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Messerattacke in RegionalzugTatverdächtiger hat lange Kriminalakte – Haftbefehl erlassen

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Ein Ermittler im weißen Schutzanzug arbeitet in dem Regionalzug, der auf ein Abstellgleis in Neumünster gefahren worden war.

Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg sind zwei Menschen getötet und mehrere verletzt worden.

Der Tatverdächtige von Brokstedt hat nach Informationen der „Welt“ eine kriminelle Vergangenheit unter anderem in Köln und Münstereifel.

In einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg hat ein Mann auf Passagiere eingestochen. Die Fahrgäste wehrten sich, berichtet ein Augenzeuge. Zwei Menschen starben, der Tatverdächtige wurde festgenommen. Er soll laut der „Welt“ eine lange Kriminalakte haben und seit 2015 zwölfmal polizeilich aufgefallen sein – mit strafrechtlichen Vergehen in Köln, Euskirchen, Bonn und Bad Münstereifel.

Laut Sicherheitskreisen ging es unter anderem um Verfahren wegen Bedrohung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Ladendiebstahls und sexueller Belästigung. Am Donnerstag wurde Haftbefehl gegen den Mann erlassen.

Tatverdächtiger war in JVA und hatte nach Entlassung keinen festen Wohnsitz

Bei dem Tatverdächtigen handele es sich um Ibrahim A., der 1989 in Gaza geboren wurde und damit als staatenlos gilt. Nach Informationen der „Welt“ reiste er 2014 nach Deutschland ein, im Januar 2015 stellte er einen Asylantrag. Er lebte zunächst in Nordrhein-Westfalen, dann in Schleswig-Holstein.

Zuletzt war der staatenlose Palästinenser nach Polizeiangaben ohne festen Wohnsitz. Bis vor kurzem war er noch in einer Hamburger Justizvollzugsanstalt (JVA) untergebracht. Grund sei ein Körperverletzungsdelikt gewesen, teilte die Polizeidirektion im schleswig-holsteinischen Itzehoe am Donnerstag mit.

Vor einer Essensausgabe für Bedürftige soll er laut dem „Spiegel“ auf einen anderen Mann mehrfach eingestochen haben. A. soll damals angegeben haben, vor der Tat Kokain, Heroin und Alkohol konsumiert zu haben. Berichten zufolge soll A. zu einer Freiheitsstraße von einem Jahr und einer Woche verurteilt worden sein.

Messerattacke in Regionalzug: Lange Kriminalakte des Tatverdächtigen

Gesetzesverstöße beging A. offenbar allerdings schon Jahre vorher: Im Jahr 2015 ermittelte die Polizei wegen Ladendiebstahls in Euskirchen und Missbrauch von Scheckkarten in Bonn, 2016 wegen Ladendiebstahls in Euskirchen sowie gefährlicher Körperverletzung in Euskirchen und Bad Münstereifel.

Polizeilich erneut auffällig wurde er dann im Jahr 2018 wegen Körperverletzung in Köln, 2019 wegen sexueller Nötigung in Euskirchen. Vor drei Jahren wurde gegen ihn wegen Sachbeschädigung, zweifacher Körperverletzung sowie Bedrohung in Euskirchen und Körperverletzung in Bonn ermittelt. Ibrahim A. befand sich bis zum 19. Januar dieses Jahres in Untersuchungshaft, berichtet die Welt.

Bei den beiden Opfern des tödlichen Angriffs in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg handelt es sich um einen 19-jährigen Mann und eine 16-jährige Frau. Sieben Menschen wurden verletzt. Der mutmaßliche Täter war schließlich von anderen Fahrgästen überwältigt und von der Polizei auf dem Bahnhof von Brokstedt festgenommen worden.

Eine Kerze steht in einem Wartehäuschen auf dem Bahnsteig des Bahnhof von Brokstedt auf dem Boden. Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg sind zwei Menschen getötet und sieben verletzt worden. Foto

Eine Kerze steht in einem Wartehäuschen auf dem Bahnsteig des Bahnhof von Brokstedt auf dem Boden. Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg sind zwei Menschen getötet und sieben verletzt worden.

Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther den Rettungs- und Einsatzkräften gedankt. Alle hätten einen „großartigen Job geleistet“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag bei einem Besuch in Brokstedt, wo der Zug nach der Tat mit zwei Toten am Mittwoch gestoppt und der mutmaßliche Täter festgenommen worden war.

Gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der schleswig-holsteinischen Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) traf Günther sich dort mit Dutzenden Vertretern von Polizei, Feuerwehr und Hilfsdiensten, die an dem Einsatz beteiligt waren. „Wir haben ihnen unseren Dank und unseren Respekt zum Ausdruck gebracht“, sagte er. Als erste am Ort des schrecklichen Geschehens zu sein, sei „natürlich eine sehr belastende Situation gewesen“. Die Tat lasse noch viele Fragen offen.

„Der Respekt vor den Opfern und Verletzten gebietet es, dass wir uns selbst überprüfen, ob diese schlimme Tat hätte verhindert werden können“, sagte der Ministerpräsident. Die Tat habe ein Mensch begangen, „der nicht das erste Mal auffällig geworden ist“. Deshalb gelte es zu klären, „hat das zwischen den Behörden alles richtig geklappt? Sind wir gut aufgestellt, solche schrecklichen Taten zu verhindern?“ (est/pst/dpa)