Ein Liebling des Volkes war er nie – denn Andrew, der zweitälteste Sohn der Queen, war schon früh aus der Prinzenrolle gefallen. Als junger Mann hatte der Prinz, der am kommenden Mittwoch 60 wird, wegen seiner vielen Flirts den unschönen Spitznamen „Randy Andy“ („geiler Andy“). Schon im Internat soll Andrew die Überfälle der Jungen auf den Schlafsaal der Mädchen angeführt haben. Später vergnügte er sich mit Models und Starlets.
Ruhiger wurde es zunächst um ihn, als er die lebensfrohe Sarah Ferguson heiratete. Die beiden bekamen die Töchter Beatrice und Eugenie – und außer gewissem Spott über die kuriose Namenswahl für die Kinder schien das Glück perfekt. Doch „Fergie“ wurden bald Affären nachgesagt. Schließlich wurde sie dabei fotografiert, wie ein Mann ihr die Zehen lutschte – Andrew war es nicht, sondern ein Finanzberater. Zehn Jahre nach der Hochzeit ließ sich das Paar scheiden.
Offiziell war Andrew Sonderhandelsbeauftragter der Regierung. Seine vielen Flugreisen auf Steuerzahlerkosten brachte ihm den nächsten Spitznamen ein: „Airmiles Andy“. Fragen warfen seine Verbindungen zum Schwiegersohn des tunesischen Ex-Machthabers Zine al-Abidine Ben Ali, zum Sohn von Libyens Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi und zu einem kasachischen Milliardär auf. Auch sei er auf dem politischen Parkett durch Arroganz aufgefallen.
Doch das ist alles harmlos gegenüber den aktuellen Vorwürfen gegen ihn. Andrew war mit dem Milliardär Jeffrey Epstein befreundet, jenem verurteilten Sexualstraftäter, der 2019 angeklagt wurde, einen Sexhandelsring mit Minderjährigen unterhalten zu haben. Er nahm sich im vergangenen Sommer im Gefängnis das Leben.
Andrew will von Epsteins Machenschaften bei diversen Besuchen nichts mitbekommen haben. Dagegen steht die konkrete Anschuldigung der Amerikanerin Virginia Giuffre. Sie wirft Andrew vor, Epsteins Dienste sehr wohl in Anspruch genommen haben. Andrew soll sie als 17-Jährige mehrfach missbraucht haben.
Andrew nahm in einem BBC-Interview Stellung zu den Vorwürfen – was als Flucht nach vorne gedacht war, wurde zu einer PR-Katastrophe. Mit keinem Wort äußerte er Mitgefühl für die Epstein-Opfer; zudem distanzierte er sich nicht überzeugend von Epstein.
Katastrophales Interview
Auch hatte seine Selbstverteidigung geradezu bizarre Züge. Das mutmaßliche Missbrauchsopfer hatte beschrieben, dass er sehr stark geschwitzt habe. Andrew behauptete dagegen, aus medizinischen Gründen gar nicht schwitzen zu können. „Ich habe eine medizinische Eigenart, so dass ich nicht schwitze – weil ich eine Überdosis an Adrenalin im Falklandkrieg erlitten habe, als auf mich geschossen wurde.“
Erst nach heftiger öffentlicher Kritik an diesem denkwürdigen Interview brachte Andrew in einer schriftlichen Erklärung sein „unmissverständliches Bedauern“ über seine „unbedachte Verbindung“ zu Epstein zum Ausdruck. Da war es aber längst zu spät. Im November gab der Palast bekannt, dass Andrew all seine royalen Aufgaben vorerst ruhen lässt. Mit anderen Worten: Er zieht sich erst einmal aus der Öffentlichkeit zurück. Auch seine Beförderung zum Admiral liegt auf Eis. Weiterhin zu ihm steht aber seine Ex-Frau Fergie. Der Queen wird hingegeben vorgeworfen, sie habe zu lange untätig zugesehen.
Eine große offizielle Party zu Andrews 60. Geburtstag wird es nicht geben. Die britische Regierung kündigte Anfang Februar an, die Tradition des landesweiten Flaggenhissens an royalen Geburtstagen zu überdenken. Nur die Glocken der Westminster Abbey in London sollen ihm zu Ehren läuten.Öffentlich zu sehen sein wird er vermutlich Ende Mai, wenn seine Tochter Beatrice einen italienischen Geschäftsmann heiratet. Die Hochzeitsfeier soll aber wegen der widrigen Umstände verhältnismäßig klein gehalten werden.