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Als Merz vor Schülern über Scholz spricht, geht ein lautes Raunen durchs Klassenzimmer

Lesezeit 7 Minuten
Friedrich Merz hat sich den Fragen von Schülerinnen und Schülern gestellt - unter anderem zur AfD. (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Friedrich Merz hat sich den Fragen von Schülerinnen und Schülern gestellt - unter anderem zur AfD. (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) haben sich beim SAT.1-Format „Kannste (nochmal) Kanzler??“ den Fragen von Schülerinnen und Schülern aus ganz Deutschland gestellt. Dabei bohren die Kinder nicht nur bei Themen wie Migration, Wladimir Putin und der AfD genau nach, sondern entlocken den Kanzlerkandidaten auch mal etwas Persönliches.

Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) haben mit Politikern und Journalisten im laufenden Wahlkampf alle Hände voll zu tun. Doch wie schlagen sie sich in einem Klassenraum mit Kindern? Beim SAT.1-Format „Kannste (nochmal) Kanzler??“ stellen sich die Kanzlerkandidaten den knallharten Fragen von 18 Schülerinnen und Schülern aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands im Alter zwischen sieben und 14 Jahren - und die bringen die Herren mit ihrer unverblümten Art ganz schön ins Schwitzen!

Als Erstes betritt Bundeskanzler Olaf Scholz den Klassenraum der Tesla-Gemeinschaftsschule in Berlin und wird bereits von großen Kinderaugen erwartet. Die Aufregung hält die Schülerinnen und Schüler allerdings nicht davon ab, dem 66-Jährigen die ein oder andere unangenehme Frage zu stellen. Immerhin haben sich die Kinder tagelang auf den Besuch vorbereitet und wollen dem SPD-Politiker ganz genau auf den Zahn fühlen ...

Olaf Scholz zeigt ungeahntes Talent: „Von wegen Sie sind schlecht“

Friedrich Merz bemühte sich, seine Politik für die Kinder verständlich zu machen - auch wenn den Ausführungen nicht immer alle folgen konnten, wie die Kinder mithilfe von Smileys klarstellten. (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Friedrich Merz bemühte sich, seine Politik für die Kinder verständlich zu machen - auch wenn den Ausführungen nicht immer alle folgen konnten, wie die Kinder mithilfe von Smileys klarstellten. (Bild: Joyn / Richard Hübner)

„Wenn Sie die Zeit als Kanzler zurückdrehen könnten, würden Sie etwas anders machen wollen?“, möchte ein Junge in Bezug auf die gescheiterte Ampel-Koalition wissen. „Ich glaube, es wäre vielleicht gut gewesen, die Regierung sogar etwas früher zu beenden“, gibt Olaf Scholz vor den Kindern zu. Auf die Frage, was denn eigentlich der Unterschied zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz sei, nennt der Bundeskanzler ein inhaltliches Beispiel. So wolle Merz diejenigen, die das meiste Geld verdienen, steuerlich entlasten. Dazu räumt Scholz ein: „Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg, sondern eigentlich genau falsch.“

Ein Schüler mit eingewanderten Eltern fragt, ob er abgeschoben wird, wenn seine Eltern ein Verbrechen begehen würden. Da redet Olaf Scholz lieber ein wenig drum herum und erklärt, dass es auf die Straftat sowie das Alter und die Situation des Kindes ankäme. Auch die Kosten für einen Döner treibt die Kleinen um. Denn: Wenn Scholz doch selbst so gerne Döner esse, wie er in der Klasse erzählt, „warum sind die Preise dann so teuer?“, hakt ein Mädchen nach. Das kann der SPD-Politiker mit den hohen Energiepreisen und den gestiegenen Kosten der einzelnen Produkte verständlich machen.

Damit die Wirtschaft in Zukunft allerdings besser zurechtkäme, wolle Scholz den Unternehmen einen „Made in Germany“-Bonus gewährleisten, der die Kosten für Investitionen vergünstigt, und mehr Geld in die Forschung stecken, um neue und bessere Produkte entwickeln zu lassen. Natürlich geht es in der Klasse aber nicht nur um ernste Themen. Die Schüler wollen mit dem Kanzler auch das ein oder andere Spiel spielen und bringen Scholz dazu, einen Center Shock (einen sehr sauren Kaugummi) zu kauen. „Das ist jetzt eine Herausforderung“, lacht der 66-Jährige.

Bei der Entweder-Oder-Fragerunde heißt es dann knallhart: „Entweder du trittst als Politiker zurück oder die AfD kommt an die Macht.“ Olaf Scholz wählt den Rücktritt: „Die AfD wäre das Schlimmste für Deutschland.“ Schwer beeindruckt sind die Kinder, als Scholz auch als Torwart am Tischkicker überzeugt: „Von wegen Sie sind schlecht“, staunt die Klasse.

Für Olaf Scholz hatten die Schülerinnen und Schüler einige knifflige Fragen vorbereitet. (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Für Olaf Scholz hatten die Schülerinnen und Schüler einige knifflige Fragen vorbereitet. (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Am Ende zeigen sich die Kinder begeistert vom Auftritt des Kanzlers. „Ich mag seine ruhige Art und dass er so sicher wirkt und so ruhig ist“, meint ein Junge abschließend über Olaf Scholz und ein Mädchen erzählt: „Er ist eigentlich ganz entspannt. Im Fernsehen merkt man ja nicht, wie er wirklich ist, man muss ihn erst mal richtig kennenlernen.“ Es gibt aber auch durchaus Kritik: „Es war natürlich überkrass, dass Scholz da war, aber ich finde, er könnte die Reden vielleicht ein bisschen spannender für Kinder machen“, resümiert ein Mädchen. Ein Schüler hat erkannt: „Er ist nicht immer genau auf den Punkt gekommen, was er sagen wollte.“

Als Merz zwischen Habeck und Scholz wählen muss, geht ein Raunen durch die Klasse

Anschließend kommt Friedrich Merz in die Klasse, der den Kindern gleich mal erklären muss, warum er sich überhaupt als Bundeskanzler eignen würde: „Ich bringe beides mit: Erfahrung in der Politik, aber auch Erfahrung in der Wirtschaft. Und das macht den Unterschied aus. Ich bin ein bisschen anders als die anderen Kandidaten, die fast die ganze Zeit ihres Lebens in der Politik verbracht haben.“ Und warum er besser als Olaf Scholz regieren könne? „Weil ich glaube, wir brauchen jetzt mal eine Regierung, die aufhört, zu streiten“, findet der 69-Jährige.

Ein junges Mädchen möchte wissen: „Findest du eigentlich etwas nett an Olaf Scholz?“ Merz entgegnet nach kurzer Überlegung: „Ja, ich sag mal, der hat durchaus seine sympathischen Seiten. Man kann mit ihm ordentlich reden, er hört zu, und wir haben an und für sich gute Gespräche auch geführt in den letzten drei Jahren.“ Wladimir Putin wiederum vergleicht der CDU-Politiker mit einem „Raudi auf dem Schulhof, der an jeder Ecke eine Schlägerei anfängt“. Dem müsse man Einhalt gebieten, erklärt er den Kindern: „Wenn wir uns nicht wehren, dann wird er weitermachen. Und das ist die große Gefahr. Und da bin ich mit Scholz nicht einig. Ich glaube, wir müssen Putin zeigen: Du hast keine Chance gegen uns zu gewinnen.“ Und weiter: „Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.“

Beim Kickern staunten die Kinder über die starke Performance von Olaf Scholz im Tor! (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Beim Kickern staunten die Kinder über die starke Performance von Olaf Scholz im Tor! (Bild: Joyn / Richard Hübner)

Mit diesem Leitspruch, den Merz vor den Schülern mehrfach wiederholt, begründet der Kanzlerkandidat auch die Wehrpflicht, die er als verpflichtendes Gesellschaftsjahr wiedereinführen möchte. Davon sind die Kinder allerdings wenig begeistert: „Ich habe eigentlich keine Lust im Krieg zu sterben“, sagt ein Junge. „Das will keiner“, sieht Merz ein, kann der Klasse aber auch die soziale Alternative zum Militär, beispielsweise im Krankenhaus oder Pflegeheim zu arbeiten, nur bedingt schmackhaft machen.

Übrigens: Wenn Friedrich Merz ein Tier wäre, wäre er gerne ein Pferd! Und in der Schulzeit sei der CDU-Politiker eher ein „Chaot“ gewesen, während er Olaf Scholz als „Streber“ in der Schule vermute. „Olaf Scholz oder Robert Habeck?“ lautet dann eine Frage beim Entweder-Oder-Spiel und Friedrich Merz muss erst mal durchpusten. Dann hat er eine klare Antwort: „Also Bier trinken eher mit Robert Habeck als mit Olaf Scholz. Regieren am besten mit keinem von beiden.“ Ein lautes Raunen geht durch den Klassenraum.

Aufgezeichnet vor Abstimmungs-Eklat: Friedrich Merz schließt Zusammenarbeit mit der AfD

Als es um die AfD geht, wird es dann aber wieder ernst. Wie Scholz erklärt auch Merz, dass er lieber aus der Politik zurücktreten würde, als die kontroverse Partei an die Macht zu lassen. Die Behauptung eines Jungen mit syrischen Eltern, dass Merz sich wie die AfD positionieren würde, weist dieser entschieden von sich: „Nein, ganz sicher nicht!“ Arbeiterfamilien, wie die des Jungen, „die wollen wir haben, die brauchen wir. Die leben hier, die sind hier, die arbeiten hier. Über die redet überhaupt keiner - jedenfalls keiner in meiner Partei“, erklärt der CDU-Chef.

Zur AfD holt Merz noch weiter aus und hält eine Zusammenarbeit mit der Partei für ausgeschlossen (an dieser Stelle wird eine Info des Senders eingeblendet, dass Merz die Klasse am 16. Januar 2025 besucht hat - also vor der Abstimmung für seinen Migrations-Plan mit der AfD). „Das bleibt auch so. Ich werde das ganz sicher nicht machen. Ich will mit diesen Leuten nichts zu tun haben. Gesichert rechtsextrem, das sind Leute, die unsere Demokratie gefährden. Ich will das nicht und das bleibt auch so. [...] Ich werde alles tun, um das zu verhindern“, wird Merz in der Klasse deutlich.

Nach einer weiteren Runde am Tischkicker geben die Schüler auch vom CDU-Politiker einen positiven Eindruck wieder, sparen aber wie schon bei Scholz nicht an Kritik. „Er ist sympathisch, nett und man sieht an ihm, dass er Kinder hat“, berichtet ein Junge. Merz habe Sachen „verständlicher erklärt“, findet wiederum ein Mädchen und ein Schüler sagt ehrlich: „Aber ich fand, als er sich mit Rachid sage ich jetzt mal gebattlet hat, dass man da schon seine politische, grantige Art so ein bisschen gesehen hat. Das war beim Herrn Scholz nicht so, der hat sich immer kontrolliert. Aber trotzdem fand ich den Herrn Merz sehr, sehr herzlich - meistens.“

Und wen würden die Schüler nun wählen? „Ich kann mich ehrlich gesagt nicht so richtig entscheiden. Vom rein Menschlichen her, würde ich sagen, Herr Merz. Aber Herr Scholz hat auch irgendwie was Sympathisches“, erklärt ein Junge ein Unentschieden und auch ein weiterer meint: „Ganz schwierig. Beide fand ich wirklich nett.“ Am 23. Februar müssen die Bürgerinnen und Bürger bei der Bundestagswahl eine Entscheidung treffen: Olaf Scholz, Friedrich Merz - oder doch wer ganz anderes? (tsch)