Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. „Zusammengeklaute Schei..ße!“, kommentierte Dieter Bohlen während des DSDS-Vortrags eines Talentes, das sich am deutschen Schlager versuchte. Aber „Ich halt dich fest“ fand keine Gnade vor des Pop-Titanen gestähltem Auge: „Ich finde, solche Songs sind der Untergang des Schlagers. Immer dieselben Akkorde, dieselben Sequenzen, immer wieder. Diese Art von Schlager ist mausetot. Der Titel hätte 'Hoffnungslos' heißen müssen.“

Und das sagt der, der als „Hitmaker“ den Großteil seiner Zeit mit Modern Talking mit dem immer gleichen Euro-Disco-Stampf-Ryhthmus, dem immer gleichen Falsett und der an der Klampfe geschwungenen Becker-Faust durchkam - und sich danach seine Villa in Tötensen mit goldenen und Platin-Platten tapezieren konnte.

So gesehen könnte aus Thomas Sundara (43), der „Ich halt dich fest“ komponiert hat, also schon noch was werden. Vorerst wird er aber in seinen Beruf als Paketzusteller zurückkehren, da verbreitet er als „singender Paketbote“ bei TikTok ja auch Freude. Unter anderem bei Pietro Lombardi, der ihn sofort als „meinen Postboten“ erkannte. Half aber nicht. Nicht mal Pietro wollte Thomas retten - was er mit einem Ja gekonnt hätte.

Aber Karma schlug zurück.

Zwischen Dieter Bohlen und Pietro Lombardi wird's etwas wild

Als Bernd Welzer (51) in seiner Travestie-Identität „Arabella“ den Disco-Klassiker „Xanadu“ anstimmte, war bei der Jury schnell klar, dass die Darbietung nur mit ostentativ zur Schau gestellter guter Laune zu überstehen war. Also: auf, auf und schunkeln. Beatrice Egli und Loredana waren schon am Wedeln, da erhoben sich Dieter und Pietro deutlich ungelenker - und schon kam's zum Tumult.

Wollte Dieter seinen Schützling halten, aufheben? Oder schubsen? Jedenfalls kam Pietro arg ins Kippen und drohte wie letzte Woche Loredana vom Pult zu gleiten, fing sich aber erschrocken (“Oouuh!“) grade noch so, Beatrices freudiges „Es hat ihn umgehauen“ noch im Ohr.

Es ging gut aus, nur für Bernd nicht. „Du magst viele Fähigkeiten haben“, meinte Bohlen, wieder sicher auf dem Stuhl sitzend, „aber die zu singen, haste nicht. Du bist absolut unmusikalisch.“ Den Musiklehrern, bei denen Bernd so eifrig Gesangsunterricht nimmt, schickte er wütend nach: „Die Penner. Steck denen nicht dein hart verdientes Geld in den Rachen.“

Dieter Bohlen von „traurigem Brother Louie“ mega überrascht

Es war mal wieder ein Tag der „Golden Oldies“. Shirley Brug, unglaubliche 64, und Petra Paula Corcelli (74 und somit noch vier Jahre reifer als Bohlen), begeisterten die Jury. „Wunderschöne Frau, schöne Stimme“, fasste Pietro Lombardi Shirleys Darbietung zusammen. Und Petra schaffte etwas, das nicht jedem gelingt: „Du singst wie der Wahnsinn, hast das Herz am rechten Fleck. Du hast echt ein Herz berührt“, meinte Bohlen warmwortig.

Auch Enzo Vincenzo Politi (50) verblüffte die Jury. Die hatten nämlich nicht viel erwartet von dem Italiener, der mit Jockey-haftem Outfit und Keyboard antrat und dann auch noch „Brother Louie“ von Modern Talking singen wollte. Aber da erlebten alle eine Mega-Überraschung, denn Enzo möbelte den Disco-Hit zu einer bluesigen Slow-Version auf, dass der Originalinterpret beinahe gerührt war: „Das hab ich so noch nie gehört. Der traurige 'Brother Louie' hat mir echt sehr gefallen.“ Loredana war vor allem froh, dass man „seine Vorurteile auch mal fallen lässt“, denn auch sie hatte nix wirklich Gutes erwartet.

Beatrice Egli hat einen neuen Verehrer: „Die Bea ist so ne super Süßmaus“

Andernorts trügt der erste Verdacht auch mal nicht. „Ich hab's gleich gewusst: Bei denen, die am meisten erzählen, kommt am Ende doch nur Hühnerkacke raus“, urteilte Bohlen über Hakan Efes (25) Versuch, „Juice“ (Lizzo) zu singen. „Du kannst nicht singen!“ Hakans Tag wurde von Beatrice Egli gerettet. „Mit deiner Art verzauberst du mich, aber die Stimme ist nix. Du bleibst mein Alltags-Superstar mit deiner Positivität.“ Da ging Hakan nicht beleidigt, sondern erfreut: „Die Bea ist so ne super Süßmaus. Der bin ich bisher gar nicht so gefolgt, aber jetzt guck ich mir mal alles an.“

„Halleluja, ich bin weiter“, jubelte nach dem Jury-Votum Luis Javier Wolf. Der Youngster (17) hatte alle - bis auf Pietro, den Miesepeter mit seinem Ryck-Ashley-Vortrag (“Never Gonna Give You Up“) überzeugt. Dieter sogar begeistert: „Ich hab hier noch nie jemanden gesehen, der das besser gesungen hat.“

Beinahe in Gold-Range kam Goldkehlchen Melvin Vardouniotis (23). Beatrice Egli gestand, ihr hätte es „beinahe die Schuhe ausgezogen“ und Pietro Lombardi (“Wow, wow, wow!“) fand kaum zur Sprache zurück. Dieter Bohlen übernahm: „So muss man erst mal singen können. Toller Umfang, Tonsicherheit 1.000 Prozent, wirklich fantastisch.“

Pietro Lombardi kennt Kate Bushs Welt-Hit nicht

Die nächste Runde erreichten auch der „singende Optiker“ Jesse Jay Capulong (24) aus Zürich und Melek Lupo (20), wenn auch erst dank eines guten zweiten Versuchs (Loredana: „Der erste war gar nix.“)

Dagegen endete die DSDS-Reise für: Rainer Seidl (55, Bohlen: „Für'n Ballermann singst du gut, aber wir suchen keine Ballermann-Sänger“), Perdita Valentini (56, Jury: „Vier klare Nein!“) und Julia Braun (29). Die scheiterte - unter anderem - daran, dass (außer Dieter Bohlen) keiner „Wuthering Heights“, den Welt-Hit von Kate Bush aus dem Jahr 1978, kannte und deshalb von den schrillen Höhen überrascht war. Pietro Lombardi: „Vielleicht muss der Song so gesungen werden, weiß ich nicht, aber mir hat's in den Ohren wehgetan.“

Nicht nur Schlager können also Schmerzen verursachen, sondern auch Welt-Hits. Womit wir wieder bei Modern Talking und Dieter Bohlen gelandet wären. (tsch)