Armin Laschet war mal Unions-Kanzlerkandidat. Heute ist er Außenpolitiker. Beim Caren Miosgas Ukraine-Talk in der ARD versucht Laschet zu zeigen, dass er kein Hinterbänkler im Bundestag mehr sein will.
Bei Miosga weist Laschet auf einen großen Fehler des Kanzlers hin„Chance, die verpasst wurde“
Fast drei Jahre lang hat sich der ehemalige Unionskanzlerkandidat Armin Laschet im Fernsehen kaum sehen lassen. In letzter Zeit ist er jedoch immer wieder Gast in Talkshows. Unklar ist, ob sich der Politiker für einen Ministerposten eines Schattenkabinetts von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz ins Gespräch bringen will - oder ob vielleicht schon ein Ministerposten für ihn vorgesehen ist.
Am Sonntagabend kann man bei „Caren Miosga“ (ARD) den Eindruck gewinnen, der CDU-Außenpolitiker zeigt, wie diplomatisch er sein kann. Nur ein einziges Mal kritisiert er Bundeskanzler Scholz. Aber klar sagt er, wofür er stehen würde, wenn man ihn - sagen wir mal - als Bundesaußenminister beriefe: für die Stärkung der deutsch-französischen Beziehungen.
Am Samstagabend hatte sich der französische Präsident Macron bei der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame in Paris mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj getroffen. Trump hat unterdessen schnelle Friedensverhandlungen für die Ukraine gefordert, in der seit mehr als 1.000 Tagen ein blutiger, von Russland angezettelter Krieg tobt.
Miosga lässt diesmal den sonst üblichen Einzeltalk mit ihrem Gast aus der Politik ausfallen und beginnt sofort eine Diskussion mit ihren Gästen, zu denen auch die Militärexpertin Claudia Major und Moritz Gathmann gehören. Gathmann ist Stern-Reporter für Osteuropa.
Laschet kritisiert Scholz: „Das Deutsch-Französische ist in einem schlechten Zustand“
„Ich fand, das war ein enormer Erfolg für Präsident Macron, der innenpolitisch extrem angeschlagen ist.“ So bewertet Claudia Major das Gespräch am Samstagabend. „Die Regierung seines Premierministers ist gerade auseinandergeflogen. Und er hat es geschafft, dieses Treffen zu brokern. Und da bin ich voller Hochachtung, dass er das geschafft hat.“ Wichtig sei, vor der Inauguration Trumps am 20. Januar ins Gespräch zu kommen. Auch Selenskyj habe versucht, Kontakt zu Trump aufzunehmen. Er habe Trump in den USA besucht. „Es war ein bemerkenswertes Treffen“, sagt Major, um hinzuzufügen: „Es wäre natürlich schön gewesen, wenn auch andere Europäer daran beteiligt gewesen wären.“
„Ich fände bei allen Auftritten, auch gegenüber Russland, wäre es gut, wenn man erkennen würde, dass Deutschland und Frankreich hier zusammenstehen würden, weil das für viele wie Europa ist“, kritisiert Laschet die Tatsache, dass Bundeskanzler Olaf Scholz nicht zu dem Treffen eingeladen wurde. „Das Deutsch-Französische, das jetzt gerade so wichtig wäre, ist in einem schlechten Zustand, und das war nur der letzte Beleg.“
Laschet kennt den französischen Präsidenten. Der buhle nachgerade um verbesserte deutsch-französische Beziehungen. Aber: „Dem amtierenden Bundeskanzler scheint dieses deutsch-französische Verhältnis nicht so wichtig zu sein, wie es noch bei Gerhard Schröder oder Helmut Schmidt war. Das ist schade, denn wenn Trump am 20. Januar Präsident ist, wird Europa stark mit einer Stimme sprechen müssen. Dann kann das nicht mehr so diffus sein wie in diesem Moment, und gestern wäre eine gute Chance gewesen, die verpasst wurde.“
Laschet: „Wir müssen stärker werden“
Die Ukraine erlebt ihren dritten Kriegswinter. Die russische Armee rückt immer weiter vor, wenn auch unter großen Verlusten. Jede Nacht fliegt Russland Angriffe auf die Ukraine, zerstört vor allem wichtige Energie-Infrastruktur. Moritz Gathmann und Claudia Major sind pessimistisch: Russland mache nicht nur in der Ukraine Fortschritte, sondern sei auch dabei, das von der ukrainischen Armee besetzte Kursk langsam wieder zurückzuerobern. „Russland liegt vorn, die Ukraine verliert gerade“, analysiert Claudia Major mit wenigen Worten die Lage. Die Menschen in der Ukraine seien kriegsmüde. „Das heißt aber nicht, dass sie sagen: um jeden Preis aufhören.“
Das nimmt Gathmann anders wahr. Laut aktuellen Umfragen sei eine Mehrheit der Ukrainer in Friedensverhandlungen zu Zugeständnissen bereit, wenn dadurch der Krieg beendet werden könnte - auch wenn diese für die Ukraine negativ wären. Europa müsse bei möglichen Friedensverhandlungen mit der Ukraine eine wichtige Rolle spielen, fordert Laschet. „Wir müssen stärker werden, wir müssen mehr tun, aber ich halte ohne die Vereinigten Saaten eine dauerhafte Sicherheitsgarantie für die Ukraine für ausgeschlossen.“
Claudia Major warnt: Deutschland nicht auf Zeit nach dem Krieg vorbereitet
Doch bis dahin dürfte es noch sehr lange dauern. Und die Rolle Europas bei möglichen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ist noch sehr unklar. Claudia Major weiß das, und sie fügt mit Blick auf den US-Präsidenten hinzu: „Wir dürfen nicht glauben, dass mit einem Waffenstillstand das Thema Verteidigung oder Unterstützung für die Ukraine irgendwie an Bedeutung verlieren würde. Selbst wenn es einen Waffenstillstand gibt, dann heißt das nicht, dass die Unterstützung für die Ukraine militärisch, politisch, wirtschaftlich runtergeht.“
Zudem dürfe man auch die deutsche Verteidigungsfähigkeit nicht aus dem Blick verlieren. „Zu glauben, wir haben einen Waffenstillstand, und dann können wir uns zurücklehnen und weitermachen wie bisher, das wird nicht der Fall sein.“ Deutschland sei auf die Zeit nach dem Krieg nicht ausreichend vorbereitet, mahnt Major. Russland werde sich nach ungefähr acht Jahren erholt haben und dann in der Lage sein, einen erneuten Krieg zu führen. „Darum fände ich es wichtig, dass wir die Verteidigungsfähigkeit - oder Kriegstüchtigkeit, wie es Verteidigungsminister Pistorius sagte, bewusster denken.“
„Ich glaube, dass in den nächsten Jahren in diesem Bereich mehr passieren muss“, sagt auch Laschet. „Und die Bevölkerung wird es dann auch mehr und mehr wahrnehmen.“ (tsch)