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Kindesmissbrauch in LügdeFamilienhelfer schöpften keinen Verdacht

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Hinter einem Zaun und Polizeiabsperrband ist ein Lampion und ein Windspiel auf dem Campingplatz Eichwald zu sehen.

Düsseldorf – Im massenhaften Missbrauchsfall auf einem Campingplatz in Lügde haben zwei Familienhelfer bei Besuchen des Pflegekinds und des später verurteilten Ziehvaters keinen Verdacht geschöpft. Das geht aus Aussagen von zwei Sozialpädagogen des Sozialwerks Sauerland im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags hervor.

Die Familienhelfer waren von Herbst 2016 bis etwa Mitte 2017 mit der Unterstützung des Pflegevaters Andreas V. und des Mädchens beauftragt. Sie bekamen nach eigenen Angaben während ihrer Tätigkeit keine Hinweise vom Jugendamt auf möglichen Missbrauch, obwohl den Behörden bereits im Dezember 2016 Warnungen vorlagen. „Die ganze Zeit hat es keinen Hinweis auf sexuellen Missbrauch gegeben“, sagte ein Sozialpädagoge (60) am Freitag als Zeuge im Ausschuss.

Entdeckt worden war der Missbrauchsfall Lügde erst Ende 2018. Anfang September 2019 war der Pflegevater und Haupttäter Andreas V. zusammen mit seinem Komplizen Mario S. wegen hundertfachen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt worden.

Anzeige wegen Kindeswohlgefährdung lag bereits 2016 vor

Die zweite Zeugin erklärte, Andreas V. habe ihr in ersten Gesprächen 2016 selber berichtet, dass es vom Jobcenter Blomberg eine Anzeige wegen Kindeswohlgefährdung gebe. Dabei sei es aber um den Vorwurf der Verwahrlosung gegangen. Zuvor habe sie vom Jugendamt Hameln-Pyrmont und vom Kindergarten nur Hinweise bekommen, dass das Kind eine „Entwicklung nach vorn“ gemacht habe, seit es auf dem Campingplatz lebe. Ihr Auftrag sei außerdem nur die Unterstützung bei der Erziehung gewesen und nicht die Prüfung, ob Missbrauch vorliege, sagte die 59-jährige Sozialpädagogin.

Nachgegangen sei sie lediglich dem Vorwurf, dass das Kind eine für die Jahreszeit zu dünne Jacke getragen habe, sagte die Familienhelferin. Sie habe mit Andreas V. deshalb Ende 2016 auch das Jugendamt Blomberg aufgesucht. Wegen der unterschiedlichen Wohnorte der Mutter des Pflegekindes und des Ziehvaters waren die Jugendämter in Hameln-Pyrmont (Niedersachsen) und Blomberg (NRW) mit der Betreuung des Kindes betraut. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Jugendämter miteinander verbunden sind“, sagte die Sozialpädagogin.Sie habe nur zwei Stunden pro Woche für die Familie gehabt, berichtete die 59-Jährige unter Tränen. Sie sei zudem trotz ihres Alters seinerzeit Berufsanfängerin gewesen, und es sei eine ihrer ersten Familien gewesen. Sie habe das Mädchen immer gut gekleidet angetroffen. „Dass ein Kind mal eine zu kleine Jacke anhat, passiert immer mal“, sagte sie. Sie habe darin „keine Kindeswohlgefährdung gesehen“. Obwohl sie Andreas V. geduzt und mit „Addi“ angeredet habe, habe sie „immer die professionelle Distanz“ zu ihm gewahrt, betonte sie. Als „Grenzüberschreitung“ habe sie aber empfunden, dass eine Frau aus dem Jobcenter dem Kind Geschenke gebracht habe.

Sozialpädagogin nach Aufdeckung des Falls ein Jahr krankgeschrieben

Andreas V. sei „sehr kontrollierend“ und das Pflegekind „sehr auf ihn fixiert“ gewesen, habe aber bei ihren ersten Besuchen auf dem Campingplatz „fröhlich und nicht vernachlässigt gewirkt“, sagte die Sozialpädagogin. „Sie hat ihn Papa genannt und ist auf ihn zugesprungen.“Mitte 2017 gab das Sozialwerk die Betreuung an die Arbeiterwohlfahrt Höxter ab, weil Andreas V. nicht mehr mit dem Team zusammenarbeiten wollte. Als der Missbrauch später aufgedeckt wurde, habe sie das so mitgenommen, dass sie ein Jahr krankgeschrieben worden sei, sagte die Zeugin. Mit dem Wissen von heute würde sie viele Auffälligkeiten von Andreas V. anders bewerten.

Beide Zeugen berichteten, wie irritierend beim ersten Eindruck die Unterbringung des Pflegemädchens auf dem Campingplatz auf sie gewirkt habe. „Sehr bunt, sehr abenteuerlich, ein unkonventioneller Lebensentwurf“, sagte der Familienhelfer. Andreas V. habe sich aber „sehr hilfsbereit“ dargestellt. „Sehr außergewöhnlich“ sei aber gewesen, dass V. im Portemonnaie immer einen handschriftlichen Zettel der Mutter des Pflegekindes bei sich getragen habe. Darauf habe die Mutter erklärt, dass sie wolle, dass V. ihr Kind betreue. Der Sozialpädagoge sollte V. bei Anträgen auf dem Weg zu dem späteren Pflegeverhältnis helfen.Andere Zeugen wie eine Mitarbeiterin des Jobcenters Blomberg hatten in bisherigen Ausschusssitzungen von ihrem frühen Verdacht auf Missbrauch des Pflegekindes berichtet. Doch sie waren mit ihren Warnungen bei den Behörden und bei der Polizei ins Leere gelaufen. (dpa)