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Sie vertraten DeutschlandWas wurde aus den ESC-Stars der 50er und 60er?

Lesezeit 10 Minuten
Der österreichische Entertainer Freddy Quinn winkt.

Der österreichische Entertainer Freddy Quinn vertrat Deutschland beim ersten Eurovision Song Contest 1956. (Archivbild)

Die deutschen ESC-Stars der 50er und 60er Jahre: Von der Bühnenkarriere bis zum Ruhestand – ein Blick auf ihre Wege nach dem Wettbewerb.

In den 50er und 60er Jahren traten viele bekannte Künstlerinnen und Künstler für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) an. Hier finden Sie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer von 1956 bis 1969 und einen Überblick über ihren weiteren Werdegang.

1969: Siw Malmkvst - „Primaballerina“ (Platz 9 von 16)

Siw Malmkvist

Siw Malmkvist (Archivbild)

Mit dem Lied über eine Porzellanfigur auf einer Uhr hatte die Schwedin einen ihrer letzten Erfolge in Deutschland. Trotz weiterer Singles verschwand sie ab 1971 aus den Charts. In Schweden blieb sie ein Star und veröffentlichte mehrere gute Alben, die neben Schlagern auch Chansons, gehobenen Pop oder Jazz enthalten. Sie trat auch als Schauspielerin und Moderatorin in Erscheinung. In Deutschland war sie immer wieder zu Gast, meist mit ihrem Nummer-eins-Hit von 1964 „Liebeskummer lohnt sich nicht“.

1998 erschien ein neues Album mit teils nachdenklichen Titeln: „Musik ist wie ein Freund“. Ab 2004 folgte das Comeback mit „Gitte, Wencke, Siw - Die Show“, die über 500 Mal aufgeführt wurde. Ihre Memoiren von 2010 wurden in Deutschland nicht veröffentlicht. Sie tritt hierzulande nur noch selten auf (zuletzt 2024 bei Andy Borg), in Schweden ist sie als Musiklegende weiterhin im Fernsehen und auf der Bühne zu sehen.


1968: Wencke Myhre - „Ein Hoch der Liebe“ (Platz 6 von 17)

Wencke Myhre

Wencke Myhre

Die norwegische Schlagersängerin Wencke Myhre war ein echtes Teenie-Idol in Norwegen und Deutschland (fünf „Bravo“-Ottos!). Sie hatte mit ihrem von Horst Jankowski geschriebenen ESC-Beitrag einen Hit, dem noch einige folgen sollten. Sie trat in Filmen auf, hatte mehrere Jahre eine eigene Show im ZDF („Das ist meine Welt“), gewann die Goldene Kamera und blieb einer der beliebtesten Schlagerstars. Auch als Komödiantin war sie sehr erfolgreich.

Die vierfache Mutter und zehnfache Großmutter zog sich 2010 wegen einer Brustkrebserkrankung aus dem Showgeschäft zurück, erholte sich aber wieder. 2013 erschien ihre Autobiografie „Die Wencke“. Sie tritt weiterhin regelmäßig in Deutschland auf, am liebsten mit ihrem Evergreen „Er hat ein knallrotes Gummiboot“. Ende 2021 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. 2023 war sie zu Gast in der Talkshow „3 nach 9“. 2024 feiert sie in Deutschland ihr 60-jähriges Bühnenjubiläum.


1967: Inge Brück - „Anouschka“ (Platz 8 von 17)

Inge Brück

Inge Brück

Als Inge Brück 1967 für Deutschland beim ESC antrat, kannten viele Schlagerfans sie nur von ihrem einzigen Top-Ten-Hit „Peter, komm heut' Abend zum Hafen“ (1957). Größeren Erfolg hatte sie 1970 als „Miss Molly Mill“ in der gleichnamigen Fernsehserie, die ein Quotenhit wurde. Mitte der 1970er Jahre wandte sie sich vom Schlager ab, widmete sich der christlichen Musik, besprach auch Platten mit Gedichten und geriet in der Öffentlichkeit in Vergessenheit. Ihre beiden Ehen mit den Regisseuren Michael Pfleghar und Klaus Überall wurden geschieden. Heute lebt sie zurückgezogen in Meschede im Sauerland.


1966: Margot Eskens - „Die Zeiger der Uhr“ (Platz 8 von 17)

Margot Eskens hält eine Auszeichnung in den Händen, den „Platinum Lifetime Award“ der Goldenen Stimmgabel für ihr Lebenswerk. Sie lacht.

Margot Eskens

Das melancholisch-dramatische Chanson „Die Zeiger Uhr“ sollte für Margot Eskens, die man bis dahin nur von seichten Schlagern wie „Cindy, oh Cindy“ kannte, einen stilistischen Richtungswechsel bedeuten. Der Erfolg blieb jedoch aus und Eskens gehörte nicht mehr zu den populären Schlagerstars jener Jahre.

Zwar versuchte sie immer wieder ein Comeback und trat auch im Fernsehen auf, doch erst in den 1990er Jahren nahm sie wieder regelmäßig Platten auf, zum Teil mit volkstümlichen Schlagern. Für ihr Lebenswerk wurde Eskens 2005 mit der Goldenen Stimmgabel ausgezeichnet (Foto). Lange Zeit lebte sie am Wörthersee. Eskens litt seit einigen Jahren an Demenz, bevor sie am 29. Juli 2022 verstarb. Die gebürtige Dürenerin wurde auf dem Melatenfriedhof in Köln beigesetzt.


1965: Ulla Wiesner - „Paradies, wo bist du?“ (Platz 15 von 18)

Ulla Wiesner

Ulla Wiesner

Der geteilte letzte Platz beim ESC und der anschließende Flop der Single verhinderten Ulla Wiesners Durchbruch als Solistin. 1968 nahm sie am Songfestival in Knokke teil. Sie veröffentlichte vereinzelte Singles, machte aber dank ihrer guten Stimme vor allem als Chorsängerin bei den Berry Lipman Singers, dem Botho-Lucas-Chor oder dem Günter Kallmann Chor Karriere, die in den 60er und 70er Jahren häufig im Fernsehen zu sehen waren.

1972 tourte sie mit dem Kallmann Chor durch Südafrika, wo der Chor sehr populär war. Ulla Arnz, wie sie nach ihrer Heirat mit dem inzwischen verstorbenen Regisseur Alexander Arnz heißt, lebt laut einem Artikel im „Soester Anzeiger“ heute in Köln. Ihre musikalische Karriere hat sie vor rund 20 Jahren beendet.


1964: Nora Nova - „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne“ (Platz 13 von 16)

Nora Nova mit kleinem schwarzen Hund auf dem Plattencover von „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne“.

Nora Nova

Die weitgehend unbekannte AhiNORA KumaNOVA, 1928 in Bulgarien geboren, gewann überraschend den ESC-Vorentscheid, nachdem sie ein Jahr zuvor mit dem Twist-Schlager „Männer gibt's wie Sand am Meer“ zumindest einen kleinen Hit hatte. Der geteilte letzte Platz beim ESC verhinderte weitere Erfolge.

Nach einer weiteren Single zog sie sich aus dem Musikgeschäft zurück, heiratete einen Nachtclubbesitzer und betrieb mehrere Gastronomiebetriebe, später auch eine Modeboutique und ein Antiquitätengeschäft. Im Jahr 2001 war sie Gründungsmitglied der liberalen bulgarischen Partei „Nationale Bewegung für Stabilität und Fortschritt“. Nora Nova verstarb am 9. Februar 2022.


1963: Heidi Brühl - „Marcel“ (Platz 9 von 16)

Heidi Brühl mit Perlenkette.

Heidi Brühl

Obwohl Heidi Brühl damals in Deutschland ein Superstar war, gelang ihr mit „Marcel“ kein großer Erfolg - weder beim ESC noch in den Charts. Bereits 1960 hatte sie es versucht, doch der Klassiker „Wir wollen niemals auseinander geh'n“ erreichte in der Vorentscheidung nur den zweiten Platz. Die durch die „Immenhof“-Filme schon als Kind bekannt gewordene Sängerin veröffentlichte noch zahlreiche Schallplatten, machte Karriere als Musicaldarstellerin („Annie Get Your Gun“) und zog schließlich in die USA, wo sie in Filmen, Serien und Fernsehshows mitwirkte, unter anderem an der Seite von Clint Eastwood oder Sammy Davis Jr. Außerdem trat sie in Las Vegas auf.

1982 feierte sie in Deutschland ein Comeback mit englischsprachigen Disco- und Popsongs, die sie selbst schrieb. 1987 wurde bei ihr Krebs diagnostiziert. 1991 war sie gerade mit einem Album mit Musicalmelodien erfolgreich, als sie am 8. Juni 1991 nach einer Krebsoperation nicht mehr aus der Narkose erwachte.


1962: Conny Froboess - „Zwei kleiner Italiener“ (Platz 6 von 16)

Cornelia Froboess

Cornelia Froboess

In den 50er und 60er Jahren gehörte sie zum Schlager-Establishment. „Die kleine Conny“ wurde mit ihrer ersten Single „Pack die Badehose ein“ 1951 zum Kinderstar - damals noch auf Schellack. Mit „Diana“ und „I Love You, Baby“ schaffte sie 1957 im Vinyl-Zeitalter den Sprung zum Teenie-Star. Bis Mitte der 60er Jahre reihte sie Hit an Hit. Ihren größten Triumph feierte sie 1962 mit „Zwei kleine Italiener“. Wochenlang auf Platz 1 der deutschen Hitparade und auch international in diversen Sprachen ein großer Erfolg.

Später wandte sie sich erfolgreich der Schauspielerei zu. Neben Kino- und Fernsehfilmen spielte sie auch viel Theater. Ob Ibsen, Wedekind oder Goethe: Die Froboess feierte viele Erfolge. Ein Ende ist nicht abzusehen. Im Juli 2023 wird sie als „Jedermanns Mutter“ in der Inszenierung „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen zu sehen sein.


1961: Lale Andersen - „Einmal sehen wir uns wieder“ (Platz 13 von 16)

Lale Andersen

Lale Andersen

Der erste mehrsprachige Titel beim ESC - Lale Andersen sang eine französische Strophe - war für die mit der Originalversion des Weltkriegsschlagers „Lili Marleen“ weltberühmt gewordene Sängerin nur ein mäßiger Erfolg. Im Jahr zuvor hatte sie mit „Ein Schiff wird kommen“ einen Nummer-eins-Hit gelandet. In den folgenden Jahren avancierte sie zur beliebtesten Sängerin von Seemanns- und plattdeutschen Liedern und veröffentlichte noch viele Alben, die von ihrem eigenwilligen Sprechgesang geprägt waren. Sie sang aber auch Chansons, wie die Lieder aus der „Dreigroschenoper“.

Bis zu ihrem Tod am 29. August 1972 war sie ein etablierter Star des deutschen Showgeschäfts mit zahlreichen Auftritten. Ihre letzte Single „Hafenträume“ wurde posthum veröffentlicht. Kurz vor ihrem Tod erschien ihre Autobiografie „Der Himmel hat viele Farben - Leben mit einem Lied“. Außerdem hatte sie noch das Fährschiff „Lili Marleen“ eingeweiht, das danach über 20 Jahre lang unter anderem die Nordseeinsel Langeoog ansteuerte. Hier lebte Andersen viele Jahre und hier befindet sich auch ihr Grab. Ihr ehemaliges Wohnhaus ist heute ein Ferienhaus, das nicht unter 380 pro Nacht vermietet wird. Seit 2005 erinnert auf Langeoog eine Statue an die Sängerin.


1960: Wyn Hoop - „Bonne nuit ma chérie“ (Platz 4 von 13)

Wyn Hoop hält auf einer Bank Pirko Manola im Arm.

Wyn Hoop (r)

Wyn Hoop (r), der die deutsche ESC-Vorentscheidung überraschend gegen die damaligen Stars Heidi Brühl und Gerhard Wendland gewann, hatte mit seinem Chanson einen kleinen Hit. Er veröffentlichte zahlreiche Singles, mit der finnischen Sängerin Pirko Manola (l.) hatte er 1962 einen Top-Ten-Hit mit „Küsse im Mondschein“. Später nahm er mit seiner Frau Andrea Horn einige Platten mit Folklore, Traditionals und „Party Pfeffer“ auf. Letzterer Slogan ziert das Cover der LP „Trommeln, Tänze, Tropennacht“.

Nach der Schlagerkarriere veröffentlichte das Ehepaar ab 1978 mehrere Segelbücher und nautische Reiseführer. Wyn Hoop war bis 1989 der letzte männliche Solist, der für Deutschland beim ESC antrat. Auch ist er, geboren 1936, einer der ältesten noch lebenden ESC-Teilnehmer. Mit seiner Frau Andrea Horn lebt er in Hamburg. Beide unterhalten umfangreiche Websites über ihre musikalischen Karrieren und ihre Reisen.


1959: Alice und Ellen Kessler - „Heute Abend wollen wir tanzen geh’n“ (Platz 8 von 11)

Kessler-Zwillinge Alice und Ellen

Die Kessler-Zwillinge Alice und Ellen

Die Kessler-Zwillinge Alice und Ellen boten mit ihrem swingenden Party-Schlager eine willkommene Abwechslung im damals noch von Chansons dominierten Wettbewerb. Die Jurys honorierten das ebenso wenig wie die Plattenkäufer. Erfolge waren ihre Aufnahmen mit Peter Kraus wie „Honey Moon“ (1959) oder „Mondschein und Liebe“ (1960).

Besser lief es beim Film, beim Ballett oder beim Theater: Alice und Ellen Kessler waren in vielen Bereichen des Showgeschäfts auch international erfolgreich. Sie traten im Lido ebenso auf wie in Las Vegas. Noch 2016 tanzten sie im Alter von 80 Jahren scheinbar mühelos zum Jahreswechsel im „Silvesterstadl“. Zuletzt machten sie Ende 2022 von sich reden, als sie ankündigten, ihre wertvollen Bühnenoutfits zugunsten der Ahrtal-Opfer versteigern zu lassen. Auch in Talkshows und anderen Fernsehsendungen sind sie häufig zu Gast.picture alliance / dpa


1957 und 1958 (Bild): Margot Hielscher - „Telefon, Telefon“ (Platz 4 von 10) und „Für zwei Groschen Musik“ (Platz 7 von 10)

Margot Hielscher

Margot Hielscher

Margot Hielscher war bereits in den 40er Jahren ein Filmstar und feierte Erfolge mit dort gespielten Schlagern wie „Frauen sind keine Engel“. Trotz zahlreicher Schallplattenaufnahmen, die von Chanson bis Swing reichen, blieb Margot Hielscher vor allem als Schauspielerin und später als Fernsehstar in Erinnerung. Ihre ESC-Beiträge waren kommerziell zwar nicht erfolgreich, erlangten aber im Laufe der Jahre Kultstatus, da Hielscher als erste mit Gadgets (Telefon und Single-Platten) auf der Bühne ihre Lieder visualisierte.

In den 1950er Jahren etablierte sie die erste Talkshow im deutschen Fernsehen: „Zu Gast bei Margot Hielscher“. Diese Sendung setzte sie noch viele Jahre im Radio fort. Später wirkte sie in zahlreichen Fernsehserien wie „Rivalen der Rennbahn“ mit. Außerdem trat sie in Musicals auf, hatte eigene Bühnenprogramme und war als „Grande Dame“ der deutschen Nachkriegsunterhaltung auch im hohen Alter noch ein gern gesehener Gast in Talkshows und Dokumentationen. Am 20. August 2017 verstarb Hielscher im Alter von 97 Jahren. Sie galt als der letzte große UFA-Star.


1956: Walter Andreas Schwarz - „Im Wartesaal zum großen Glück“ (Platzierung unbekannt, 14 Lieder)

Walter Andreas Schwarz

Walter Andreas Schwarz

Neben dem aufsteigenden Stern am deutschen Schlagerhimmel, Freddy Quinn, ist Walter Andreas Schwarz mit seinem selbst komponierten Chanson kaum in Erinnerung geblieben. Seine Gesangskarriere gab er zugunsten einer Laufbahn als Sprecher vor allem von Hörspielen von Lew Tolstoi bis Heinrich Mann auf. 1983 erschien die von ihm gesprochene Soirée „Der Bürger Karl Marx aus Trier“ als Doppel-LP. Er arbeitete auch als Übersetzer und Bearbeiter von Theaterstücken. 1985 sang er als Gast beim ESC-Vorentscheid „Ein Lied für Göteborg“ noch einmal den Refrain seines Titels von 1956. Schwarz starb am 1. April 1992 im Alter von 78 Jahren.


1956: Freddy Quinn - „So geht das jede Nacht“ (Platzierung unbekannt, 14 Lieder)

Freddy Quinn

Freddy Quinn

Freddy Quinn war neben Peter Alexander (1926-2011) der erfolgreichste Schlagersänger der 50er Jahre. Der für den ESC ungewöhnliche Rock'n'Roll-Schlager „So geht das jede Nacht“ war Freddys zweiter Hit nach seinem Durchbruch mit „Heimweh“. Unvergessen sind auch „Die Gitarre und das Meer“ (1959), „Junge, komm bald wieder“ (1963) oder „Hundert Mann und ein Befehl“ (1966), nur drei seiner sechs Nummer-eins-Hits. 60 Millionen Platten soll er verkauft haben.

Er sang erfolgreich Countrymusik, wagte sich im Zirkus aufs Hochseil und tourte bis 2006 häufig durch die heimischen Konzertsäle. Nach dem Tod seiner Frau im Jahr 2008 beendete er seine Karriere und zog sich ins Privatleben zurück. Anfragen für ein Comeback lehnte er stets ab.