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Diesmal keine ParolenDas sind die Musik-Highlights der Woche

Lesezeit 4 Minuten
Panik Panzer (links), Danger Dan (Mitte) und Koljah, zusammen bekannt als Antilopen Gang, spielen auf ihrem neuen Doppelalbum „Alles muss repariert werden“ sowohl HipHop als auch Punk. (Bild: Danny Koetter)

Panik Panzer (links), Danger Dan (Mitte) und Koljah, zusammen bekannt als Antilopen Gang, spielen auf ihrem neuen Doppelalbum „Alles muss repariert werden“ sowohl HipHop als auch Punk. (Bild: Danny Koetter)

In Extremo, Rea Garvey und die Antilopen Gang, die sich augenzwinkernd von allen Parolen lossagt und stattdessen lieber die Welt „reparieren“ möchte: Erfahren Sie hier, was neu, wichtig und hörenswert ist in der Welt der Musik.

Die Antilopen Gang will mit ihrem neuen Album alles reparieren, muss die Dinge dafür aber erst einmal auseinandernehmen - mit Humor, Haltung und ungewohnten harten (Punk-)Tönen. Neues und Hörenswertes gibt es außerdem von In Extremo und Rea Garvey.

Antilopen Gang - Alles muss repariert werden

In Extremo präsentieren mit einem neuen Album ihren ganz eigenen hochprozentigen „Wolkenschieber“, der Kummer und Schmerz vertreiben soll. (Bild: Robert Eikelpoth)

In Extremo präsentieren mit einem neuen Album ihren ganz eigenen hochprozentigen „Wolkenschieber“, der Kummer und Schmerz vertreiben soll. (Bild: Robert Eikelpoth)

Diesmal keine Parolen, verspricht die Antilopen Gang. Und dann halten Koljah, Danger Dan und Panik Panzer streng genommen nicht einmal bis zum ersten Song durch: „Alles muss repariert werden“ heißt das neue Album. Aber immerhin, für so eine Aufwiegler-Bande ist das Motto echt sympathisch, und ein bisschen gehört das Paradoxe ja auch zum Witz dieser Formation. Wo andere immer nur zerstören wollen, steht jetzt also das Heile-Machen im Vordergrund. Allerdings: Wer etwas reparieren will, muss die Dinge manchmal auch erst in ihre Einzelteile zerlegen. Das konnten sie schon immer gut, und in der Hinsicht hat sich bei der Antilopen Gang auch mit den neuen Tracks nicht viel geändert.

Schon mit der im April veröffentlichten ersten Single „Oktober in Europa“ packte das meinungsstarke Trio ein heißes Eisen an, um sich vor dem Hintergrund des neu entflammten Gaza-Konflikts differenziert mit Antisemitismus und Israel-Hass auseinanderzusetzen. Und bei der Kriegstreiberei-Kritik hört es nicht auf. Der deprimierende Zustand der Musikbranche, persönliche Verlusterfahrungen und kaputte (oder überholte) Männlichkeitsbilder: Da steckt einmal mehr richtig viel drin, natürlich auch viel Doppelbödiges, wie immer bei der Antilopen Gang.

Aber nicht nur inhaltlich, auch musikalisch hat „Alles muss repariert werden“ eine Menge zu bieten. Theoretisch ist es das siebte Album der Antilopen Gang, in gewisser Weise kann man aber auch von einem Debüt sprechen. Während die Gruppe auf der ersten Hälfte des Doppelalbums HipHop spielt (also die Art Musik, mit der die Antilopen bekannt wurden), besteht die zweite Hälfte nur aus Punk-Songs - neue harte Töne, die ihnen durchaus gut zu Gesicht stehen. 22 sehr kurzweilige Titel enthält das neue „undogmatische Manifest“ insgesamt, verteilt auf etwas über eine Stunde Spielzeit.

In Extremo - Wolkenschieber

Weniger TV-Präsenz, mehr Musik: Rea Garvey (neues Album „Halo“) fokussiert sich derzeit wieder auf das, was er eigentlich am besten kann. (Bild: Sonja Müller)

Weniger TV-Präsenz, mehr Musik: Rea Garvey (neues Album „Halo“) fokussiert sich derzeit wieder auf das, was er eigentlich am besten kann. (Bild: Sonja Müller)

„Wolkenschieber“, wer kennt den Begriff noch? Wenn man es jemandem zutrauen muss, dann wohl den Fans von In Extremo. 1874 entwickelte der Köpenicker Apotheker Gustav Schultze nach langem Experimentieren einen „Spezial-Liquer“, der Kummer und Schmerzen vertreiben sollte, nebenbei eine angenehm berauschende Wirkung hatte und schließlich als „Wolkenschieber“ bekannt wurde. Aber auch bei Vagabunden und Herumtreibern sprach man früher mal von „Wolkenschiebern“. Und weil beide Bedeutungen so schön in den Themenkosmos von In Extremo passen, heißt so jetzt auch der 13. Langspieler der Band: „Wolkenschieber“.

Seit ihrem Durchbruch in der Mittelalter-Rock-Szene sind In Extremo bekannt dafür, sich gerne auf Altes und Vergangenes zu beziehen. Gleichzeitig schlagen die Spielleute um Michael „Das letzte Einhorn“ Rhein mit den zwölf neuen Liedern auch eine Brücke ins Hier und Jetzt. „Das Leben zu Zeiten Otto von Bismarcks hat viele Parallelen zur Gegenwart“, erklärt Bassist Kay Lutter. „Es herrschte eine unglaubliche Armut, große Wohnungsnot und politischer Tumult - etwas, was leider auch heute wieder sehr präsent ist.“ Mit der neuen Musik, einem Gebräu aus beschwingten Trinkliedern, mitreißenden Hymnen und rustikalen Balladen, wollen In Extremo nun auf ihre Weise das tun, was Schultzes „Wolkenschieber“ schon vor 150 Jahren versprachen. Eine neue Tour steht übrigens auch an, das Auftaktkonzert ist für 15. November in Saarbrücken geplant.

Rea Garvey - Halo

Bei „The Masked Singer“ gehörte er zuletzt nicht mehr zum ständigen Rateteam, als Coach bei „The Voice of Germany“ ist er inzwischen auch (wieder) ausgestiegen: Als TV-Persönlichkeit hat sich Rea Garvey in den letzten ein, zwei Jahren etwas dünn gemacht. Aber dafür ist er jetzt wieder als Musiker aktiv. Schon im Sommer 2023 begann er, nach längerer Pause wieder neue Singles zu veröffentlichen, die erst einmal nur für sich stehen sollten. Inzwischen ist in den Studios zwischen London und Berlin aber so viel neues Material entstanden, dass es doch mal wieder für ein ganzes Album reicht.

„Halo“ nennt der irische Pop-Schmusebär und ehemalige Reamonn-Frontmann seinen sechsten Solo-Langspieler. Die Lieder (14 Titel in der Standard-Version) handeln vom „Post-Covid-Vakuum“ und der „Sehnsucht nach Frieden auf der Welt“, aber auch von „Liebe, Freundschaft, Familie und Menschlichkeit“. Unterm Strich, so kennt man den 51-Jährigen, alles Herzensmusik mit viel Soul.

„Für mich geht es in 'Halo' um die Großartigkeit, die in Menschen steckt“, erklärt Rea Garvey sein neues Werk. „Es ist so, als ob jemand einen Raum betritt und einem einfach ein Lächeln ins Gesicht zaubert, weil er nur im Raum ist.“ Schöne Randnotiz, passend zum Thema des Albums: Den Titelsong „Halo“ widmet der Publikumsliebling seiner Tochter Aamor, die auch im offiziellen Musikvideo zu sehen ist. (tsch)