Mit seiner Abneigung gegen die Grünen hält Markus Söder nicht hinterm Berg. In der „Markus Lanz“-Sondersendung „Das Jahr 2024“ im ZDF sprach der CSU-Chef nun Wirtschaftsminister Robert Habeck die Kompetenz ab. Auch die anderen Politgäste nahmen kein Blatt vor den Mund ...
Ein Wort lässt aufhorchenAls Söder gegen die Grünen austeilt, treibt ihn Lanz in die Enge
Wladimir Putin ein Verbrecher, Christian Lindner ein Saboteur und Robert Habeck schlicht unfähig: In der ZDF-Sondersendung „Das Jahr 2024“ des „Markus Lanz“-Talks teilten die drei geladenen Politgäste ordentlich aus.
Zunächst durfte sich der grüne Noch-Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck nach dem Scheitern der Ampel-Koalition über Nicht-mehr-Finanzminister Christian Lindner auslassen. Auf Nachfrage von Moderator Lanz bekundete er zwar zögerlich, sich erneute Verhandlungen mit dem FDP-Bundesvorsitzenden vorstellen zu können - allerdings nur, wenn der dazulernen würde. Etwa, dass man „dass man nicht in einer Regierung gegen die Regierung ist“. Man sei dann nicht mehr Minister einer bestimmten Partei, sondern „für Deutschland“, müsse auch schlechte Umfragewerte und Ärger in Kauf nehmen: „Man kann gehen, wenn man es nicht mehr aushält, aber man kann nicht von innen den Laden sabotieren.“
Und was sei mit dem späteren Talkgast Markus Söder, wollte Lanz wissen. Warum habe der ihn mittlerweile zu einem „richtigen Feindbild“ erkoren? Das wisse er selbst nicht, antwortete Habeck. Eigentlich hätten beide mal „ein okayes Verhältnis“ gehabt. Vielleicht könne Söder dazu später mehr sagen. (Spoiler: konnte er.)
„Zoll-Wettlauf“ mit den USA?
Nachdem ZDF-Korrrespondet Elmar Theveßen zur Runde gestoßen war (seines Zeichens der laut Mediendienst Meedia meist gebuchte Talkshowgast 2024), drehte sich das Gespräch um den im November wiedergewählten Donald Trump und was dessen baldige US-Präsidentschaft für Europa und den Ukraine-Krieg bedeuten wird. Es könne zu einem „Zoll-Wettlauf“ zwischen den USA und Europa und damit einer Verteuerung von Produkten kommen, fürchtete Habeck, setzte aber auf die europäische Allianz, die ein starkes Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten darstelle.
In Sachen Ukraine sei die Frage, was Trump Putin zu bieten habe, um diesen zum Frieden zu bewegen, erklärte Theveßen und spekulierte zum Beispiel auf ein Aufheben von Sanktionen. Das wiederum würde Europa unter Druck setzen, aber hier müsse man überlegen, wo man mit den USA gemeinsame Interessen haben könnte. Dabei sprach er etwa von der rasant wachsenden Industriemacht China. Sicher sei in jedem Fall, dass man die Ukraine weiterhin unterstützen wolle, versicherte Habeck. In diesem Punkt herrsche parteiübergreifend weitgehend Einigkeit.
Wagenknecht kritisiert Ukraine-Reisen von Scholz und Merz
Die Ukraine war schnell auch Thema, als Sahra Wagenknecht (BSW) im Studio Platz nahm und zunächst die Reisen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz in das vom Krieg gebeutelte Land kritisierte. Diese haben in erster Linie Wahlkampfzwecken gedient, glaubte sie. Auch die Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Deutschen Bundestag habe sie als wenig zielführend empfunden, sei es doch dabei lediglich um „Standing Ovations“ gegangen, nicht aber um eine ernsthafte Debattenbereitschaft. Kurz zuvor habe er gar „die Nuklearstreitkräfte Russlands angegriffen“, was „sehr, sehr fahrlässig“ gewesen sei.
Auf Lanz' Einwurf „Das Land, das ihn überfallen hat“, betonte sie, man müsse sich „doch nicht darüber unterhalten, wie furchtbar dieser Krieg ist! Ich verurteile diesen Krieg. Ich halte Politiker, die Kriege beginnen - und das gilt auch für Wladimir Putin - für Verbrecher. Und dieser Krieg ist verbrecherisch.“ Allerdings sei es „auch ein Verbrechen, wenn man nicht alles dafür tut, was man tun könnte, diesen Krieg zu beenden“.
Anders als die kurz darauf hinzugestoßene Kriegsreporterin Katrin Eigendorf glaubte sie hier immer noch an den Verhandlungsweg, während diese dafür plädierte, Russland weiter „militärisch in die Enge zu treiben“. Das Narrativ von der dann drohenden Atombombe sei nur dazu da, um Angst zu schüren. Sogar Putin selbst habe geleugnet, diese zünden zu wollen. Entschieden widersprach sie Wagenknecht auch bei deren These, ein Frieden, der auf Zugeständnissen für Russland beruhte, würde Sicherheit und weniger ukrainische Geflüchtete bedeuten. Niemand würde ernsthaft unter einem russischen Terrorregime leben wollen.
Söder spricht Habeck die Kompetenz ab
Als dritten Politiker des Abends begrüßte Markus Lanz am Ende den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der seine Habeck-Abneigung schlicht damit begründete, diesen als Wirtschaftsminister für „nicht kompetent“ zu halten. Er habe viele von dessen Entscheidungen „nicht verstanden“, darunter etwa „Gas-Umlage, Ausstieg aus der Kernenergie - zu dem Zeitpunkt, Heizgesetz und vieles andere“.
Die Union habe „den Wunsch und Willen, es besser zu machen“ und Friedrich Merz als Kanzlerkandidat seine volle Unterstützung. Aber: Mit den Grünen wolle man „eigentlich nicht“ regieren. Markus Lanz wäre nicht Markus Lanz, hätte er sich nicht auf das Wörtchen „eigentlich“ gestürzt - so lange, bis sich Söder genötigt sah, mehrfach zu betonen: „Schwarz-grün: no!“ Was es letztlich werden wird, wissen wir nach den Neuwahlen am 23. Februar ... (tsch)