kompletter Dunkelheit über den hohen Bäumen schwebte.

Nach Angaben von Verteidigungsminister Ivan Velasquez sollten die Kinder in die Stadt San Jose del Guaviare, etwa 285 Kilometer südöstlich von Bogota, gebracht werden. Von dort sollten sie mit einem Flugzeug weiter in die Hauptstadt geflogen werden.

Kleinflugzeug am 1. Mai im Amazonas-Regenwald abgestürzt

Am 1. Mai war ein Kleinflugzeug vom Typ Cessna 206 im Amazonas-Regenwald im Süden Kolumbiens abgestürzt. Am 15. und 16. Mai wurden bei dem Wrack die Leichen der drei Erwachsenen an Bord gefunden. Es handelte sich um den Piloten, einen indigenen Anführer und die Mutter der drei vermissten Kinder, Magdalena Mucutui Valencia.

In der Hoffnung, die 13-jährige Lesly, den neunjährigen Soleiny, den vierjährigen Tien Noriel und die elf Monate alte Cristin zu retten, wurde ein großer Sucheinsatz mit 160 Soldaten und 70 Indigenen eingeleitet. Die Einsatzkräfte hatten ihre Spur verfolgt und dabei eine Babyflasche, eine Schere, Schuhe, Windeln, zerkaute Früchte, Fußabdrücke und Notunterkünfte entdeckt.

Die Kinder gehören dem indigenen Volk der Huitoto oder Witoto an. Huitoto-Kindern ist der Dschungel vertraut, wie Valencia zuvor der Nachrichtenagentur AFP gesagt hatte. Sie lernen früh jagen, fischen und das Sammeln von essbaren Pflanzen. In dem Gebiet des Absturzes leben allerdings auch Schlangen, Jaguare, Pumas und andere Raubtiere. Außerdem sind dort bewaffnete Drogenbanden aktiv.

Präsident Petro: „Heute war ein magischer Tag“

„Heute war ein magischer Tag, der uns ganz ohne Zweifel mit Freude erfüllt“, sagte Präsident Petro bei seiner Rückkehr aus Kuba, wo die kolumbianische Regierung und die Guerillagruppe ELN am Freitag einen sechsmonatigen Waffenstillstand vereinbart hatten. „Ich komme zurück und die erste Nachricht ist, dass die indigenen Gemeinschaften, die an der Suche beteiligt waren, und die Soldaten die Kinder 40 Tage später gefunden haben“, fuhr er fort.

„Sie waren allein, sie haben es aus eigener Kraft geschafft“, sagte Petro. „Das ist ein Beispiel für totales Überleben, das in die Geschichte eingehen wird.“

Für den Sucheinsatz nutzte die Armee unter anderem Spürhunde, Hubschrauber und Satellitenbilder. Außerdem wurden über dem Gebiet 10.000 Flugblätter abgeworfen, auf denen die Kinder auf Spanisch und in ihrer indigenen Muttersprache aufgerufen werden zu bleiben, wo sie sind. Über Lautsprecher wurde eine Botschaft im Dschungel verbreitet, in der die Großmutter der Kinder diese aufruft, sich nicht weiter von der Absturzstelle weg zu bewegen, damit die Soldaten sie finden könnten. (afp)