Köln/NRW – Sommerliche Gefühle – und das im März. Temperaturen von um die 20 Grad, Sonnenstunden bis in den Abend und vor allem: kein Regen. Während sich die meisten angesichts der ansonsten trüben Nachrichtenlage über das schöne Wetter freuen, machen sich andere bereits Gedanken um die Folgen für die Landwirtschaft. Zeigt sich am milden Frühling der Klimawandel und sind die warmen Tage bereits Vorboten auf einen weiteren Dürresommer?
Noch viele Nächte mit Frost
Der wärmste März aller Zeiten werde es wahrscheinlich nicht werden, sagt Bernhard Pospichal, Meteorologe an der Universität zu Köln. „Aber es wird wohl der sonnigste März seit Beginn der Aufzeichnungen.“ Ein beständiges Hochdruckgebiet sorge dafür, dass wir aktuell so viel Sonne abbekommen. Außergewöhnlich warm sei es hingegen nicht. „Das liegt aber vor allem an den kalten Nächten“, erklärt Pospichal. „Die hohen Temperaturen tagsüber werden dadurch ausgeglichen, denn wir rechnen mit dem Tages-Mittelwert. Durch den klaren Himmel gibt es noch viel Frost in den Nächten.“
Der Deutsche Wetterdienst zählt im März 2022 im Mittel bereits rund elf Frosttage in NRW, was überdurchschnittlich sei, hieß es auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Mitteltemperatur läge bislang bei etwa 6,0 Grad – also nur leicht über dem Durchschnittswert von 1991 bis 2020 von 5,7 Grad.
Allerdings hat es im März bislang auch kaum geregnet, laut Wetterdienst beschränkte sich der Niederschlag auf wenige Tage vom 13. bis zum 15. März. Im Flächenmittel seien nur rund 10 mm Niederschlag gefallen, der Durchschnittswert liegt bei rund 65 mm. „Das heißt, wir liegen aktuell grade mal bei knapp 15 Prozent des Monatssolls“, so der Wetterdienst.
Obere Bodenschicht trocknet bereits wieder aus
Das könnte vor allem zum Problem für die Landwirtschaft werden. Die Landwirtinnen und Landwirte sind nach drei Dürre- und einem Flutjahr bereits gebeutelt. Aktuell blicke man noch entspannt auf die Lage, sagt Bernhard Rüb, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer NRW. „Über den Winter hat sich der Grundwasserspeicher gefüllt, die Talsperren sind voller als üblich“, so Bernhard. Auch Meteorologe Pospichal spricht von einem nassen Winter, im letzten Jahr hätten sich die Böden wieder gut erholt. Doch durch die Sonne würden die oberen Bodenschichten bereits wieder ausgetrocknet.
„Aktuell ist die Lage noch gut, wir können auf den Ackern fahren, säen und düngen“, sagt Landwirtschaftskammer-Sprecher Rüb. „Aber die Hauptvegetationszeit liegt im Mai, dann wird es spannend. Hier stimmt tatsächlich eine alte Bauernweisheit: Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun‘ und Fass. Sollte es also im April und Mai so trocken bleiben, wird es kritisch.“
Ernteerfolg entscheidet sich im Mai
Die Hälfte des insgesamt eine Million Hektar großen Ackerlandes in NRW werde für den Getreideanbau genutzt, wiederum die Hälfte davon für Weizen. „Die Qualität der Getreideernte entscheidet sich im Mai“, so Rüb. Im Sommer könne es allerdings auch immer noch mal Stürme oder Hagel geben – „dann kann selbst eine gut geglaubte Ernte noch kaputt gehen.“ Aktuell pflanze man Zuckerrüben, Mais und Kartoffeln an, wobei die Kartoffeln das meiste Wasser benötigten.
Meteorologe Pospichal sieht in Bezug auf die Landwirtschaft noch eine weitere Herausforderung: „Die Vegetation beginnt mittlerweile deutlich früher, teils schon im Februar. Das kann zu Spätfolgen führen, wenn noch einmal der Frost einbricht. Da reicht eine kalte Nacht und alles ist kaputt. In den vergangenen Jahren hat es beispielsweise schon große Schäden bei Apfelkulturen oder der Weinlese gegeben.“
Klimawandel stellt Landwirte vor Herausforderungen
Für die Bäuerinnen und Bauer sei es schwierig, sich auf solche Wagnisse einzustellen, beispielsweise durch den Anbau bestimmter Sorten. „Der Klimawandel ist offensichtlich, die Bauern sind die ersten, die es gemerkt haben. Aber der Klimawandel ist schwer kalkulierbar. Ein Jahr ist besonders trocken, ein anderes Jahr ist besonders nass“, so Rüb. Sicher sei, dass es immer wärmer werde. „Die Bauern haben das Gefühl, dass es Jahrhundertdürren immer öfter gibt.“
Eine Prognose für den Sommer möchte Meteorologe Pospichal noch nicht abgeben. „Das wäre unseriös. Das Jahr wird aber wohl kaum zu kalt werden.“ Bei Untersuchungen zum Klimawandel habe man festgestellt, dass sich nicht alle Monate gleich stark erwärmen. Besonders beim April gebe es deutliche Signale darauf, dass er immer sonniger werde.
Frühjahr wird immer sonniger
Vom Deutschen Wetterdienst heißt es dazu: „Schaut man in die Statistiken der letzten Jahre, fällt auf, dass immer wieder sehr trockene und sonnige März-Monate aufgetreten sind. Besonders sonnig seit 2010 waren in NRW 2011, 2014, 2020. Besonders trocken waren 2011, 2014 und 2012. Ein einzelner Monat ist noch kein Beleg für den Klimawandel, die Häufung der extremen Monate ist jedoch ein klares Indiz. Insofern passt auch der März 2022 in das Bild des ‚gewandelten Klimas‘.“
Ab der nächsten Woche wird es voraussichtlich erst einmal wieder deutlich kälter. „Ich würde nicht ausschließen, dass im Mittelgebirge sogar nochmal Schnee fällt“, sagt Meteorologe Pospichal.
In Bezug auf die Landwirtschaft hat Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer aber noch eine gute Nachricht: „Die Spargelernte im letzten Jahr war Mist – aber dieses Jahr zu Ostern wird es genug Spargel geben. Es sieht nach einer guten Ernte aus.“