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Deutsche Apple-Serie „KRANK Berlin“Ein Krankenhaus direkt aus der Hölle

Lesezeit 4 Minuten
So eine Krankenhaus-Serie, zumal aus Deutschland, hat man noch nicht gesehen: „KRANK Berlin“ schildert in acht drastischen Folgen den Stress und die Abgründe der Arbeit an einer Berliner Notaufnahme. Haley Louise Jones als junge Chefin Dr. Parker und der drogensüchtige Chirurg Ben (Slavko Popadić) sind die Hauptfiguren. (Bild: Apple TV+)

So eine Krankenhaus-Serie, zumal aus Deutschland, hat man noch nicht gesehen: „KRANK Berlin“ schildert in acht drastischen Folgen den Stress und die Abgründe der Arbeit an einer Berliner Notaufnahme. Haley Louise Jones als junge Chefin Dr. Parker und der drogensüchtige Chirurg Ben (Slavko Popadić) sind die Hauptfiguren. (Bild: Apple TV+)

In der drastischen deutschen Apple-Serie „KRANK Berlin“ (ab Mittwoch, 26. Februar) kämpfen die neue Notaufnahme-Oberärztin (Haley Louise Jones) einer überlasteten Stadtklinik und ihr drogensüchtiger Kollege (Slavko Popadić) um das Leben der Patienten. Krasse Bilder treffen auf starkes Schauspiel.

Dr. Zanna Parker (Haley Louise Jones, links) und Dr. Emina Ertan (Şafak Şengül) versuchen das Chaos ihrer Notaufnahme in den Griff zu kriegen. (Bild: Apple TV+)

Dr. Zanna Parker (Haley Louise Jones, links) und Dr. Emina Ertan (Şafak Şengül) versuchen das Chaos ihrer Notaufnahme in den Griff zu kriegen. (Bild: Apple TV+)

Sieht man die neue deutsche Apple-Serie „KRANK Berlin“, entsteht im Kopf die These: Man muss dem früheren Notfallmediziner und heutigen Drehbuchautor Samuel Jefferson Schreckliches angetan haben. Jefferson machte 2011 seinen Abschluss als Mediziner an der Newcastle University. Er arbeitete danach selbst an einer Notaufnahme, schreibt aber mittlerweile preisgekrönte Literatur, Theaterstücke und Drehbücher. Gemeinsam mit dem Berliner Viktor Jakovleski kreierte Jefferson das deutsche Medical-Drama „KRANK Berlin“. Am Mittwoch, 26. Februar, startet die Serie mit einer Doppelfolge bei Apple TV+. Sechs weitere Episoden veröffentlicht der Streamer im Wochenrhythmus.

Der Chirurg Dr. Ben Weber (Slavko Popadić) hat nicht nur ein Faible für seinen Job auf Speed, sondern auch für Opiate. Wenn er nicht arbeitet, treibt er zugedröhnt durch die Berliner Nacht. (Bild: Apple TV+)

Der Chirurg Dr. Ben Weber (Slavko Popadić) hat nicht nur ein Faible für seinen Job auf Speed, sondern auch für Opiate. Wenn er nicht arbeitet, treibt er zugedröhnt durch die Berliner Nacht. (Bild: Apple TV+)

Die für die Bezirke Kreuzberg und Neukölln zuständige fiktive Klinik hört wohl nicht zufällig auf die sprechende Abkürzung KRANK. Sie gilt als das härteste Krankenhaus der Stadt, ach was: ganz Deutschlands! Nachdem sich die aus München zugezogene Zanna Parker (Haley Louise Jones) als neue Oberärztin der Notaufnahme bei Klinikchef Dr. Beck (Peter Lohmeyer) vorgestellt hat, beginnt für die junge Medizinerin ein Ritt durch die Hölle.

Außerhalb der Notaufnahme begleitet man ein ungleiches Duo, bestehend aus der blutjungen Olivia (Samirah Breuer) und dem zynisch-erfahrene Olaf (Bernhard Schütz), bei der Arbeit im Rettungswagen. Einige ihrer Notrufe erweisen sich als drastische Abenteuer ... (Bild: Apple TV+)

Außerhalb der Notaufnahme begleitet man ein ungleiches Duo, bestehend aus der blutjungen Olivia (Samirah Breuer) und dem zynisch-erfahrene Olaf (Bernhard Schütz), bei der Arbeit im Rettungswagen. Einige ihrer Notrufe erweisen sich als drastische Abenteuer ... (Bild: Apple TV+)

Ihre Station wird von Patienten überrollt, man ist chronisch unterbesetzt, und die medizinische Ausstattung erweist sich als mangelhaft. Dazu kommt, dass ihr Team ein Problem mit Dr. Parkers Funktion hat. Die letzten Chefs der Abteilung haben schnell das Weite gesucht, nachdem sie die Härte des Jobs im KRANK realisiert hatten. Trotzdem will sich Zanna Parker durchsetzen. Sie kämpft um ihre Autorität, um eine bessere Organisation ihrer Abteilung - und bald auch für ihre Mitarbeiter. Darunter der drogensüchtige Chirurg Ben (Slavko Popadić), die türkischstämmige Ärztin Emina (Safak Sengül), der smarte Jung-Mediziner Dominik (Aram Tafreshian) oder die ungleiche Belegschaft eines Rettungswagens, die blutjunge Olivia (Samirah Breuer) und der zynisch-erfahrene Olaf (Bernhard Schütz).

Eine Endzeitserie im Krankenhaus?

Dr. Zanna Parker (Haley Louise Jones) versorgt einen Patienten in ihrer Notaufnahme. Ihre Vorgänger haben es nie lange in ihrem Job ausgehalten. Schafft die frisch aus München zugezogene Ärztin die Wende auf ihrer Chaos-Station? (Bild: Apple TV+)

Dr. Zanna Parker (Haley Louise Jones) versorgt einen Patienten in ihrer Notaufnahme. Ihre Vorgänger haben es nie lange in ihrem Job ausgehalten. Schafft die frisch aus München zugezogene Ärztin die Wende auf ihrer Chaos-Station? (Bild: Apple TV+)

Olivia (Samirah Breuer, links), die Ärztin werden will, und Dr. Emina Ertan (Şafak Şengül), die aus einer türkischen Familie stammt, fühlen sich zueinander hingezogen. (Bild: Apple TV+)

Olivia (Samirah Breuer, links), die Ärztin werden will, und Dr. Emina Ertan (Şafak Şengül), die aus einer türkischen Familie stammt, fühlen sich zueinander hingezogen. (Bild: Apple TV+)

In Berlin sehen selbst die Krankenhäuser wie Techno Bunker aus, denkt man sich beim Schauen dieser alles andere als gefälligen deutschen Apple-Serie. Sie entstand in Kooperation mit ZDFneo, wo man die acht Folgen wohl irgendwann später sehen kann. Im Hinblick auf eine internationale Vermarktung ist es sicher kein Zufall, wie drastisch Berlin in der Serie unter der Regie von Alex Schaad (“Aus meiner Haut“) und Fabian Möhrke (“Eichwald, MdB“) gezeichnet wird. Unterfüttert von Techno-Klängen verliert man zur hektischen Handkamera manchmal den Überblick darüber, ob man gerade noch mit dem den Opiaten zugeneigten Dr. Ben im Club abhängt oder schon wieder im verranzten Krankenhaus bei der Arbeit angekommen ist. Chaos und Dreck herrschen überall vor. Auf dem Parkplatz steht das Wasser oder es tropft wie im „Alien“-Raumfrachter Nostromo dekorativ von der Decke. Im Hof hinter Bergen mit Klinikabfall leben verwahrloste Obdachlose oder es werden an gleicher Stelle unter der Hand Menschen ohne Krankenversicherung behandelt.

 (Bild: Apple TV+)

(Bild: Apple TV+)

Regelmäßig suchen Patienten mit Schuss- und Stichwunden die Klinik auf - oder ein Massenunfall sorgt für die totale Überlastung. Man muss schon zwei bis drei Folgen „KRANK Berlin“ durchhalten, bis neben der Drastik der stylischen, hochklassigen Bildern auch Wärme und menschliche Tiefe in das Geschehen einziehen. Je mehr man über die Figuren der Berliner Notaufnahme erfährt, desto interessanter werden sie. Vor allem aber ist die Serie auch schauspielerisch exzellent. Die 36-jährige Haley Louise Jones etabliert sich nach ihrer Duftmarke als Ermittlerin in der starken Netflixserie „Liebeskind“ als eine der spannendsten deutschsprachigen Schauspielerinnen ihrer Generation. Auch Slavko Popadić ist als sympathischer Jungmediziner mit Drogenproblem stark, wobei die oben erwähnten Charaktere alle deutlich mehr als nur Nebenrollen - und vor allem ebenfalls großartig besetzt - sind.

„Emergency Room - Die Notaufnahme“ als Berlin-kaputt-Variante

Auch wenn die letzte Folge des Achtteilers, der auf Fortsetzung angelegt sein dürfte, ein wenig prätentiös und berechnend daherkommt - dazwischen gibt es viel drastisches Qualitätsfernsehen. Auf eine Art, die es im Genre der Medizinserie so aus Deutschland noch nicht gegeben hat. Ein bisschen erinnert „KRANK Berlin“ tatsächlich an den 90er-Jahre Megaerfolg „Emergency Room - Die Notaufnahme“. Ab 1994 machte sie nicht nur George Clooney zum Star, sondern setzte über 15 Staffeln Maßstäbe in Sachen drastische Krankenhaus-Szenen und qualitativ hochwertiges Erzählen.

„KRANK Berlin“ ist die zeitgemäße Kaputtes-Berlin-Variante des einst in Chicago angesiedelten „ER“: Krasse Notaufnahme-Fälle werden im hohen Tempo und in echter medizinischer Fachsprache behandelt, gerettet oder auch verloren. Ärzte und Pflegepersonal arbeiten am Rande der Belastungsgrenze oder jenseits von ihr. Doch zwischen den Fällen existiert auch Raum für Liebe, Freundschaft und Menschlichkeit. Auch das flimmert in „KRANK Berlin“ immer wieder mal über den Bildschirm. Anders wäre die Krankenhaus-Dystopie aber auch nicht zu ertragen. (tsch)