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„Sesamstraße“-Star wird 90Wie Lilo Pulver einst fast ein Weltstar geworden wäre

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Liselotte Pulver 2018

  1. Viele kennen Liselotte Pulver noch als fröhliche „Lilo“ aus der „Sesamsstraße“.
  2. Doch die Schauspielerin, die an diesem Freitag 90 Jahre alt wird, wäre fast ein Weltstar geworden, hätte sie Hollywood nicht abgesagt.

Der Reporter der Zeitschrift „Film“ war angesichts von Liselotte Pulver aus dem Häuschen: „Eine junge, seidenhaarige Jagdhündin ist diesem Wesen ähnlich, so wach beobachtend, so schnell und klug auf jeden Eindruck reagierend, so etwas unbeholfen schlank, flink, verspielt und mit einem so ahnenden Auge“, schrieb der Mann 1953 verzückt über die Schweizerin Liselotte Pulver. Ja, so schrieb man damals noch. Liselotte Pulver, die am heutigen Freitag 90 Jahre alt wird, hat darauf wahrscheinlich mit ihrem unverwechselbaren, ansteckenden Lachen reagiert. Jagdhündin, soso.

Lilo Pulver wurde als „Piroschka“ berühmt

Die knabenhafte und – damals wird man wohl gesagt haben kecke – Schauspielerin war der Star des Wirtschaftswunder-Kinos. 1955 hatte der Film „Ich denke oft an Piroschka“ Premiere, in dem sie als junge Ungarin Piri einen deutschen Studenten bezaubert. Der Name des Film-Ortes, Hódmezovásárhely, gehe ihr bis heute ohne Probleme über die Lippen, schreibt Pulver in ihrem neuen Buch „Was vergeht ist nicht verloren“.

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1956 mit Carlos Thompson im „Wirtshaus im Spessart“

Als Räuberbraut in Hosen spielte sie im Film „Wirtshaus im Spessart“ – ein bisschen Märchen, ein bisschen alberne Komödie. Erstaunlich modern und auch heute noch witzig: Ihre Rolle als Schriftstellerin Juliane Thomas im Kinoerfolg „Die Zürcher Verlobung“ von 1957.

Liselotte Pulver stand auf dem Sprung zur Weltkarriere als deutsches „Fräulein“. Tatsächlich holte sie Hollywood-Regisseur Billy Wilder 1961 für den Film „Eins, Zwei, Drei“. Da durfte sie auch sexy sein. Ihr Tanz auf dem Tisch im Pünktchenkleid wurde legendär. Sie hätte Charlton Heston in „El Cid“ vor der Kamera stehen können, doch sagte sie wegen Dreharbeiten in Deutschland ab. „El Cid“ wurde mit Sophia Loren ein Welterfolg. „Die Unterschätzte, die fast ein Weltstar geworden wäre“, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ einst.

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1964 lachte Lilo Pulver mit Sophia Loren und Heinz Rühmann bei der Bambi-Verleihung.

Der Film, den Pulver stattdessen drehte, brachte ihr aber privates Glück: In „Gustav Adolfs Page“ lernte sie den Kollegen Helmut Schmid kennen. 1961 heirateten die beiden. „Er war mein Nonplusultra“, schreibt Pulver. Mit dem Aufkommen des Neuen Deutschen Films Ende der 60er Jahre war ihre Glanzzeit vorbei. Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders drehten Gesellschaftskritisches, für harmlose Unterhaltung war da kein Platz. „Für mich brachen schwierige Zeiten an.“

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In der „Sesamstraße“ mit Co-Moderator Henning Venske

Erst viel später tauchte sie im Fernsehen wieder auf: Von 1977 bis 1983 war sie die „Lilo“ in der „Sesamstraße“ – die kleinen Zuschauer von damals sind heute auch schon über 40. Große Rollen kamen nicht mehr.

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Heute lebt Lilo Pulver nach einigen Schicksalsschlägen zurückgezogen in einer Seniorenresidenz in Bern. Ihre drogenabhängige Tochter Mélisande stürzte 1989 mit 21 Jahren unter ungeklärten Umständen vom Berner Münster. Ihr Mann starb 1992. Sohn Marc-Tell lebt mit seiner Familie in Pulvers einstigem Haus am Genfersee.

Sie selbst sei, so schreibt sie, noch mit ihrem Mercedes Coupé unterwegs, wenn ihr der Sinn danach steht. Und sie lache nach wie vor laut und gerne. (mit dpa)