Der Tod Benedikts XVI. bedeutet auch für Nachfolger Franziskus eine Zäsur in seinem Pontifikat. Ob er die neue Freiheit nutzen kann und will, ist fraglich.
Kommentar zur Papst-BeerdigungNeue Freiheit für Franziskus
Ohne Papst Benedikt XVI. kein Papst Franziskus. Auch wenn es keine persönliche Leistung ist, wird das zum Vermächtnis des früheren Pontifex gehören. Nach dem Jahrhundert-Pontifikat Johannes Pauls II. setzten die Kardinäle 2005 auf Kontinuität, und Joseph Ratzinger war ihr Gewährsmann.
Für den Argentinier Jorge Mario Bergoglio, den die reformorientierten Kräfte schon im Konklave 2005 auf dem Zettel hatten, war die Zeit erst 2013 reif. Jetzt gab es in der Weltkirche einen starken Wunsch nach Veränderung, Aufbruch, Reformen – nicht zuletzt der römischen Kurie, an deren Verkrustungen der Kurienmann Ratzinger scheiterte, weil er als Kardinal zwar einen Sinn für Macht hatte, aber als Papst kein machtvoller Regent war.
Franziskus ist ein Gegenentwurf zu Benedikt XVI.
Franziskus ist ein Gegenentwurf zu Benedikt – von Beginn an und erklärtermaßen, wie es die programmatische Rede vor seiner Wahl bis heute verrät. Anhänger und Gegner wissen das. Die große Schwierigkeit bestand fast zehn Jahre lang darin, dass Franziskus stets Rücksicht darauf nehmen musste, wie sich sein Vorgänger zu kontroversen Fragen positioniert hatte. Der formal machtlose „Papa emeritus“ blieb somit zu Lebzeiten instititionenlogisch ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor.
Nach Benedikts Tod ist Franziskus jetzt freier in seinen Entscheidungen – einen eigenen Rücktritt eingeschlossen. Ob er den neuen Spielraum darüber hinaus aber noch für grundlegende Reformen nutzen kann und will, ist fraglich. Die Beharrer und Blockierer haben in zehn Jahren ganze Arbeit geleistet.