Damit hatte der Verkäufer nicht gerechnet: Seine Rarität war weit weniger alt, als er immer dachte - und damit auch deutlich weniger wert.
Doch kein Original„Bares für Rares“-Verkäufer hat nach Schock-Expertise „allergrößte Schmerzen“
„Das sind die Momente im Leben, wo ich dann doch sehr bereue, dass ich kein Händler bin“, war Horst Lichter vom ersten Moment an von einem Werbeplakat hellauf begeistert. Völlig überwältigt begrüßte er in der Freitagsausgabe von „Bares für Rares“ den Verkäufer: „Mein lieber Jan, Wow! Also optisch ein absolutes Highlight!“ Allerdings fragte er sich auch: „Wann hast du wo dieses Bild bekommen? Weil es sieht ja perfekt aus!“ Fast zu gut, um alt zu sein ...
Der Verkäufer erzählte: „Das habe ich 1999 entdeckt, also vor 25 Jahren, in London, in einem speziellen Antikgeschäft.“ Zusammengerollt habe er das Werbeplakat im Handgepäck mitgenommen, „und habe es dann professionell aufkaschieren lassen“. Lichter fand weder Knick- noch Rollspuren: „Für mich ist der erste Anschein: neu.“ Genau hier übernahm Detlev Kümmel das Wort: „Wir haben ein sehr schönes Plakat vor uns“, und zwar von der Marke Favor, die früher Fahrräder und Motorräder gebaut hat, designt von Claude Mathey.
Auf den ersten Blick wirkte das Werbeplakat wie aus den 1930er-Jahren. Allerdings entdeckte der Experte einige Hinweise, die das Alter widerlegten. Unter anderem wies „ein Wasserfleck im Druck“ auf einen Nachdruck hin, ebenso wie kleine Beschädigungen: „Diese Kratzer und Macken sind gedruckt.“ Auch das Papier fühlte sich für Kümmel viel zu neu an: „Es ist so glatt, so sauber.“ Das Fazit des Experten: „Das hier ist eine Reproduktion eines alten Plakates.“ Diese Nachricht kam für den Verkäufer unerwartet.
„Bares für Rares“-Verkäufer ist „ein wenig ernüchtert“
Das musste er erst sacken lassen: „Meine Vorstellung waren über 2.000 Euro. Aber ihr habt mich ja jetzt vom Sattel geholt.“ Für ein Originalplakat konnte Detlev Kümmel den Wert bestätigen, für den Nachdruck sah er nur 550 bis 600 Euro. Jan wollte trotzdem verkaufen: „Mit allergrößten Schmerzen.“ Mit den Worten „Das tut mir echt leid“ überreichte Horst Lichter ihm die Händlerkarte. Jan nahm die Enttäuschung sportlich: „Ich bin ein klein wenig überrascht, aber das ändert überhaupt nichts an meiner Stimmung. Ich bin froh, dass ich hier bin.“
„Das ist doch kein Original aus der Zeit“, bemerkte Benjamin Leo Leo sofort, dass es sich um einen Nachdruck handelte. Anhand des Galeriestempels erkannte David Suppes, dass das Bild wie er selbst aus Wiesbaden kam. Jan nannte die Erkenntnisse aus der Expertise und verriet: „Ich habe damals 400 Pfund bezahlt, und die Rahmung hat 500 DM gekostet.“ Das Kaufinteresse war gering, doch David Suppes zeigte Herz: „Wiesbadener müssen zusammenhalten.“ Doch die Preisfindung fiel ihm schwer.
„Ich bin ja jetzt schon ein wenig ernüchtert worden“, gestand Jan. „Für 500 Euro würde ich es innerhalb von Wiesbaden übergeben wollen.“ Das Angebot nahm Suppes aus Mangel eines Transporters wörtlich: „Bringen Sie es mir in den Laden?“ Den Deal ging der Verkäufer gerne ein.
„Bares für Rares“: Schmuckset wird auf bis zu fünfstelligen Wert geschätzt
Was außerdem verkauft wurde: Das Schmuck-Set aus Armband und Collier mit Brillanten und Saphiren aus den 1970er-Jahren schätzte der Experte auf 9.800 bis 10.000 Euro. Bei 7.700 Euro wurde sich der Verkäufer mit Susanne Steiger einig. Die wollte die Schmuckstücke umbauen: „Ich überlege, ob ich jetzt hieraus vier Verlobungsringe mache.“
Die drei Designer-Sessel „Proposals“ von Saporiti von Ende der 1960er- oder Anfang der 70er-Jahre sah Detlev Kümmel bei 1.500 bis 2.000 Euro. Die Sessel wurden vom Händlerteam gleich probegesessen, doch nur Benjamin Leo Leo erklärte sich bereit, 1.200 Euro dafür auszugeben.
Den „Rattenfänger von Hameln“ aus Bronze von H. Wernicke aus der Zeit zwischen 1914 und 1937 bewertete Dr. Friederike Werner mit 500 bis 700 Euro. Für 750 Euro kaufte David Suppes die Bronzefigur: „Die Hände sind toll modelliert. Daran erkennt man ja auch immer, dass es jemand draufhat.“
Die elf Weihnachtsteller aus Hutschenreuther-Porzellan aus der Zeit zwischen 1926 und 1936 wurden auf 220 Euro geschätzt. Benjamin Leo Leo bekam die Sammlung für 150 Euro, wovon er einen Teller Susanne Steiger als Weihnachtsgeschenk versprach: „Dann habe ich zehn Teller zum Verkauf und einen zum Verschenken.“
Das Armband mit Türkisen und Sodalithen von Christian Dior aus dem Jahr 1966 war 300 bis 350 Euro wert. Für 800 Euro ging das Schmuckstück an Susanne Steiger, die den Zuschlag eigentlich bei 777 Euro bekam, jedoch nicht das nötige Kleingeld dabei hatte. (tsch)